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#91 Hörbuch-Special Teil 1: Kurt Albrecht - “Dressurlehre für Turnierrichter und Reiter”

"Dressurlehre für Turnierrichter und Reiter" ist ein kostbarer Leitfaden für Richter und Reiter. Kurt Albrecht ehemaliger Leiter der spanischen Hofreitschule und einer der großen Meister der Reitkunst erklärt alle zentralen Begriffe der Dressurreiterei.

Im ersten Teil des Hörbuchs geht der Reitmeister auf zwei verschiedene Aspekte ein. Zuerst spricht er über die Person des Dressurrichters, dann führt er durch die Beurteilung von Haltung und Bewegung des Pferdes.

Meisterhaft, in knappen klaren Worten formuliert, ist dieses Werk wirklich unverzichtbar für alle Aktiven rund um das Dressurviereck.

Podcast Transkript

Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.

[SPEAKER 2]Herzlich willkommen zum wehorse Podcast. Mein Name ist Christian Kröber und wir bei wehorse sind ja nicht nur die Online-Lernplattform mit hunderten von Kursen und Tutorials der namhaftesten Trainer der Welt, um dir zu helfen und Inspirationen zu geben. Wir haben auch einen unglaublichen Fundus an Dokumentationen und auch an Hörbüchern. Immer mal wieder stellen wir Hörbücher im Rahmen unseres Podcasts zur Verfügung. Und heute haben wir wieder ein absolutes Highlight. Ressortlehre für Reiter und Turnierrichter von Kurt Albrecht. Kurt Albrecht war Leiter der Spanischen Hofreitschule Wiens und einer der großen Meister der klassischen Reitkunst. Dazu wird dieses Hörbuch auch noch gesprochen von der Moderatoren- und Sprecherlegende Hans Heinrich Isenbarth. Das Ganze haben wir aufgeteilt in drei Teile. Heute gibt es die erste Charge, den ersten Teil, Samstag und Sonntag dann die weiteren Teile 2 und 3. Viel Spaß also mit unserem wehorse Hörbuch mit Dressurlehre für Reiter und Turnierrichter von Kurt Albrecht.

[SPEAKER 1]Dressurlehre für Reiter und Turnierrichter von Kurt Albrecht. Zur Einleitung. Der Dressurrichter kann seine Aufgabe auf mehrfache Art ausüben. Er kann ihr aber nur auf eine gerecht werden. Und zwar nur dann, wenn sein Wissen in jeder Beziehung über jenes Maß hinausreicht, das er vom Reiter verlangt. Routine kann dieses Wissen nie ersetzen, sie kann nur dessen Gebrauch unterstützen. Es wird also niemals genügen dürfen, einen Fehler nur zu sehen. sondern der Richter muss sich im gleichen Augenblick auch bereits über die Gründe, die dazu geführt haben, im Klaren sein. Das setzt voraus, dass ihm die Reitwissenschaft zu einem Wissensgebiet wird, dem er mit Haut und Haaren verfallen ist, und dass ihn aus einem inneren Zwang heraus zur fortgesetzten Erweiterung und Ergänzung seines Erfahrungsschatzes streben lässt. Ähnlich wie ein Lehrer abgelehnt werden müsste, der zwar die an den Schüler gestellten Fragen beantworten, nicht aber alle Zusammenhänge darum herum erklären kann, würde auch jener Dressurrichter fehl am Platze sein, dem letztere Voraussetzungen fehlen. Daher noch einmal. Wer sich nur auf Jahre oder auf eine bestimmte Zahl gerichteter Wettbewerbe allein berufen kann, wird seinem jüngeren Kollegen einzig die Fähigkeit voraushaben, für alles und jedes die passende Schablone zu finden. Ihm wird der wissbegierige Jüngere vorzuziehen sein, weil diese Wissbegier doch immerhin erwarten lässt, dass man sich über die vorhandenen Lücken noch im Klaren ist, vom Routinier jedoch diese Lücken gar nicht mehr wahrgenommen oder zumindest nicht eingestanden werden. So richtet sich denn auch diese Dressurfibel an einen bestimmten Personenkreis. Sie wird nur jene anzusprechen vermögen, die grundsätzlich Freude an einer geistigen Beschäftigung haben. hätte es nicht zu allen Zeiten Menschen gegeben, denen es über das praktische Reiten hinaus zum echten Anliegen wurde, auch die dafür gültigen Ehrengesetze wissenschaftlich zu erfassen und an die Nachwelt weiterzugeben, wäre es um die Reiterei schlecht bestellt. Die gleiche Pflicht wird auch uns Gegenwärtigen obliegen. Begnügen wir uns fortwährend nur mit Oberflächlichem, wird eine mehr und mehr um sich greifende Verflachung nicht ausbleiben können. Bücher allein werden dann nicht mehr abhelfen können, wenn einmal alle jene fehlen, die diese noch zu lesen und auszulegen verstehen. Der Dressurrichter muss sich diese Pflicht selbst auferlegen. Ihm dabei zu helfen, soll die Aufgabe dieser Ratschläge sein.

