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#31 Sportmedizinerin Dr. med. Julia Schmidt über Verletzungen und Beschwerden im Pferdesport

Julia Schmidt ist Ärztin, Unfallchirurgin und Sportmedizinerin und reitet schon seit ihrem dritten Lebensjahr. Im Athleticum des Universitätsklinikums Eppendorf in Hamburg gründete sie die erste „Sprechstunde für Pferdesportler“ in Deutschland.

Es gibt Ärzte, die Reitern nach bestimmten Unfällen oder Verletzungen raten, nie wieder aufs Pferd zu steigen. „Dabei gibt es wenige Verletzungen, mit denen man wirklich nie wieder reiten kann“, sagt Dr. Julia Schmidt. Sie möchte Reitern neue Möglichkeiten der Beratung und Behandlung bei Verletzungen oder Beschwerden im Reitsport geben.

Höre in dieser Podcastfolge, wie die Sprechstunde für Pferdesportler abläuft, welches die häufigsten Beschwerden bei Reitern sind, was du präventiv tun kannst und was Julia Schmidt als Team-Ärztin von Hamburger Fußballmannschaften für die Behandlung von Reitsportlern mitnimmt.

Gesundheit ist das oberste Gebot – und zwar nicht nur des Pferdes, sondern auch des Reiters! Also viel Freude mit dieser interessanten Podcastfolge!

Podcast Transkript

Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.

[SPEAKER 2]Herzlich willkommen zur neuesten Folge unseres wehorse Podcasts. Wie hoffentlich viele von euch sind natürlich auch wir in ca. 10 Tagen, nämlich vom 9. bis zum 17.3. auf der Equitana der Weltmesse des Pferdesports in Essen am Start. Ihr findet uns dort in der neu gestalteten Halle 6 mit der Standnummer E18. Das ist ganz in der Nähe des sogenannten und neuen Tribünenrings. Wir haben natürlich einiges geboten und für euch viele wehorse-Stars zu Autogrammstunden und Meet&Greets zu uns auf dem Stand geholt. wie beispielsweise Anja Beran, Jim Masterson mit einem seiner ersten Auftritte in Europa, Dr. Britta Schöffmann, Ingrid Klimke, Uta Gräf, Vielseitigkeitsreiterin Bettina Heu, Sibylle Wiemer, die neue WeHorse-Trainerin Katrin Obst, Philippe Kahl, Linda Tellington-Jones und auch die Horsemanship-Experten Jenny Wild und per Klassen. Ihr findet gebündelt alle Informationen noch einmal auf einem Blick auf wehorse.com slash blog slash equitana-programm. wehorse.com slash blog slash equitana-programm. Wir würden uns natürlich freuen, so viele wie möglich von euch auf der Equitana zu treffen. Im heutigen Podcast ist Dr. Julia Schmitt zu Gast. Sie ist die Initiatorin und Chefin von Deutschlands erster und einziger Pferdesportler-Sprechstunde. Sie ist Medizinerin der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf und wir haben über die Rolle von Medizin und Fitness im Pferdesport gesprochen. Ein, wie ich finde, wichtiges und auch hochinteressantes Thema. Viel Spaß.

Wir bei wehorse schauen natürlich nicht nur immer die klassischen Ausbildungsthemen, sondern auch zum Beispiel in den Bereich Gesundheit. Und da gibt es ein Unikum am Hamburger Uniklinikum Eppendorf, nämlich die Reitersprechstunde. Und ich freue mich, die Gründerin und Leiterin heute bei uns zu haben. Hallo, Dr. Julia Schmidt.

[SPEAKER 1]Hallo, vielen Dank, dass ich hier sein kann. Freue mich.

[SPEAKER 2]Reitersprechstunde, die einzige in ganz Deutschland eine Sprechstunde, wo es quasi nur um die Verletzungen oder die Themen von Reitern geht. Was genau ist die Reitersprechstunde?

[SPEAKER 1]Ja, um dich einmal ein ganz kleines bisschen korrigieren zu dürfen, das ist die Sprechstunde für Pferdesportler. Das war uns ganz wichtig. Also nicht nur die Reiter, also alle, die sich mit Pferden beschäftigen. Und genau, die eigentliche Idee hatte ich schon relativ lange im Kopf. Ich bin selber Reiterin seit dem dritten Lebensjahr und habe dann Medizin studiert, bin Orthopädin, Unfallchirurgin, Sportmedizinerin. Und was mich immer gestört hat, war, dass ich oft Reiterfreunde hatte, die Beschwerden hatten oder einen Unfall hatten und die waren beim Arzt und der hat ihnen gesagt, ja am besten suchst du dir einen anderen Sport. hatten zum Beispiel auch Rückenbeschwerden und dann haben die Ärzte ihnen gesagt, ja Reiten ist da aber ganz schlecht. Und das fand ich immer so schade, weil eigentlich ist Reiten ein ganz, ganz toller Sport, sportmotorisch vor allen Dingen auch gesehen. Außerdem ganz einzigartig dadurch, dass wir quasi einen Sportpartner Pferd haben. Und das war mein größtes Anliegen, den Reitern da professionell auf beiden Seiten zur Seite zu stehen, sprich selber aus dem Sport zu kommen, zu wissen, okay, was bedeutet das eigentlich, sich mit Pferden zu beschäftigen und wie sieht es eben medizinischerseits aus, orthopädisch und verchirurgisch. Es gibt, um das schon mal vorauszuschicken, ganz, ganz wenige Erkrankungen oder Verletzungen, mit denen man langfristig nicht reiten dürfte.

[SPEAKER 2]Was sind so die Verletzungen, die du am meisten siehst? Gibt es den Klassiker?

