Herpesvirus-Spezial mit Dr. Kai Kreling: Prävention ist der beste Schutz

Auf einem internationalen Turnier in Valencia gibt es aktuell einen der größten Ausbrüche des Equinen Herpesvirus EHV-1 in den letzten Jahren. Auch in Deutschland sind bis zum 28. März alle Veranstaltungen im Pferdesport abgesagt.

Dr. Kai Kreling ist einer der führenden Tierärzte Deutschlands. Er ist Leiter der Tierklinik Binger Wald, Geschäftsführender Gesellschafter der Pferdegesundheit im Fokus GmbH sowie Betreiber und Autor der Wissensplattformen Pferdegesundheit Online und Pferdegesundheitsakademie. Als Mitbegründer und Gesellschafter der Vetnetz-Gruppe setzt er sich für die Belange mehrerer Pferdekliniken ein.

In diesem Podcast-Spezial beantwortet Dr. Kai Kreling die wichtigsten Fragen rund um das Thema Equiner Herpesvirus. Was passiert, wenn sich mein Pferd mit EHV-1 infiziert und wie kann ich es davor schützen? Auf diese und andere wichtige Themen geht der Waldalgesheimer Tierarzt im Gespräch mit Christian Kröber ein.

Wir haben dir alle wichtigen Informationen zum Thema Herpes beim Pferd übersichtlich zusammengefasst:

Was genau ist Pferdeherpes?

Das Equine Herpesvirus (EHV) ist ein Virus, das schon seit Jahrzehnten in der Pferdewelt bekannt ist. Dabei handelt es sich um ein hoch ansteckendes Virus, von dem man ausgeht, dass circa 80 – 85% aller Pferde bereits infiziert sind und damit eine hohe Durchseuchungsrate besteht. Jedoch kommt es in den meisten Fällen trotz einer Ansteckung nicht zu einem Ausbruch der Krankheit mit schwerem Verlauf. Ähnlich wie bei menschlichem Herpes bleibt ein einmal erkranktes Pferd lebenslang Virusträger und -überträger.

Im Falle einer akuten Herpeswelle oder einer Infektion des eigenen Pferdes ist es wichtig, zunächst einmal Ruhe zu bewahren. Selten verlaufen die Infektionen tödlich oder die Ansteckungen lassen sich nicht eindämmen. 

Wie sieht Herpes bei Pferden aus?

Die Erscheinungsformen des Pferdeherpes sind anders als die beim Menschen und die Symptome werden oft gar nicht als solche erkannt. Nicht jede Herpesvirus-Infektion führt zum Tod des Pferdes.

Es gibt zwei Formen, das eine ist die sogenannte respiratorische Form, die Atemwegs-Form. Pferde mit einer Herpesvirusinfektion haben Nasenausfluss, Husten, denn es sind vorrangig die oberen Luftwege betroffen. In der zweiten Phase der Infektion wird das Herpesvirus durch die Blutbahn über den ganzen Körper verteilt. Nach ein paar Tagen findet dann eine “Ganzkörperinfektion” statt. In dieser Phase kann es zu einer sehr starken Vermehrung des Viruses kommen, weil der Körper nicht in der Lage ist, den Virus selbstständig zu bekämpfen.

Die Vermehrung des Virus kann dann zu der zweiten, deutlich fataleren, zentralnervösen Form führen. Das bedeutet, dass es besonders im Rückenmark des Pferdes zu kleinen Infarkten kommt und dadurch im Endeffekt zu einer Unterversorgung der entsprechenden Nervenstrukturen auch zu einem Untergang dieser Nervenstrukturen, der in vielen Fällen dann nicht mehr reversibel ist. Die Symptome ähneln denen eines Schlaganfalls beim Menschen: Die betroffenen Pferde haben koordinative Schwierigkeiten, liegen fest und können nicht mehr so regeneriert werden, dass sie aufstehen und sich bewegen können. Unter Umständen kann der Tierarzt hier nur noch eine erlösende Spritze geben.

Wie wird Herpes von Pferd zu Pferd übertragen?

Herpes wird durch Tröpfcheninfektion übertragen. Das bedeutet, es muss keinen direkten Kontakt geben, ein kurzer räumlicher Abstand – wie der in einer Stallgasse – kann jedoch von den Viren leicht überwunden werden.Möglich ist aber auch die indirekte Übertragung, z. B. durch Kontaktpersonen, Putzzeug, Futter- oder Wassereimer, Schubkarren etc. 