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[SPEAKER 1]Zur Person des Dressurrichters Die Befähigung zum Dressurrichter beruht nicht nur auf einer Komponente, sondern setzt sich aus mehreren zusammen, von denen nur eine davon die praktische reiterliche Erfahrung ist. Eine ebenso wichtige ist ein kompaktes theoretisches Wissen. Aber gerade über den Umfang und auch die Art dieses Wissens herrschen vielfach nebulose Vorstellungen. Eine reichhaltige Reitliteratur oder ein langjähriges Verhaftetsein in der Reiterei allein vermitteln kaum jenes Wissen, das der Dressurrichter für seine Tätigkeit benötigt. Nur ein Eindringen in die Materie nach wissenschaftlichen Methoden wird nämlich den wertvollen Teil der Reitliteratur dem Leser überhaupt zugänglich machen. Das Verhaftetsein in der Reiterei aber kann ebenso oberflächlich wie erfahrungsträchtig gewesen sein. Man erwartet auch vielfach vom Wert einer langjährigen Richterpraxis zu viel. In einem Metier wie der Dressurrichterei zurückgelegte Jahre vermögen wohl der Routine sehr behilflich zu sein, das eigentliche Wissen selbst aber wird dadurch kaum erweitert. Darum soll hier einmal ohne Schönfärberei die Frage gestellt und beantwortet werden, wer eignet sich am besten für die Aufgabe eines Dressurrichters? Gehen wir einmal von der Person aus. Zunächst sieht der Reiter in ihm eine Persönlichkeit von sowohl charakterlicher als auch fachlicher Integrität. Das ist ein gewaltiger Vertrauensvorschuss, der erst verdient werden muss, und zwar rasch verdient werden muss. Man darf vom Reiter nicht erwarten, dass er durch Jahre Lücken und Mängel hinnimmt, sondern er erwartet vom ersten Mal an, da er respektvoll eine Kappe vor dem Richter zieht, ein objektives, fachlich richtiges und wohlfundiertes Urteil. Einer solchen Forderung aber wird nur entsprechen können, wer vorher alles, alles zusammengetragen hat, was ihn dazu befähigt. Damit beantwortet sich auch schon selbst die immer wieder in Diskussionen auftauchende Quizfrage, ob sich der bessere Praktiker oder der bessere Theoretiker mehr für diese Aufgabe eigne. Geeignet ist nämlich allein der, der dieses Wissen in der Kürze der ihm dabei zur Verfügung stehenden Zeit in ein korrektes und verständliches Urteil umzusetzen vermag. Dies setzt voraus, dass man Mitgebrachtes nie zu hoch einschätzen solle, dass man die Zeit, in der man noch ohne Verantwortung am Richtertisch sitzt, dazu benutzen möge, sich einen schonungslosen Überblick über die eigenen Lücken zu verschaffen, und dass einem diese schöne Aufgabe zu einem Fanatiker werden lässt, der in jeder weiteren Anhäufung von Wissen und Können Befriedigung findet. Selbstverständlich wird es in der Richtergilde immer welche geben, bei denen diese Aufgabe mit keinem besonderen Tiefgang verbunden ist. Sie selbst begnügen sich mit einem oberflächlichen Wissen und erwarten vom Reiter, dass er sich ebenfalls damit begnügt. Für Menschen mit derartiger Einstellung sind die hier gegebenen Ratschläge eigentlich auch nicht gedacht. Sie sind aber glücklicherweise in der Minderheit. Dem Nachwuchs aber kann nicht oft und eindringlich genug gesagt werden, welche, vielleicht äußerlich kaum sichtbare, Verantwortung er mit einer Richteraufgabe übernimmt. was früher für die großen Reitmeister gegolten hat, die ihr Wissen über die praktische Reiterei weit hinausgehend sich auch auf die anderen darin inkludierten Wissenschaften erstreckt hat, sollte eigentlich heute für den Dressurrichter zutreffen. Sie werden sicher ein gerüttelt Maß an Verantwortung daran mittragen, ob vermieden werden kann, dass der Reitsport zum Kampfsport-Pferdematerial gegen Pferdematerial wird. Denn nur, wenn es gelingt, neben dem Sport auch die Reitkunst am Leben zu erhalten, ist die Quelle gerettet, aus der auch der Reitsport immer wieder zu schöpfen gezwungen ist. Auch in der Vergangenheit war das Häuflein derer, die sich dieser Reitkunst verschworen und sie durch die Jahrhunderte gerettet hat, relativ klein, verglichen am Umfange der Gebrauchsreiterei, der die Kampagnereiterei ebenso wie die gesamte militärische Reiterei zuzuordnen war. Und trotzdem war es dieses Häuflein, das das Gesicht der Reiterei geprägt und ihren Stellenwert in der Menschheitsgeschichte beeinflusst und bestimmt hat. Das heute noch vorhandene Häuflein qualifizierter Reitlehrer würde nicht ausreichen, diese Aufgabe in der Gegenwart zu übernehmen. Noch dazu, wo die finanziell meist gut unterlegten Reitschülerwünsche auch harte Reitlehrerrückgrate weich machen. An seine Seite muss heute also notgedrungen der Dressurrichter treten. Er wäre also sehr wohl imstande, das Gewicht seines Einflusses in diese oder jene Richtung wirken zu lassen, selbstverständlich nur dann, wenn dieses Gewicht sich nicht als wertloser Ballast erweist. Die Aufgabe dieser kleinen Schrift soll daher unter anderem sein, ihn auch für diese Aufgabe zu gewinnen. Überhaupt können alle darin zur Sprache kommenden Themen nur andeutungsweise, nie aber erschöpfend behandelt werden. Aber gerade