[SPEAKER 1]Also es gibt zwei verschiedene Klassiker. Das eine sind wirklich Beschwerden. Also es gibt doch nicht wenig Pferdesportler, die Rückenbeschwerden haben. Aber Rückenleiden ist sowieso, das wissen wir ja, Volksleiden Nummer eins. Das ist die eine Gruppe und die andere Gruppe ist, die haben, sie kommen auch, die Pferdesportler kommen auch zu mir, weil sie Probleme beim Reiten haben, weil sie zum Beispiel nicht richtig sitzen können, weil sie den Absatz nicht tief nehmen können. Das berühmte, das hatte ich ehrlich gesagt auch selber, ich bin gekommen aus dem Dressursport, bin bis Klasse S geritten, das Einknicken in der Hüfte. Und die bekommen das nicht raus. Wer kennt es nicht? Wer kennt es nicht? Also ich damals auch. Genau. Und mit solchen Fragestellungen kommen dann zunehmend die Leute zu mir, die Reiter, die Pferdesportler. Und dann gucken wir uns das an, woran das gegebenenfalls liegen könnte.

[SPEAKER 2]Obwohl man ja eigentlich, oder in der Vergangenheit, wahrscheinlich heute ist es nicht mehr so, oder hoffentlich, wurde gar nicht immer aus medizinischer Sicht drauf geguckt. Also als es hieß, du knickst dir eine Hüfte ein, haben ein paar gesagt, nimm mal einen Besenstiel in den Rücken, dann gehst du auch gerade. Ist das eine Entwicklung der letzten Jahre, dass man auch immer mehr medizinisch im Pferdesport drauf schaut, nicht nur beim Pferd, sondern auch beim Reiter?

[SPEAKER 1]Na, das ist zum Beispiel auch eigentlich ein Punkt, den ich gerne eben fördern würde. Wie gesagt, ich komme selber aus dem Reitsport. Ich weiß, wie zeitintensiv einfach der Pferdesport auch ist. Das fängt an mit der Versorgung der Tiere, mit dem Weg dorthin, mit der Nachsorge nach dem Reiten, bis hin zum Zusammensitzen im Casino und noch Klönen. Also das ist ja ein sehr zeitintensives Hobby. Und der Fokus ist natürlich auf den geliebten Vierbeiner. Und oftmals kommt der Reiter oder der Pferdesportler an sich ein bisschen zu kurz. Und viele Probleme, die gegebenenfalls auch beim Pferd da sind, haben ihre Ursachen eben möglicherweise auch beim Reiter. Und darum geht es so ein bisschen, das eben rauszukitzeln. Ich glaube schon, dass mittlerweile die Leute so ein bisschen offener sind, ein bisschen ganzheitlicher auch denken und auch sagen, okay, vielleicht ist es gar nicht mein Pferd, sondern vielleicht bin ich es auch. Und das gilt es eben abzuchecken, wenn man ein Problem hat. Und ich glaube schon, dass das Bewusstsein dafür da ist und sich entwickelt hat. Also auch die Pferde. Früher, als ich angefangen habe zu reiten, da gab es noch keine Pferde-Osteopathie oder sowas. Pferdefysio. Da gab es einen Tierarzt. Und der hat geguckt, ob das Pferd lahm ist. Und heute ist das ja auch ganz anders. Also auch da denkt man ja viel weiter. Und man geht auch ein bisschen weg von der sehr strengen Schul-Veterinärmedizin zu alternativen Behandlungsmöglichkeiten auch für die Pferde. Und auch der Reiter ist ja… Und generell auch in der Medizin sind die Leute ja viel offener. was vor allen Dingen auch so funktionale Beschwerden anbelangt.

[SPEAKER 2]In der Sprechstunde für Pferdesportler, was genau ist dann die Leistung oder was genau bietet ihr an? Sprecht ihr über die Probleme, die präventive Arbeit oder geht es dann auch wirklich konkret um ein Leiden, wo man sagt, mir zwickt es beim Reiten im linken Arm? Liegt da vielleicht ein medizinischer Hintergrund vor?

[SPEAKER 1]Ja, auch da gibt es wieder eben zwei Gruppen. Also das eine sind tatsächlich Pferdesportler, die anrufen und ganz konkret auch schon sagen, okay, ich habe eben Rückenbeschwerden und sich dann vorstellen und dann bringen sie, möchte ich immer gerne, dass sie ein Video mitbringen und dann gucke ich mir das an. wie sie reiten, auf beiden Händen, in allen Gangarten, am besten zweiten, dritten Hufschlag und berichten dann von ihren Beschwerden. Ich frage dann auch, was für Pferde, wie oft geritten, seit wann, untersuche die und dann suchen wir gemeinsam, ob es eben tatsächlich strukturelle Ursachen für die Beschwerden gibt oder, was viel öfter der Fall ist, funktionale. Und das andere ist, was wir machen, zusammen mit dem Landesverband Hamburg machen wir eben auch sportmotorische Tests, also einmal mit den Nachwuchskaderreitern. Das bieten wir aber auch jedem interessierten Freizeitamateurreiter an. Genau, und die einfach wissen wollen, okay, wie fit bin ich eigentlich? Und dieser sportmotorische Reitertest kommt ja vom DOKR aus Warendorf, wo sich Sportwissenschaftler zusammen mit Ärzten, Physiotherapeuten zusammengesetzt hat und überlegt haben, okay, was sind denn eigentlich die typischen Regionen, die beim Reitsport beansprucht werden? Welche kommen vielleicht auch zu kurz? Und wie können wir ein Test-Tool entwickeln, mit dem wir das bewerten können? Und aber auch gleich, wie können wir den Leuten Hilfestellungen geben, sich in ihren Schwachbereichen zu verbessern? Und das ist der große andere Bereich, den ich mache, sprich Diagnostik, Sport, Motorik, Sport, Fitness, wo wir dann eben auch bei uns im Athletikum Kurse anbieten, ganz jetzt neben meiner eigentlichen ärztlichen Beratung, also auch aktiv. Das ist uns eben ganz wichtig.