Wie lange ist Herpes beim Pferd ansteckend?

Die meisten Pferde, die das Herpesvirus in sich tragen, scheiden das Virus lebenslang aus und infizieren so unbemerkt andere Pferde.

Was führt zum Ausbruch von Herpes beim Pferd?

Genau wie bei Menschen wird das schlummernde Herpesvirus meist durch Stress aktiviert, vermehrt sich und die Krankheit bricht aus. Diese Stresssituationen können Faktoren, wie lange Transporte, Turniere und seelischer Kummer sein. Auch biologische Stressfaktoren, wie Fellwechsel und die damit verbundener körperlicher Belastung für das Pferd sind typisch für einen wahrscheinlicheren Ausbruch der Krankheit. In dem Moment, wo das Stresslevel steigt, wird das natürliche Immunsystem schwächer.

Die Inkubationszeit nach einer frischen Ansteckung ist in der Regel kurz und beträgt zwischen 24 und 48 Stunden. In den meisten Fällen normalisieren sich die Symptome nach ein bis zwei Tagen von selbst wieder, doch wenn wie in oben beschriebenen Stresssituationen das Immunsystem des Pferdes stark beansprucht ist, kann es den Ausbruch der Krankheit nicht verhindern.

Wie kann man Herpes beim Pferd behandeln?

Die Symptome der Krankheit sind behandelbar, gegen die Herpesviren selbst gibt es leider keine Medikamente. Nach einer akuten Infektion ist es wichtig, das Immunsystem des Pferdes bestmöglich zu unterstützen. In der Regel werden dem erkrankten Pferd entzündungshemmende Medikamente verabreicht, sowie Mittel, die den Kreislauf- und das Immunsystem unterstützen. Die beste Therapie gegen Herpes ist und bleibt die Prophylaxe.

Kann man Herpes von Mensch auf Pferd übertragen?

Sattler, Hufschmied, Tierarzt – Es gibt viele “Dienstleister”, die täglich eine große Anzahl an Pferden aus unterschiedlichen Ställen besuchen. Der Übertragungsfaktor von Pferdeherpes von Mensch auf Pferd ist allerdings – wenn überhaupt – sehr gering. Nichtsdestotrotz sollte in akuten Situationen besonders auf Hygiene und regelmäßige Desinfektion geachtet werden, um Übertragungswege so gut wie möglich zu unterbrechen. 

Ist Herpes bei Pferden meldepflichtig? 

Herpes beim Pferd ist keine Seuche, fällt also auch nicht unter das Seuchengesetz. Das heißt, eine akute Infektion ist weder melde- noch anzeigepflichtig beim Veterinäramt.

Wie kann man das Pferd gegen Herpes schützen?

Da Herpesviren mit Medikamenten nicht behandelbar sind, ist der beste Schutz gegen den Ausbruch der Krankheit die Prophylaxe. Dazu gehört eine Impfung. Zudem ist es sinnvoll, besonders in der Phase zu Jahresbeginn, in der jedes Jahr die Infektionszahlen steigen, das Pferd möglichst wenigen Stresssituationen auszusetzen und auch den Kontakt zu bestandsfremden Pferden zu minimieren. 

Gibt es einen akuten Herpesfall im eigenen Stall, sollte das erkrankte Pferd von den anderen Pferden isoliert oder zumindest der direkten Nase-zu-Nase Kontakt unterbunden werden. Zudem sollten Eimer, Futterschaufel, Putzzeug und Co nicht für kranke und gesunde Pferde gleichzeitig verwendet werden. Nach Kontakt mit einem erkrankten Pferd gilt es, sich die Hände zu desinfizieren und im besten Falle die Kleidung zu wechseln.

Macht eine Impfung gegen das Herpesvirus Sinn?

Zur Krankheitsvorbeugung ist eine Impfung eine wichtige und richtige Maßnahme, besonders, wenn es sich um große Bestände handelt, in denen viel Änderung ist, bzw. viele Pferde von außerhalb kommen und gehen. Wichtig ist, dass alle Pferde eines gemeinsames Bestandes geimpft werden und nicht nur ein Teil. Nur das führt zur Herdenimmunität.

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