damit wird eine bestimmte Absicht verfolgt. Wer sich einer Materie nur so oberflächlich verschreibt, dass er sich mit einer skizzierten Behandlung zufrieden gibt und ihn nicht durch zusätzliches Quellenstudium auf den Grund zu gehen trachtet, kann unmöglich von der betreffenden Aufgabe im notwendigen Maße fasziniert sein. Aber, wie bereits gesagt, ist dies eines der wichtigsten Postulate im Befähigungsnachweis des Dressurrichters. Die Anziehungskraft für diese Aufgabe darf sich nicht von der Form der Ausübung, sondern ausschließlich vom Inhalt ableiten lassen. Mit Absicht wird jedem Richter in unserem Lande grundsätzlich eine Dressurrichter-Ausbildung zuteil. Der Grund dafür ist, dass jedes im Reitdienst verwendete Pferd über eine, wenn auch bescheidene Grundausbildung verfügen muss. Auch das Springpferd gilt als ein im Reitdienst verwendetes Pferd. Der Begriff Ausbildung ist gleichzusetzen mit dem Begriff Dressur. Dieser letztere Begriff sollte eigentlich in den Klassen A und L besser überhaupt nicht verwendet werden, weil dies nur dazu beiträgt, dass eine für jedes Pferd notwendige Grundausbildung mit einer Spezialausbildung gleichgesetzt wird, von der man aber erst von Klasse M an aufwärts sprechen sollte. Es wird nunmehr notwendig sein, sich mit den eigentlichen Aufgaben des Dressurrichters bzw. mit dem Stoff, der ihm bei seiner Tätigkeit auf Schritt und Tritt begegnen wird, näher und ausführlicher zu befassen. Dies soll so vor sich gehen, dass wichtige Leitsätze, die ihm quasi als Richtung weisende Meilensteine bei der Auswahl für seine Tätigkeit benötigten Wissensstoffes dienen könnten, die notwendige Begründung oder Erläuterung erfahren. Nicht immer und nicht für jeden werden sie ausreichend sein. In diesen Fällen sollte der erwünschte Prozess des Suchens nach ergänzender Literatur oder der Herbeiführung der Klärung im mündlichen Dialog einsetzen. Man kann die Aufgaben eines Dressurrichters in drei große Bereiche untergliedern. Er soll dem Reiter helfen. Er soll die gültige Dressurauffassung kennen und in seinen Urteilen zu ihr stehen. Er soll sich für Sauberkeit, Stil und Niveau in der Reiterei mitverantwortlich fühlen. Der gute Richter muss nicht nur das Gesehene korrekt beurteilen und in die jeweilige Kategorie einstufen können, sondern er muss auch die Ursachen, wenn sie zu negativen Ergebnissen geführt haben, festzustellen vermögen und er muss gleichzeitig die Fähigkeit haben, Ratschläge für Korrekturen erteilen zu können. Zweifellos wird daher derjenige die besten Voraussetzungen für diese Aufgaben mitbringen, der sowohl über das entsprechende theoretische Wissen wie auch über praktische Erfahrungen verfügt. Es wird vielleicht in ganz seltenen Ausnahmefällen möglich sein, ohne Letzteres auszukommen, ohne Ersteres aber ganz bestimmt nicht. Es muss aber zur Kenntnis genommen werden, das beste theoretische Wissen und die größte mitgebrachte Erfahrung müssen für die Belange des Richtens gewissermaßen umgemodelt werden. Und kein noch so umfangreiches Wissen wird dem Richter im Augenblick des Beurteilenmüssens eine Hilfe sein, wenn es nicht in seinem Gehirn so bereit liegt, dass er das Gesehene dort blitzartig vergleichend einzureihen vermag. Zum theoretischen Wissen und dem benötigten Schatz an praktischer Erfahrung muss eine gute Reaktionsfähigkeit kommen. Erst alles zusammen wird dem Richter in Minutenbruchteilen das Urteil ermöglichen, das meist unwiderruflich ist und neben seiner Objektivität den Vorzug haben soll, auch fachlich richtig und unanfechtbar zu sein. Wer im Richteramt in erster Linie Ehren oder gar Macht sieht, ist ebenso fehl am Platze wie derjenige, der nicht eine Überportion an Verantwortungsbewusstsein mitzubringen vermag. Der Richter soll sich nie als Herrscher über den Reiter, sondern ausschließlich als Diener an der Reiterei sehen. Ehren sind nur dem zuzubilligen, dem keine Prüfung zu gering scheint, um seine Erfahrung und Hilfe uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen. Um das aus verschiedenen Quellen stammende theoretische Wissen und die sich angeeignete praktische Lehrmeinung auf jenen gemeinsamen Nenner zu bringen, wer dem Richter im Reglement General der FAI vorgezeichnet ist, muss eine gewisse Ausrichtung der nationalen Richter zum unbedingten Forderungsprogramm für die Richterausbildung werden. Zur einheitlichen Auffassung muss dann auch noch die einheitliche Sprache treten. Dem Richter steht für sein Urteil weder eine lange Beobachtungszeit zur Verfügung, noch hat er die Möglichkeit, sein Urteil in ausführliche Protokolle zu kleiden. Er muss mit seinem geschulten Auge in Blitze schnelle das Geschehene erfassen und verarbeiten können. Und dann bedarf es eines entsprechenden Vokabulars, dieser Gedankenarbeit kurz, aber prägnant Ausdruck zu verleihen. Man ist immer wieder der Auffassung, dass ein sehr stilvoll abgefasstes Protokoll das Ansehen des Richters hebt und auf seine besondere Qualität schließen lässt. Dies muss aber nicht unbedingt der Fall sein. Manchmal ist mit