[SPEAKER 2]Also ist es quasi nicht der offene Bruch, der zu dir kommt, wo jemand vom Pferd gefallen ist, weil das auch der normale Chirurg in Anführungsstrichen behandeln kann, sondern es geht eher um die langfristige Begleitung und um die Korrekturfunktion.

[SPEAKER 1]Ja, genau, obwohl der, den du eben erwähnt hast, der landet erstmal nochmal vorne im UKE, also in der Unfallchirurgie. Also die Nachbehandlungen machen wir schon. Wir machen letztendlich ganz viel Rehabilitation nach Verletzungen, auch eben nach dem Knochenbruch. Genau, und der andere große Bereich, den hast du ja auch schon erwähnt, ist die Prävention. Weil man muss einfach, das ist immer mein Lieblingsbeispiel, ich sage immer, Boris Becker hat auch nicht den ganzen Tag Tennis gespielt. Das gilt auch für die Fußballspieler, die wir vom HSV betreuen. Jeder, der Sport auf einem hohen Niveau betreibt, muss ein, ich mag das Wort Ausgleichssport nicht, muss Ergänzungssport machen. Und zwar die Muskelgruppen, die gerade in seinem Sport nicht gefordert werden oder die sogar neigen, sich zu verkürzen oder zu verspannen. Und da kommt dann der große Bereich Prävention rein.

[SPEAKER 2]Du hast es gerade angesprochen, im Rahmen des Athletikums des UKE, das ist ja kurz für alle, die nicht aus Hamburg kommen, das ist ja kurz für Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg Stadtteil Eppendorf. Und das Athletikum dort ist, glaube ich, eines der großen sportmedizinischen Zentren in Deutschland. Und ihr betreut nicht nur im Rahmen deiner Tätigkeit jetzt Pferdesportler, sondern eigentlich einen bunten Blumenstrauß an Sportarten, unter anderem den Fußballklub Hamburger Sportverein.

[SPEAKER 1]Genau.

[SPEAKER 2]Hilft das, dass man auch mal bei anderen Sportarten schaut, naja, wie sind die eigentlich aus sportmedizinischer Sicht?

[SPEAKER 1]Auf jeden Fall, auf jeden Fall. Also es gibt in der Sportmedizin ganz viele Entwicklungen, ganz viele Tools, wo man mittlerweile versucht eben Funktionalität, Sportmotorik testen zu können, auch sportartübergreifend. gerade nach Verletzungen, um eben wieder in den Sport reinzukommen. Und das geht auch in allen Sportarten über den Amateurbereich bis in den Profibereich. Und das ist definitiv etwas, was jetzt nicht sportartspezifisch nur gemacht wird. Also sportmotorische Tests gibt es auch in anderen Bereichen und auch die Inhalte des sportmotorischen Tests, der im Moment zum Beispiel existiert, kommen auch aus anderen Bereichen. Also vom Ton zum Beispiel. Die Voltigierer haben wieder ein bisschen noch was anderes. Da ist noch ein bisschen mehr tonerischer Anspruch drin in diesen Sportmotorik-Tests. Und so hilft das schon, auch andere Sportarten mit reinzunehmen in die Begutachtung.

[SPEAKER 2]Wenn wir jetzt einmal zu diesem ersten Teil zurückkehren, den du gerade angesprochen hast, deiner Arbeit, eurer Arbeit, der Arbeit mit deinem Team, also die Analyse von Schwächen in der Reiterei, wo man vielleicht einen medizinischen Hintergrund vermutet, wie ist dann der Ablauf? Kommt dann jemand zu dir und sagt, um das Beispiel von eben zu nehmen, ich knicke in der Hüfte ein und ihr analysiert das anhand von, ich sag mal, als Laie Röntgenbildern oder anderen fachlichen Dingen, wie funktioniert das?

[SPEAKER 1]Genau, also ich bin schon ein Fan davon, mich mit allerersten, mit den Betroffenen zu unterhalten und dann kann man gucken. Also weil, wie ich eben erwähnt habe, es gibt eine Masse an Möglichkeiten, Sportmotorik oder Sportfitness zu testen und man muss immer gucken, was braucht man wirklich. Und jetzt einfach so ein Programm, immer alle gleich runterzuspielen, mag ich nicht. Ich gucke mir die Leute an, ich bespreche das mit denen, ich lasse mir immer ein Video mitbringen. Das ist für mich ganz, ganz wichtig, dass ich diejenigen auf dem Pferd sehe. Wie gesagt, auf beiden Händen in allen Gangarten, am liebsten zweiten, dritten Hufschlag, von hinten gefilmt. Und dann gibt es neben der Anamnese, also sprich seit wann sind denn die Beschwerden? Wie oft reitest du denn? Machst du noch einen anderen Sport? Gibt es irgendwelche Schmerzen auch dabei. Gab es irgendwelche Unfälle, die vielleicht wichtig sind? Auch die Psyche spielt manchmal eine große Rolle im Sport, also gar nicht so wenig. So, und dann untersuche ich diejenigen und dann überlegen wir, okay, was brauchen wir vielleicht noch an festen Test-Tools, also funktionale Tests der Beweglichkeit zum Beispiel. Ist mein Hüftbeuger verkürzt? Sind meine Adduktoren verkürzt? Sind vielleicht meine Rumpfmuskeln zu schwach, um richtig gerade zu sitzen? Dann machen wir funktionelle Tests oder auch apparative Tests. Also man muss nicht heutzutage immer sofort röntgen. Es gibt ganz tolle auch lichtoptische Vermessungssysteme, mit denen ich ohne Strahlen sehr gut sehen kann. Gibt es eine Fehlstellung in der Wirbelsäule zum Beispiel, also sprich eine strukturelle Ursache für das zum Beispiel von dir genannte Sitzproblem. So, und dann gucken wir uns das an. Oftmals kann man strukturelle Ursachen ausschließen oder man stellt fest, dass es natürlich im Laufe des Lebens strukturelle Veränderungen gibt. Jeder von uns wird früher oder später Arthrose bekommen. Das ist einfach ein normaler Prozess im Leben, würde ich sagen. Gar nicht mal des Alters, sondern im Leben. Und ganz, ganz häufig ist es so, dass es ein funktionelles Problem ist. Sprich, es besteht eine muskuläre Disbalance. Die eine Seite ist stärker als die andere. Oder Spieler gegen Spieler funktionieren nicht richtig.

[SPEAKER 2]Hat ja jeder seine Schokoladenseite.

[SPEAKER 1]Genau.

[SPEAKER 2]Wenn ich mich zum Beispiel versuche über die Schulter zu drehen mit dem Kopf, ist nach links immer einfacher als nach rechts. Das würde jetzt darauf hindeuten, dass wahrscheinlich muskulär beide Seiten nicht gleich ausgeprägt sind. Und sowas schaut ihr euch an und entwickelt einen langfristigen Plan?

[SPEAKER 1]Genau, also wenn es zum Beispiel Schmerzen gibt und wir haben ausgeschlossen, dass zum Beispiel ein schwerer Bandscheibenvorfall dahinter steckt, sondern eher eine Blockierung, eine muskuläre Disbalance, dann habe ich Physiotherapeuten, die auch selber reiten. und die sich dann um die Betroffenen kümmern können. Da gehen die Leute dann regelmäßig hin zur Physiotherapie. Unsere Physiotherapie ist sehr aktiv betont, also die lernen dort erste Ansteuerungsübungen und dann haben wir noch Sportwissenschaftler, die dann zum Beispiel, wie du eben gesagt hast, muskuläre Disbalancen ausgleichen sollen. Die machen eine Kraftmessung mit demjenigen. Gucken Sie sich mal wirklich tatsächlich an, wie viel Kraft ist denn überhaupt in den Adduktoren. Das sind die Muskeln, die die Beine zum Beispiel zusammenführen. Gibt es da eine Seitendifferenz und wie kann ich die trainieren? Wenn die zu schwach sind oder wenn sie verkürzt sind, wie kann ich sie dehnen? Und das zeigen Sie denen. den Betroffenen und das ist so ein bisschen, ja, Hilfe zur Selbsthilfe. Ganz wichtig ist halt immer, dass die Leute bereit sind, selber aktiv was dafür oder bzw. dagegen zu tun, gegen ihre Beschwerden.

[SPEAKER 2]Kann man dann eine solche Disbalance oder ein solches Problem denn auch dann langfristig beheben oder kann man nur es mindern und reduzieren und den Einfluss etwas reduzieren auf das Reiten?

[SPEAKER 1]Also das kommt natürlich ein bisschen auf das Problem drauf an. Also wenn jemand jetzt tatsächlich eine Skoliose hat, das ist eben eine Wirbelsäulenverkrümmung, den werden wir natürlich nicht wieder gerade kriegen. Also da müsste man dann chirurgisch schon rangehen und das ist dann auch definitiv oftmals gar nicht indiziert. Und zumal es ja dann auch manchmal gar keine Beschwerden macht. Also das kriegen wir natürlich nicht weg, aber funktionale Probleme kriegt man sehr gut in den Griff.

[SPEAKER 2]Woher weiß ich denn, ob ich ein funktionales Problem habe? Kann ich das selber an mir feststellen?

[SPEAKER 1]Ja, also viele, man muss wirklich sagen, ich bin dann doch immer erstaunt und auch vor allen Dingen positiv überrascht, wie viele auch im Reiter dann ein ganz gutes Körpergefühl haben. Und die kommen schon hin und sagen, ich habe das Gefühl, ich habe einfach nicht, mir fehlt die Kraft. Ich kann einfach nicht richtig sitzen. Und dann kommt der Schmerz. Das ist immer so häufig mal eine Aussage. Und dann eben genau zu sagen, okay, aus welcher Muskelgruppe kommt der, wo liegt das Problem genau, dafür bin ich dann eben da, beziehungsweise mein Team, die Physiotherapeuten, die Sportwissenschaftler. Und wir machen eben am Anfang relativ viel Diagnostik, um das einzugrenzen und dann ganz konkret an dem Problem zu arbeiten.

[SPEAKER 2]Zahlt sowas eigentlich die Krankenkasse?

[SPEAKER 1]Das kommt immer ein bisschen drauf an. Also das ist ja eine ganz klassische medizinische Leistung. Wenn ich eine Beschwerden habe, dann gehe ich zum Arzt und dann wird eben überprüft, ob die Beschwerde ein gewisses Krankheitsbild. im Hintergrund hat. Und dann besteht natürlich auch eine medizinische Indikation, die zu behandeln. Auch funktionelle Probleme, weil wir mittlerweile wissen, dass durch funktionelle Probleme, dass das, ich sage es jetzt einfach mal so, dass der Anfang allen Übels ist. Weil durch eine muskuläre Dysbalance haben wir eine einseitige Belastung und durch eine einseitige Belastung kann es schneller eben zu Verschleißerscheinungen in bestimmten Strukturen kommen und von daher besteht dann schon ein medizinischer Behandlungsbedarf.

[SPEAKER 2]Wie sehr hilft es dir, dass du selber auch aktive Turniersportlerin bist und warst?