wenigen und gar nicht so sehr variierten Ausdrücken, wenn sie das wesentliche Auszusagen vermögen, dem Reiter viel mehr geholfen. Verfügt der Richter über einen entsprechenden fachlichen Wortschatz, wird es ihm ohne weiteres möglich sein, ein und die gleiche Sache in verschieden lautende Sätze zu fassen, ohne dass dadurch die Gefahr eines veränderten Sinnes heraufbeschworen wird. Verfügt er nicht über diesen Schatz, möge er sich lieber an wenige, dafür aber fachlich richtige Ausdrücke halten. Die Beurteilung von Haltung und Bewegung des Pferdes Das erste Kapitel ist jenen Begriffen gewidmet, deren Beurteilung zwar immer am Schluss erfolgt, die aber jede Vorführung so maßgeblich beeinflussen, dass sie hier an die Spitze gestellt werden. Ihre Bedeutung ist deshalb so groß, weil sie die ausdrucksvollste Auskunft über die Qualität der Ausbildung des Pferdes geben und diese Qualität ist es eigentlich, die der Dressurrichter zu beurteilen hat. wenn sich im Laufe der Zeit jene so abträgliche Gepflogenheit eingebürgert hat, dass die Feststellungen über die Qualität der Ausführung ohne Hinweise auf die Ausbildungsmängel getroffen werden. So sollte es schließlich doch nicht soweit kommen, dass Richter ihre Hauptaufgabe in der Aufzählung der sichtbaren Fehler anstatt im Erkennen der unsichtbaren Hintergründe sehen. Nicht von ungefähr wird die Reihenfolge jener für die Beurteilung der Haltung oder Bewegung eines Pferdes herangezogenen Begriffe von der Losgelassenheit angeführt. Sie bildet das Grundelement, weil ohne sie jede Einwirkung des Reiters auf Spannung, Aufregung oder andere körperlich oder seelisch bedingte Widerstände stößt, die eine Realisierung der anderen an das Pferd zu stellenden Forderung gar nicht mehr ermöglicht. Auf einen einfachen Nenner gebracht, ist ein Pferd losgelassen. wenn sich kein Teil seines Körpers unnatürlich verspannt und der rhythmische Bewegungsablauf dank der federnden Gelenke und eines schwingenden Rückens in der feinfühlenden Reiterhand spürbar wird. Der körperlichen Losgelassenheit muss die innere, die seelische vorausgehen. Äußerlich sichtbar wird die Losgelassenheit eines Pferdes durch das ruhig im Sattel bleiben Können des Reiters im ausgesessenen Trab, durch einen ruhig und locker getragenen Schweif, der im Takt rhythmisch hin und her pendelt, durch aufmerksame Ohren und einem großen Auge, in dem jeglicher Ausdruck von Unruhe oder gar Angst fehlt. Weiter. wenn die Halsform auch äußerlich eine Linie aufweist, wie sie für das Durchlassen der reiterlichen Hilfe notwendig ist, wenn sich das Pferd auch in den Wendungen nicht im Genick versteift oder verwirft, und wenn schließlich das Maul eine, wenngleich oft nur mäßige, Kautätigkeit vollführt. Wer in der Ruhe des Pferdes das wichtigste Kriterium für dessen Losgelassenheit sieht, wird in der Beurteilung kaum fehlgehen. Losgelassenheit darf aber nicht etwa mit einem Auseinanderfallen des Pferdes verwechselt werden. Dies ist immer dann der Fall, wenn um einer solchen falschen Losgelassenheit willen auf einen entsprechenden treibenden Einsatz von Sitz und Schenkel oder auf den ebenso stets notwendigen federnden Gegenhalt der Hand verzichtet wird. Weil Losgelassenheit aber ebenso in den schwersten Übungen die notwendige Voraussetzung bildet, muss sie sich somit immer mit der für die jeweilige Ausbildungsstufe notwendigen Versammlung verbinden. Man könnte eine echte Losgelassenheit auch mit einer vollen Hingabe der Kräfte des Pferdes an den momentanen Zweck umschreiben. Die Losgelassenheit muss zwar nicht automatisch eine Durchlässigkeit zur Folge haben, aber sie bildet eine sehr wichtige Voraussetzung dafür. Die Durchlässigkeit wird von der Fähigkeit, der für die Fortbewegung wichtigen Gelenke und Muskelpartien bestimmt, alle Reiterhilfen ohne Widerstand und augenblicklich durchzulassen. Sie bildet den eigentlichen Schlüssel zu Schwung, Rittigkeit, Haltung und schließlich Hankentätigkeit. Das Muskelgeflecht des Pferdes verbindet in elastischer Form alle Körperteile untereinander und Kraft dieser Verbindung überträgt sich jede an einen Teil des Pferdes gegebene Hilfe auch auf alle übrigen. Je besser die Durchlässigkeit bei einem Pferd herausgebildet ist, desto nuancierter können die Reiterhilfen gegeben werden und desto auffälliger ist die Wirkung dieser Hilfen. Die Möglichkeit, auch mit leichtesten Hilfen auszukommen, wird durch eine gute Rückentätigkeit besonders unterstützt. Das Ausbildungsziel soll daher immer der korrekte Rückengänger sein. Auch der Gehorsam ist in der Durchlässigkeit verankert. Man kann ihn zu einem eigenen Beurteilungspunkt machen, oder ihn bei der Durchlässigkeit mitbeurteilen. Hier soll auf einen sehr wesentlichen Unterschied bei der Beurteilung der verschiedenen Arten von ungehorsam aufmerksam gemacht werden. Zum einen, ein Pferd kann aufgrund äußerer Einflüsse rein triebbedingt für Augenblicke aus der Kontrolle des Reiters kommen. Ein solches naturbedingtes Verhalten ist keineswegs als ungehorsam zu bezeichnen. Das wichtige Unterscheidungsmerkmal zum wirklichen Ungehorsam muss sein, dass der Reiter schon nach wenigen Augenblicken das Vertrauen des Pferdes und seine Losgelassenheit wieder zurückzugewinnen vermag, was ihm dank einer korrekten Durchlässigkeit ohne über das Maß hinausgehenden Einwirkung möglich sein wird. Zum anderen. Der echte Ungehorsam jedoch entspringt einem seelischen oder körperlichen Widerstand. Hier gibt das Pferd Losgelassenheit meist zur Gänze auf und durch eine damit verbundene unnatürliche Spannung wird auch die Durchlässigkeit infrage gestellt. Dieser Ungehorsam ist als Fehler zu werten, nicht jedoch der erstere. Zum anderen, dann gibt es auch noch den Fall, dass ein Pferd mit seinem Reiter spielt, ohne dass es deswegen seine innere Losgelassenheit verliert. Im Anfangsstadium kann dies fast immer auf Schwächen des Reiters zurückgeführt werden. Später kann eine solche Unart auch dem guten Reiter zu schaffen machen. Solche Fälle werden vom Richter ebenfalls als ungehorsam des Pferdes gewertet werden müssen. Der Schwung kann einem Pferd ebenfalls nur über die Durchlässigkeit abverlangt werden. Auch hier wiederum die Richtigstellung verschiedentlich falscher Ansichten. Manchmal wird ein flott gehendes Pferd als ein schwungvoll gehendes bezeichnet. Das Kriterium des Schwunges dagegen liegt im federnden Abfußen der Beinpaare, wozu eine entsprechend entwickelte und ausgebildete Schub- und Tragkraft, ein genügend schwingender Rücken und eine entsprechende Schulterfreiheit notwendig sind. Eine schwungvoll-elastische Fortbewegung des Pferdes ist ohne eine als Auf- und Abwölbung bezeichnete Rückentätigkeit undenkbar. Fehlend diese Schwingungen, weil entweder der Rücken wegen zu starrer Muskulatur festgehalten wird oder nach abwärts durchgebogen und unter der Reiterlast sich nicht aufzuwölben vermag, ist die elastische Verbindung zwischen Vor- und Hinterhand unterbrochen. Jedes Teil läuft dann für sich, weil der eine dem anderen nicht oder zumindest nicht rechtzeitig zu Hilfe kommen kann. Damit geht auch der energische Schwung der Hinterhand verloren. Der Schwung kann sich sowohl nach vorwärts als auch nach aufwärts entwickeln. Je mehr das Pferd den reiterlichen Hilfen entgegenkommt, desto ausdrucksvoller wird sein Schwung sein. müssen die reiterlichen Einwirkungen sehr kräftig gegeben werden, geht bereits ein Teil des Schwunges durch die Reibung Reiterpferd verloren. Das Geradegerichtetsein wird von allen großen Reitmeistern als eine der wichtigsten Voraussetzungen sowohl für die möglichst weitgehende Ausnützung des in der Hinterhand entwickelten Schwunges als auch für die Beherrschung des Pferdes durch die Beherrschung der Hinterhand bezeichnet. Das gerade Richten des Pferdes kann aber nie ohne Berücksichtigung der bei jedem Pferd vorhandenen natürlichen Schiefe erfolgen. Ihr kann nur über eine vermehrte Gleichgewichtsgewinnung ein schwungvolles Heranfedern an die Hand, ohne dass Letztere allzu aktiv eingreift, sinnvoll begegnet werden. Nicht aber durch ein gewaltsames Zusammenpressen der konvex geformten Muskulatur. haben wir als Richter also ein Pferd vor uns, bei dem die Umformung der konvexen Seite zwar noch nicht sichtbar erreicht wurde, das aber unter Berücksichtigung der schwierigen bzw. weniger schwierigen Seite trotzdem durch schwungvolles Heranreiten an die leicht gegenfedernde Hand zum Gleichgewichtspferd wurde und sichtbar gelöst und durchlässig den Reiterhilfen Folge leistet, sollen wir die Schiefe zwar nicht übersehen, aber nicht besonders negativ bewerten. Der Richter wird sich entscheiden müssen, ob er eine durch übermäßige Zügeleinwirkung zu beheben versuchte Schiefe, die fast immer eine unnatürliche Muskelanspannung und damit Versteifung zur Folge hat, höher einschätzt als eine unter Verzicht auf diese Behebung erhaltene gelöste Gleichgewichtsselbsthaltung. Beides vollendet zu erreichen, gelingt nämlich höchstens einem sowohl in der Theorie als auch Praxis weit fortgeschrittenen Reiter und diese sind selten anzutreffen. Die Selbsthaltung ist ein ganz wichtiges Kriterium dafür, dass ein Pferd keiner künstlichen Stütze durch Zügel und Reiterhand mehr bedarf, sondern auch unter dem Reiter sein Gleichgewicht wiedergefunden hat. Auch hier ist wiederum der Rückengänger dem Schenkelgänger überlegen. Die richtig arbeitenden Rückenmuskeln befähigen das Pferd im selben Maß, als die Hinterhand vermehrt in Richtung Schwerpunkt tritt, die Vorhand zu erleichtern. Und nun zur Versammlung. Um diesen Begriff gibt es die meisten und schwerwiegendsten Denkfehler. Viele Reiter und selbst Ausbilder und Richter bringen diesen Begriff mit einer bestimmten Ausbildungsstufe in Verbindung. Dies ist insofern natürlich, weil man bestimmte Gänge, die erst von einem in der Ausbildung und Vorbereitung entsprechend weit fortgeschrittenen Pferd verlangt werden können, als versammelte Gänge bezeichnet, aber es ist irreführend. Jedes Pferd braucht, soll es den reiterlichen Wünschen entsprechen können, die notwendige körperliche Voraussetzung und