[SPEAKER 1]Also gut, das mit dem Turniersport, klar, das kommt dann, glaube ich, eher so in den Bereich, wenn es dann wirklich um Leistungssportler oder Leistungsreiter geht, dass man natürlich dann weiß, wie viel Druck da zum Teil hintersteht und Ja, auch die Zeit und auch das Finanzielle, was man investiert. Aber ich glaube, generell ist es in der Reitsport- oder in der Pferdesportlermedizin ganz wichtig, dass man selber mal auf dem Pferd saß. Und das ist zum Beispiel auch etwas, was mir immer wieder aufgestoßen ist, ist dieses Argument von Freunden auch oder Bekannten, Reiten ist doch kein Sport, da macht doch das Pferd alles. Und jeder, der schon mal auf dem Pferd saß, und ich hab das dann auch oft gemacht, hab gesagt, Mensch, komm doch mal mit mir mit in den Stall, ich hab ein ganz artiges Pferd, setz dich da drauf. Und spätestens am nächsten Tag habe ich dann einen Anruf bekommen und gesagt, mir tut alles weh. Ich nehme alles zurück, was ich gesagt habe. Also man muss schon wissen, wie Reiten funktioniert und welche Muskeln man da benutzt, um eben auch verstehen zu können, wo die Problematik liegt und wie man sie beheben kann. Und deswegen finde ich es gerade im Reitsport ganz wichtig, weil es was ganz Individuelles und Einzigartiges ist, dass man selber auch aktiver Reiter ist, um den Leuten auch richtig helfen zu können. Und man hat natürlich auch einen besseren Einblick in diese Reiter-Pferde-Welt. Und dass das Pferd natürlich ein Familienmitglied häufig ist und eine ganz wichtige Stellung auch im Leben hat und überhaupt das ganze Thema Reiten und Reitsport dann eben über so ein normales Hobby, wie ich gehe dreimal die Woche Tennis spielen und stelle den Schläger in den Schrank hinaus geht.

[SPEAKER 2]Und es sind ja häufig auch andere Muskelgruppen, die angesprochen werden, als der Otto-Normalverbraucher eigentlich hat. Also wenn ich lange nicht auf dem Pferd saß und wieder im Sattel sitze und am nächsten Tag spüre ich Muskeln, die ich ja sonst, wenn ich joggen gehe oder Tennis spiele oder was anderes mache, so ja gar nicht habe oder gar nicht aufbaue.

[SPEAKER 1]Genau, also Reiten ist ein ganzheitlicher Sport, weil man eigentlich über die Handmuskel, wir wissen es alle, halbe Paraden, über den gesamten Oberkörper, Beinmuskeln, Armmuskeln, Schultergürtel eigentlich alles mit dabei hat. Und sogar natürlich noch den großen Kopfmuskel, das Gehirn. Ist ja per se kein Muskel, aber auch dieses Koordinative und dieses auch sich reinfühlen in den Partner, in den Sportpartner. Und das ist in dem Fall eben nicht der Mitspieler, sondern ein anderes Spezies, ein anderes Lebewesen. Also das ist schon so, dass der Reitsport sehr viele Muskelgruppen aktiviert.

[SPEAKER 2]Wenn man auf den zweiten Teil schaut, also auf die Begleitung zum Beispiel der Kader, also diese sportmedizinischen Tests, die Tests, wie fit ist man eigentlich als Reitsportler, muss man ja sagen, wenn man da von außen drauf schaut, da hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Die Leistungssportler müssen nun DOSB-Tests ablegen. Es gibt immer neue Anforderungen auch an die Sportlichkeit, anders als bestimmt vor 10, 15 Jahren. Wie siehst du die Entwicklung dort?

[SPEAKER 1]Also wir sind am Athleticum, am Universitären Kompetenzzentrum für Sport- und Bewegungsmedizin, eben auch zertifiziertes Zentrum vom DOSB. Das heißt, wir machen diese Kaderuntersuchung auch sportartübergreifend. Olympioniken über Weltmeisterschaftsteilnehmer bis zum Nachwuchskader. Und es gibt so verschiedene Kategorien, was die Sportler absolvieren müssen an Tests. Und da gibt es immer wieder auch vom DOSB Nachjustierungen, wo man sagt, okay, wir gucken uns jetzt ein bisschen mehr vielleicht den sportmotorischen Bereich als den kardiologischen Bereich bei dem Sportler an und das Bewusstsein, gesunde Sportler zu haben, das wird schon größer und aber auch vor allen Dingen sauberen Sport zu erhalten. Also das geht dann so in die Thematik Doping und eben auch den Sportler gesund zu halten, dadurch dass er zum einen natürlich sein Ergänzungstraining macht, aber sich auch gesund ernährt und auch gesund lebt.

[SPEAKER 2]Und da bist du nicht nur mit dem Landesverband in Hamburg unterwegs, sondern auch inzwischen auf Bundesebene mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung.

[SPEAKER 1]Genau, ja.

[SPEAKER 2]Was genau macht ihr?

[SPEAKER 1]Also das DOKR, das hat relativ lange schon mit dem Olympiastützpunkt in Warendorf im Nachwuchskaderbereich eine sogenannte operative Diagnostik im Pferdesport entwickelt. die eben hinausgeht über diese Standardprüfung vom DOSB, wo im Moment der Reiter vor allen Dingen Kardiopulmonar, also Herz-Kreislauf-System, untersucht wird, macht Warendorf zusätzlich in bestimmten Bereichen die sogenannte operative Diagnostik. wo sie eben auch Kraftmessungen machen mit den Reitern, Ausdauertests machen, was zum Beispiel für die Vielseitigkeitsreiter wichtig ist und eben auch Funktionalitätstests machen. Genau, und da sind wir in reger Rücksprache über die Entwicklung, Ergänzungen und versuchen da letztendlich so ein bisschen auch bei den Reitern das Bewusstsein für die Fitness zu wecken. Weil, das muss man halt leider sagen, der Reitsport so einzigartig, wie er ist, man kann leider als relativ unsportlicher Reiter sehr gute Ergebnisse erzielen, weil man ein sehr gutes Pferd hat. Und ich bin aber trotzdem davon überzeugt, wenn die Reiter gesund und fit, beweglich sind und eine gute Ausdauer haben, dann reiten sie auch besser. Also man könnte auch insgesamt dann noch bessere Ergebnisse erzielen. Und auch im Sinne des Pferdes.