Bereitschaft. Es muss stets der jeweiligen Ausbildungsstufe angepasst die Reiterwünsche sowohl verstehen, psychische Voraussetzung, als ihnen auch körperlich nachkommen können, physische Voraussetzung. Erst dann kann ein Gehorsam erwartet werden. Diese Voraussetzung bzw. Bereitschaft erreicht man durch das Versammeln. Die Versammlungsgrade werden natürlich sehr unterschiedlich sein. Ja, müssen dies sogar, weil sich die Körperform erst durch den fortschreitenden Ausbildungsprozess ändert. Aber trotz ihrer Verschiedenheit erfüllt diese natürliche Anspannung des gesamten tierischen Apparates stets die gleiche Aufgabe. Sie versetzt das Pferd in die Lage, im nächsten Augenblick die gewünschte Leistung vollbringen zu können. Es wäre daher richtiger, von verkürzten statt von versammelten Gängen zu sprechen, weil dadurch von der sprachlichen Seite her der Ansicht vorgebeugt würde, es gebe nur in den versammelten Gängen eine Versammlung. Ganz egal, welche Leistung man von einer Feder verlangt, sie wird sie erst zu vollbringen vermögen, wenn sie vorher gespannt wird. Dieser natürliche und wünschenswerte Spannungszustand ist somit überhaupt erst Voraussetzung für jede Leistung. Je größer die verlangte Leistung, desto kräftiger muss vorher gespannt bzw. versammelt werden. Da aber jede Leistung ihren Ausgang von der Hinterhand nehmen muss, müssen dort auch die Federn gespannt werden. Der Versammlungsgrad zeigt sich also nicht, wie viele irrtümlich glauben, an der Beizäumung, d.h. an einer Kopfhaltung, bei der sich die Stirnlinie der Senkrechten nähert, sondern in der mehr oder weniger gelungenen Vorbereitung der Hinterhandsgelenke. Die korrekte Beizäumung ist zwar eine Voraussetzung, damit die versammelnden Zügelhilfen ihren Weg bis zu den Hinterbeinen finden können, aber sie ist keineswegs der äußerlich sichtbare Ausdruck der inneren Versammlung. Leider wird diese Beizäumung immer wieder mit Versammlung verwechselt und in unteren Ausbildungsstufen daher abgelehnt oder zumindest darauf verzichtet. Ein solcher Fehler lässt sich aber später nur sehr schwer und meist nur mit großem Zeitaufwand wiedergutmachen. Weil dieser Begriff Beizäumung im heute gültigen Vokabular der Reitersprache nicht mehr enthalten und daher vielen jüngeren Reitern und Richtern unbekannt ist, sei etwas näher darauf eingegangen. Die Beizäumung wird von zwei sehr wichtigen Komponenten beeinflusst, der Genickbiegung und der Halsformung. Ohne dass diese beiden in Ordnung sind oder in Ordnung gebracht wurden, kann es kein durchlässiges Pferd geben. Je länger man mit der damit verbundenen Arbeit zuwartet, desto schwieriger wird sie. Ein Richter also, der hier aufscheinende Mängel nicht erkennt oder sie der gestatteten freieren Haltung des jungen Pferdes zuschreibt, trifft ein Fehlurteil. Allerdings wurde in der Vergangenheit auf diesem Gebiet leider viel Porzellan zerbrochen, weil manche Lehren Großermeister nicht verstanden oder falsch interpretiert wurden. werden bei der sogenannten passiven Beizäumung, die vom Pferd mitgebrachten Anlagen zunächst der Ausbildung zugrunde gelegt und mit entsprechend geschulter Einwirkung das Angebotene immer mehr und mehr verbessert, was natürlich einen größeren Zeitaufwand und unter Umständen sogar den Verzicht auf Vollkommenheit fordert, wird das Pferd durch die aktive Beizäumung zu formen versucht. Hierbei muss allerdings nicht selten vorübergehend auf ein gelöstgehendes Pferd verzichtet und eine Aufregung oder seinen Widerstand in Kauf genommen werden. Wurde das ungeschriebene Gesetz, das sich an eine solche Aufgabe nur ein Könner wagen solle, durchbrochen, gab es dann jene Bilder, die der Schulreiterei sehr zu Unrecht viel üble Nachrede eingetragen hat. Nur ein Könner vermag nämlich abzuschätzen, ob seine Fähigkeiten dazu ausreichen, einem Widerstand erfolgreich zu begegnen. Oft müssen dabei Kämpfe zwischen Reiter und Pferd die logische Folge des Aufbäumens gegen unangenehme Forderungen nicht nur angenommen, sondern auch durchgestanden werden. Jede Forderung eines Ausbilders oder Reiters an das Pferd, die über das Maß, das von den Anlagen her leicht verkraftbaren hinausgeht, verlangt nun einmal ein erhöhtes Maß an Gehorsam und Unterordnung, beides muss dem Pferd abverlangt werden. Allerdings, und das ist der gravierende Punkt, darf der Ausbilder oder Reiter dabei niemals, wie der besseren oder mangels fehlenden Wissens, Nichtkönnen mit Nichtwollen verwechseln. Der Richter wird auch in diesem Fall wiederum beurteilen müssen, welche Art Reiter er vor sich hat, ob einen Könner, der am richtigen Weg aber noch nicht am Ziel, oder einen Dilettanten, der mit untauglichen Methoden am untauglichen Objekt arbeitet. Wer zu seinem obersten Grundsatz macht, schon vom ersten Tag der Ausbildung an das gesamte Pferd und nicht nur einen Teil des Ganzen zu beachten, wird am wenigsten fehlgehen. Und was für den Ausbilder gilt, muss auch für den beurteilenden Richter gelten. Er muss das Pferd ebenfalls in seiner Gesamtheit beurteilen. Das heißt, er darf sich nicht durch das Verhalten oder den Bewegungsablauf eines Körperteils so beeinflussen lassen, dass er die wirklichen Zusammenhänge außer Acht lässt. Jedes Gelingen oder Nichtgelingen einer Aufgabe hat Hintergründe, die in sehr vielen Fällen im Augenblick gar nicht sichtbar werden, sodass die Assoziation mit dem Augenblick nur vom wirklichen Fachmann hergestellt werden kann. Diese Fähigkeit aber soll jeder Dressurrichter zu erreichen trachten. Ohne sie wird er stets nur Registrator von Fehlern bleiben. Mit solchen Richtern ist aber dem Reiter nicht geholfen, sondern dieser braucht Ratgeber, die auch die Gründe des Fehlers und die Schritte kennen sollen, die zu einer Behebung oder Besserung führen könnten. Die Versammlung des Pferdes ist daher ein so wichtiger und vor allem ununterbrochener Vorgang im Körper dieses Tieres, dass ein nur oberflächliches Verständnis für die Kriterien dieses Begriffes, meist, wie dies bereits angedeutet wurde, leicht zu falschen Einschätzungen führt. Es muss daher wenigstens etwas näher auf die Geburtsstätte der Versammlung, nämlich die der Hinterhandinnerwohnenden Kräfte eingegangen werden. Die beim rohen Pferd fast ausschließlich verwendete Kraft ist die Schubkraft. Sie ist imstande, der schweren Massepferd denjenigen Schwung zu verschaffen, dass sie sich auch im Trab oder im Galopp fortbewegen kann. Die ausschließlich nach vorn wirkenden Federn werden bei jenem Auffußen durch das Eigengewicht des Tieres soweit gespannt, dass der nächste Tritt oder Sprung gesichert ist. Bei dieser Schwungenentwicklung nach vorn helfen alle Körperteile mit, auch der Kopf und Hals. Soll nun unter dem zusätzlichen Reitergewicht dieser Schwung nach vorn erhalten bleiben, So muss nicht nur der Reiter entsprechend mitgehen, sondern das Pferd muss beim Aufhusen die Federn vermehrt spannen, um mit deren Hilfe das Gewicht wieder nach vorn werfen zu können. Ein stärkeres Spannen der Federn erfolgt aber beim nicht-gymnastizierten Pferd nicht durch das Zusammendrücken der Hinterhandgelenke, sondern das Pferd ist gezwungen, sich den Schwung aus einem größeren Aktionsradius der noch sehr gestreckten Hinterbeine zu holen. Das Extrem ist beim Renngalopp zu sehen. Je mehr die Gymnastizierung dieser Hinterhandsgelenke fortschreitet, desto mehr kommen neben der Schub auch die Tragkraft zum Wirken und mit der Zeit kann der Schwung auch ohne größeren Raumgewinn erhalten bleiben. Versammelte Gangarten. Mit Anlehnung bezeichnet man grob gesprochen die Verbindung zwischen Reiterhand und Pferdemaul. Man kennt in der Reitersprache eine weiche oder harte, eine feste oder leichte und ebenso den Begriff der fehlenden Anlehnung. Nun soll die Anlehnung nicht von der Reiterhand erzeugt, sondern durch das Zusammenspiel aller Hilfen vom Pferd angeboten und das Pferd vom Reiter darin erhalten werden. Ihr Grat wird, ja darf gar nicht immer der gleiche sein, sondern er muss vor allem dem vom Pferd Verlangten angepasst sein. Sehr eng mit der Anlehnung sind die Begriffe am Zügel und hinter dem Zügel verbunden. Allerdings lassen sich hier nicht die Gründe anführen, die dazu führen. Der Dressurrichter muss jedoch wissen, dass die richtige Anlehnung bzw. eine falsche oder fehlende der Ausdruck einer fehlerhaften Ausbildung oder einer falschen oder mangelhaften Einwirkung des Reiters ist. Wenn Gleiches kaum möglich sein wird, im Protokoll und noch weniger im Notenbogen auf die Gründe einzugehen, sollte der Richter diese Gründe in seinem Urteil berücksichtigen. Zu sehr divergienden Auffassungen kommt es oft auch bei der Beurteilung der Kadenz. Von ihr wird nur beim Trab oder Gängen mit gleicher Fußfolge und beim Galopp gesprochen, nicht aber beim Schritt. der akzentuiert oder korrekt im Takt, nicht aber kadenziert sein kann. Die Kadenz verlangt vom Pferd ein sehr gut entwickeltes Balancevermögen, dass es ihm ermöglicht, die abfußenden Beine einen Gedanken länger in der Luft zu lassen, wodurch für das Auge des menschlichen Zuschauers der Eindruck vermehrter Erhabenheit der Bewegung entsteht. Aber auch der gefühlvolle Reiter wird den Unterschied zwischen einem kadenziert gehenden Pferd und einem, dem diese Fähigkeit fehlt, im Sattel zu spüren vermögen. Die Kadenz wird man nur bei Pferden erwarten können, die zumindest im ausgewogenen Gleichgewicht gehen. vermehrt aber bei Pferden, deren Hinterhand bereits entsprechend engagiert ist, niemals aber bei Pferden, die auf der Vorhand gehen. Zum Beispiel hat ein schwungvolles Ausweichen der Hinterbeine nach oben oder zur Seite bei gleichzeitigem Kleben der Vorderbeine am Boden, wie es sehr oft in Piaffen zu sehen ist, nichts mit Kadenz zu tun. Ein Richter also, der die Kadenziertheit der Gänge festzustellen vermag, wird gleichzeitig auch beurteilen können, ob ein Pferd im Gleichgewicht geht oder nicht. Beides, Gleichgewicht und Kadenz, werden in der Regel durch systematische Ausbildung erreicht. Nur wenige Pferde werden imstande sein, schon in der ersten Phase ihrer Ausbildung beides wieder zu erreichen, weil