[SPEAKER 2]Gibt es da eigentlich wissenschaftliche Studien zu? Gibt es da irgendein Zahlenwerk, das sowas belegt?

[SPEAKER 1]Weil man hört es natürlich immer häufiger.

[SPEAKER 2]Aber gibt es tatsächlich wissenschaftliche Analysen dazu?

[SPEAKER 1]Also es gibt tatsächlich, es gibt nicht so viel natürlich, wie in anderen Sportartbereichen, also wie zum Beispiel im Laufsport oder im Fußballsport, weil es natürlich nochmal in eine ganz andere Puppe liegt. Popularität hat der Fußball. Aber es gibt auch im Reitsport, gerade im Bereich therapeutisches Reiten, viele Studien, wo man sich angeguckt hat, wie ist eigentlich die neurophysiologische Rückkopplung, was fördert das Reiten, wie ist die Rumpfstabilität, wie ist die Ausdauer. Man hat zum Beispiel auch mal Herzfrequenzen von Reitern untersucht. Und wenn man sich überlegt, dass die Herzfrequenz an so einem LM-Sprung auch mal gern an die bis zu 180 Schläge pro Minute rangeht und das wiederholt.

[SPEAKER 2]Also LM heißt 1,20 Meter plus minus.

[SPEAKER 1]Genau, genau. Das kommt dann natürlich auch immer nochmal so ein bisschen aufs Pferd drauf an. Aber man muss sich immer klar machen, wenn die Herzfrequenz ansteigt, dann muss das Herz mehr arbeiten. Das verbraucht letztendlich Sauerstoff und der Sauerstoff ist endlich. Und das kommt darauf an, wie gut der Trainingszustand des Sportlers ist. Und je öfter ich das während meines Sportes mache, sprich die Herzfrequenz jetzt mal ganz banal gesagt hochtreibe, umso schneller verbrauche ich meine Reserven. Und wenn ich wenig Reserven habe, dann werde ich schnell müde. Und wenn ich schnell müde werde, dann können meine Muskeln nicht mehr so schnell reagieren. Und im Reitsport zum Beispiel bleibt das Pferd dann plötzlich stehen. fehlen mir vielleicht Bruchteile von muskulärer Anspannung oder Stabilisierung und ich stürze. Deswegen ist es ganz, ganz wichtig, das zu fördern und da eben eine gute Grundlagen Ausdauer zu haben, um dann eben auch schnell reagieren zu können. Und das dürfen wir eben in dem Sport auch nicht vergessen. Der Reitsport ist eben auch ein Sport, der ja, eine gewisse Gefahr mit sich birgt, weil wir eben Sportpartner Pferd haben. Pferd ist ein Fluchttier und wir können nie bei dem noch so artigsten Pferd ausschließen, dass es mal wegspringt oder einfach mal reagiert, wie es seine Natur einfach mit sich bringt. Und das, da muss man eben versuchen, sich durch die Ausrüstung, aber meines Erachtens eben auch durch die körperliche Fitness so gut, wie es geht, zu schützen.

[SPEAKER 2]Und dann eigentlich oder nicht nur eigentlich, sondern idealerweise ist es ja egal, ob ich jetzt eine Olympionike im Sportbereich bin oder der Reiter, der nur zweimal die Woche in den Wald reitet und ein bisschen zu Hause reitet. Reiterfitness an sich ist wichtig eigentlich im Kontext des Reitens generell, oder?

[SPEAKER 1]Ja, genau. Auf jeden Fall.

[SPEAKER 2]Was ist das Spektrum an Leuten, die zu dir kommen? Wir haben jetzt sehr viel über den Sportler gesprochen, aber wie breit ist das Spektrum? Eigentlich ist es ja jeder Reiter, oder?

[SPEAKER 1]Genau, genau. Das ist uns auch ganz wichtig. Bei uns ist wirklich jeder, also Reiter oder auch Pferdesportler, Voltigierer ist jetzt eine Definitionsfrage. Ist das ein Reiter? Werdesportler eher, ne? Und ich hatte jetzt auch gerade zum Beispiel eine ganz erfolgreiche Nachwuchsvoltigiererin, die sich eine schwere Verletzung zugezogen hat und auf der Suche war nach einer guten Rehabilitation. Und wo wir uns dann auch nochmal angeguckt haben, okay, wo steht sie denn im Moment? Und was muss sie machen, damit sie wieder zurück kann in ihren Sport? Genau, also, das ist ganz wichtig. Ein sehr breites Feld. Genau, ein ganz breites Feld, ja.

[SPEAKER 2]Und die arbeitet auch mit den Reiterinnen und Reitern mit Handicap, den sogenannten Parareitern, zusammen. Die haben ja nochmal ganz besondere medizinische Anforderungen im Vergleich zum Regelsportler.

[SPEAKER 1]Genau, genau. Also das ist ganz beeindruckend. Wir haben da jetzt, glaube ich, es waren insgesamt zwei Workshops gemacht. Das eine mal mit der Longlist aus Rio. wo wir uns mit dem Mannschaftsarzt zusammen getroffen haben und unser Team Physiotherapeuten, Sportwissenschaftler und gemeinsam uns zum Thema Ernährung und auch muskuläre Fitness unterhalten haben, ein paar Tests mit denen gemacht haben, denen Übungen gezeigt haben und das waren zwei immer ganz tolle Tage.

[SPEAKER 2]Man muss sagen, man wird demütig, wenn man die kennenlernt, weil das sind großartige Sportler, großartige Menschen, die zum Teil ein riesiges Handicap haben, teilweise von Geburt aus, andere haben auch einen Reitunfall und wie die positiv damit umgehen, das kann glaube ich jedem echt auch eine Lehre sein, wie toll die das machen.

[SPEAKER 1]Ja, absolut. Also ich finde sowieso, also der gesamte Bereich Parasport, also wir haben auch eben andere Parasportler durch diese DOSB-Lizenz bei uns zu den Check-Ups und das sind wirklich immer ganz beeindruckende, ja Sportler, aber auch eben einfach Menschen, die nicht aufgeben und die kämpfen und die die Parareiter, wie du es gesagt hast, nicht selten durch einen Reitunfall im Parasport aktiv geworden, wo einfach die Liebe zu den Pferden trotz des schrecklichen Unfalls überwiegt. Und das war das, was ich auch eingangs sagte und was man, glaube ich, auch bei den Sportlern verstehen muss, ist, Das ist eben kein Tennisschläger da, also das ist kein Sportgerät, wie es manchmal immer wieder mal auch zu lesen ist, sondern das ist ein Freund, ein Familienmitglied und ein ganz, ganz wichtiger Lebenspartner eben auch, das Pferd. Und deswegen muss man dann auch manchmal sich zurückhalten und sagen, okay, ich verstehe jetzt auch, dass jetzt vielleicht die Zeit nicht da ist, jeden Tag Ausgleichssport zu machen, sondern das Pferd eben zu umsorgen, weil es lahm ist, weil es eine Kolik hat und, und, und. Also da muss man immer so ein bisschen den Mittelweg auch finden und man darf den Pferdesportler da auch nicht überfordern. Das ist ganz wichtig. Und das kann man glaube ich nur, wenn man selber da mal so verankert ist in dem Reitsport.

[SPEAKER 2]Obwohl man sagen muss, dass die Prävention in den letzten Jahren ja schon wirklich weitergekommen ist. Also wenn man jetzt den Vielseitigkeitssport zum Beispiel anschaut. Es gibt nun Hindernisse, die fallen können, also die zusammenklappen. Die Sicherheitstechnik entwickelt sich weiter. Eigentlich ist es ja verpönt heutzutage nicht mehr ohne Kappe zu reiten, egal in welchem Bereich ich unterwegs bin. Das hilft euch auch, kann man sagen.

[SPEAKER 1]Genau. Wir haben am UKE auch tatsächlich eine, die gibt es schon relativ lange, eine AG Reitsicherheit. Das war oder ist immer noch Professor Püschel. Auch Manfred Ginsch, der Mannschaftsarzt der deutschen Equip-Reiter ist mit drin.

[SPEAKER 2]Der Humanarzt der deutschen Equip-Reiter.

[SPEAKER 1]Genau, der ist mit drin in dieser Gruppe. Norbert Mehn und wir… arbeiten stetig daran, eben dieses Thema Reitsicherheit voranzutreiben. Es gibt auch Bestrebungen mit der FN, vor allen Dingen eben auch Unfälle aufzuarbeiten. Das ist so ähnlich wie im Krankenhaus, wo man sich auch, ich sage mal, dem Kunstfehler stellen muss. Das ist halt immer so. Auf der einen Seite möchte man natürlich den Sport positiv haben in der Öffentlichkeit. Man muss aber eben auch ganz klar sagen, es ist eine Risikosportart. Es passieren Unfälle und es ist ganz wichtig, dass man versteht, warum die Unfälle passieren, damit man sie in Zukunft vermeiden kann. Und da gibt es eben ganz viele Bestrebungen und Entwicklungen zusammen mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung an diese Daten auch ranzukommen. Du hast es vorhin angesprochen, um die auch mal wissenschaftlich auszuwerten. Es gibt leider auch immer wieder tödliche Reitunfälle. Und die kann man unseres Erachtens eben nur vermeiden, wenn man herausfindet, was die Hauptrisikofaktoren sind. Und dazu gehören natürlich in der Vielseitigkeit auch die Hindernisse, die eben fest sind, die nicht fallen, wo die Stangen nicht fallen, wo es zu diesen Überrolltraumen kommen, sprich das Pferd stürzt mit dem Reiter. Und das ist das Problem, weil Reiter und Pferd sich dann sehr, sehr spät trennen voneinander. Und dann im schlimmsten Falle eben das Pferd mit 500 und aufwärts Kilo plus Geschwindigkeit plus Flughöhe auf den Reiter fällt. Und das sind dann leider Gottes eben auch nicht selten die tödlichen Verletzungen. Und da muss man sich wirklich angucken, wie kann man den Reitsport neben der Fitness des Reiters und der Schutzausrüstung verbessern, um das zu vermeiden. Und das ist zum Beispiel eine Bestrebung der AG Reitsicherheit, die wir auch im Uniklinikum Eppendorf haben. Und da sind dann auch, da findet auch viel wissenschaftliche Auswertung statt. Es gibt mehrere Doktorarbeiten, die dort auch schon über Reitunfälle, auch über Kutschunfälle geschrieben worden sind. Großes Thema, Kutschunfälle, immer wieder auf der Presse. Kutschunfälle, immer wieder gehört, ne. So, und da muss man einfach auf Ursachenforschung gehen. Und da muss man an die Daten rankommen, aber das wissen wir auch, ist gerade ein großes Thema, Datenschutz. DSGVO. Das ist eben leider nicht so einfach. Und wie will man’s machen? mit der Nennung beim Turnier, eine Einverständniserklärung vom Reiter holen, dass, wenn was passiert, man die Daten dann auch auswerten darf. Natürlich anonym. Aber das ist ein ganz heikles und nicht so einfaches Thema. Aber du hast schon Recht, um zurückzukommen. Es gibt zusehend Bestrebungen, den Reitsport, ich sag einfach mal, gesünder zu machen. Das ist das eine, Unfallverhütung. Dann… Letztendlich Sicherheit durch richtige Schutzausrichtung und Prävention durch Fitness. Das sind glaube ich so drei Säulen, die ganz wichtig sind aus der sportmedizinischen Betrachtungsweise.

[SPEAKER 2]In der Vorbereitung des Gesprächs habe ich auch herausgefunden, dass du auch im Fußball glaube ich unterwegs bist. Altona 93, ich glaube ein Fußball-Regionalligist, Oberligist und Viktoria Hamburg, stimmt das?

[SPEAKER 1]Ja, genau.

[SPEAKER 2]Bist du die Mannschaftsärztin?

[SPEAKER 1]Ja, genau, für die erste Herrenfußball, ja.

[SPEAKER 2]Und sitzt du auch mit auf der Bank dann beim Spieltag?

[SPEAKER 1]Das ist nicht immer so. Nein, ich gehe mal ab und zu hin zu den Spielen. Das ist nicht so wie in der ersten und zweiten Bundesliga, dass tatsächlich dann auch ein Arzt da vor Ort sein muss. Nein, aber die Jungs mag ich gerne, da gehe ich gerne hin. Die kommen natürlich auch zu uns, wenn sie was haben. Und ja, das ist nochmal so ein ganz anderer Bereich. Ich habe selber einen kleinen Jungen, der Fußball spielt, den konnte ich jetzt nicht führen. Reitsport bisher begeistern. Und von daher, ja. Aber man ist auch erstaunt, als ich damit angefangen habe, auch mit dem Reitsport, habe ich mich auch mal so ein bisschen rumgeguckt. Und es ist gar nicht so selten. Ich meine, wir kennen alle Lisa Müller. Die Frau von Thomas Müller, Fußballnationalspieler. Genau, dann Charlotte Rummenigge, die Tochter von Karl-Heinz Rummenigge, große Dressurräterin. Und es gibt auch einen HSV-Reitverein. Stimmt. Genau. Und auch wenn man beim HSV bei den Spielen unterwegs ist, treffe ich nicht selten Leute, die ich eigentlich auch aus der Reiterei kenne. Also Fußball und Reiten liegt schon relativ eng zusammen. Genau, ich mache ja immer auch einmal im Jahr so ein Symposium im Reitsport in der HSV-Arena und da kämpfe ich immer noch darum, dass wir dann auch mal Ponyreiten auf dem Platz machen dürfen.

[SPEAKER 2]In der Arena?

[SPEAKER 1]Im Volksparkstadion? Ja, da könnte ich den HSV aber noch nicht so viel überzeugen. Wäre vielleicht erfolgreicher für den HSV als Fußballspieler. Oder da unten mal ein großes Turnier auf dem Platz zu veranstalten, das ist doch ganz nett.

[SPEAKER 2]Gab es ja die Olympischen Spiele. Ich meine bis 1972 waren ja in der Regel immer im Hauptstadion der Olympischen Spiele. Also zum Beispiel 64 und die ganzen Olympischen Spiele davor. Das war in der Regel immer im großen Stadion. Nicht wie heute in einem separaten Reitstadion. Sondern in der großen Arena. Wäre vielleicht wieder auch was in der Ruhe.

[SPEAKER 1]Ja, stimmt. Ich war im Olympia in London. Da gab es aber auch separat für die Reiter ein Gambitch. Genau.

[SPEAKER 2]Also seit dem, seit den 70er Jahren hat man das geändert. Vorher war es tatsächlich immer in der großen Arena. Nun gut. Aber, liebe Julia, am Ende eines jeden WeHouse-Podcasts habe ich die vier klassischen WeHouse-Fragen, die ich auch… Die klassischen?

[SPEAKER 1]Die habe ich mir nicht angehört.

[SPEAKER 2]gerne fragen möchte. Bin mir sicher, du wirst sie mit Leichtigkeit bewältigen. Frage Nummer eins. Hast du ein Motto, nach dem du lebst?

[SPEAKER 1]Denke immer positiv und gib niemals auf.

[SPEAKER 2]Dann Frage Nummer zwei. Gibt es einen Menschen, der dich persönlich auch besonders geprägt hat?

[SPEAKER 1]Neben meinen Eltern?

[SPEAKER 2]Vielleicht im Hinblick auf Pferdesport.

[SPEAKER 1]Im Hinblick auf Pferdesport, also Dr. Rainer Klimke, den fand ich immer sehr, sehr beeindruckend. Das muss ich sagen, wenn es im Pferdesport sein soll, dann Dr. Rainer Klimke mit seinem Alarich.

[SPEAKER 2]Sehr gut. Dann Nummer drei, wenn du Reitern oder Pferdemenschen dieser Welt eine Sache im Umgang mit ihren Pferden auf den Weg geben könntest, was wäre es?

[SPEAKER 1]Betrachte das Pferd immer als deinen Partner.

[SPEAKER 2]Ansonsten, wenn es mal schiefläuft, kommen sie dann quasi zu dir. Und zum Schluss vervollständige bitte diesen Satz, Pferde sind für mich.

[SPEAKER 1]Wundervoll. Perfekt.

[SPEAKER 2]Großartig. Vielen lieben Dank, Julia Schmidt. Ein kleiner Ausflug in die sportmedizinische Welt, gerade aus reitsportlicher Sicht auch. Das Sportmedizinische Symposium des UKE Athleticum. Wann nochmal?

[SPEAKER 1]Am 16.11.2019 ist ein Samstag in der HSV Arena.

[SPEAKER 2]In Hamburg, in Norddeutschland. Man kann als Nicht-Mediziner auch kommen.

[SPEAKER 1]Genau, unbedingt. Sehr herzlich willkommen.

[SPEAKER 2]Also, wer sich interessiert dafür, in Hamburg ist einiges geboten mit dem Athletikum. Und Dankeschön, Julia Schmidt.

[SPEAKER 1]Sehr gerne. Alles Gute.

[SPEAKER 2]Das war die aktuelle Folge des wehorse Podcasts. Falls euch unser Podcast gefällt, lasst eine Bewertung da bei Apple Podcast, Facebook, YouTube, Google oder wo auch immer ihr uns hört. Bis zum nächsten Mal beim wehorse-Podcast.

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