mit Ausnahme besonders gut veranlagter Pferde sich alle erst mit dem Reitergewicht abfinden müssen, um schließlich neuerlich mit Hilfe des feinfühlenden Reiters zum Rückengänger zu werden. Eine weitere Möglichkeit ist die, dass ein Pferd im Normaltrab sein Gleichgewicht bereits wieder gefunden hat, beim Verstärken jedoch dieses einschließlich der Kadenz verliert und zu laufen beginnt. Dies ist ein sicheres Zeichen dafür, dass dieses Pferd durch diese Übung überfordert ist. Auch das Davonstürmen bei Galoppverstärkungen lässt den gleichen Schluss zu. Das heißt, das Pferd besitzt noch nicht genügend Kraft, den Schwung aus der Hinterhand zu entwickeln, sondern braucht dazu den Schwung aus der ganzen Masse. Es gibt leider Richter, die der Kadenz und den daraus resultierenden Erkenntnissen nicht die notwendige Beachtung beimessen. Zusammen mit dem Gleichgewicht bildet sie jedoch die wichtigste Voraussetzung für eine korrekte Verstärkung. Die Grundlage für das gerade Gerichtetsein auf einfachem Hufschlag sowie später für die Seitengänge bildet die korrekte Biegung und die daraus resultierende richtige Stellung. Das Biegen ist ein sehr wichtiger und ernstzunehmender Ausbildungsvorgang, weil die einzelnen Gelenke- und Wirbelverbindungen nicht von vornherein so eingerichtet sind, dass die Anforderungen des Reiters ohne weiteres erfüllt werden können. Bringt man sie nicht durch sinnvolles Gymnastizieren dorthin. sondern bedient man sich ihrer in unvorbereitetem Zustand, erzeugt dies beim Pferd unangenehme Zustände, ja, oft sogar Schmerzen, und zwingt das Pferd zum Widerstand. Neunzig Prozent aller Widerstände sind darauf zurückzuführend, und nur der kleinere Rest wird mit einem aus Charaktermängeln resultierenden Ungehorsam begründet werden dürfen. Viele Hirschhälse werden erst durch unsachgemäße Ausbildung richtig herausgebildet. Auch die seitliche Biegung fällt nicht jedem Pferd gleich leicht. Eine Seite macht meist größere Schwierigkeiten als die andere. Hier soll noch einmal die Tatsache ins Bewusstsein gerückt werden, dass jedes Pferd von Hause aus mit einer natürlichen Schiefe, d.h. mit einer konvexen und einer konkaven Seite behaftet ist. Die Konvexe kann man auch als Feste, die Konkave als Hohle bezeichnen. Dagegen wird bereits die Einstufung in eine schwierige, für die meisten die feste Seite, und eine weniger schwierige, in die Hohle, Problematisch, weil manche eine Seite, die man mit dem Zügel anzufassen vermag, als weniger schwierig, die Hohle dagegen, die dem Reiter allzu sehr entgegenkommt, sodass er nichts in der Hand hat, als schwierig bezeichnet. Jedenfalls kann durch gewaltsame Handeinwirkung die Festigkeit einer Seite nie für dauernd behoben, sondern höchstens unter Inkaufnahme einer unnatürlichen Spannung für den Augenblick korrigiert werden. Eine Dauerbehebung dieser Schwierigkeiten ist keineswegs einfach und verlangt ein entsprechendes theoretisches Wissen und praktisches Können. Stellungsfehler dürfen daher ebenfalls vom Richter nicht nur lakonisch registriert werden, sondern sie müssen ihn automatisch zu weitergehenden Schlüssen zwingen. Nun noch ein gewichtiges Wort zu den in den FEI-Aufgaben mit der Überschrift Gesamtnoten bezeichneten zusammenfassenden Beurteilung jener Fakten, die den eigentlichen Ausdruck einer reiterlichen Vorführung bestimmen und die auch für den Eindruck ausschlaggebend sind, die eine solche beim Zuschauer hinterlässt. Allein durch die Aufnahme dieser Gesamtnoten in den Notenbogen sollte der Wunsch zum Ausdruck gebracht werden, man möge trotz der vorausgegangenen Beurteilung der einzelnen Detailaufgaben nie den Gesamtausdruck übersehen. Dass dieser Wunsch aber in der Praxis nicht erfüllt wird, ja nicht erfüllt werden kann, hat mehrere Gründe. Es sollten jeweils mit einer Note so eminent ausschlaggebende Dinge wie zum Beispiel Reinheit der Gänge, Ungebundenheit und Regelmäßigkeit oder Schwung, Frische, Elastizität der Bewegung, Rückentätigkeit und Engagement der Hinterhand oder Gehorsam des Pferdes, Aufmerksamkeit und Vertrauen, Harmonie, Losgelassenheit und Durchlässigkeit, Maultätigkeit, Anlehnung und natürliche Aufrichtung, schließlich Sitz und Einwirkung des Reiters, Korrektheit in der Anwendung der Hilfen beurteilt werden. Abgesehen davon, dass nicht jeder, der in den einzelnen Paketen enthaltenen Begriffe automatisch den anderen einschließt, so dass zum Beispiel eine Losgelassenheit aber deswegen noch lange keine perfekte Durchlässigkeit oder zwar eine Anlehnung vorhanden sein kann, aber die natürliche Aufrichtung noch sehr mangelhaft ist, müssen zum Teil sogar sehr unterschiedliche Dinge mit einer Note beurteilt werden, ohne dass der Reiter nun zu wissen bekommt, worauf sich diese Note bezieht. Zum Beispiel lastet man die Unreinheit der Gänge meist den vom Pferd mitgebrachten Anlagen an, wogegen die Ungebundenheit sowohl vom Exterieur, aber ebenso von der Ausbildung her beurteilt werden muss. Die Regelmäßigkeit aber ist fast ausschließlich Ausbildungssache. Besonders nachteilig wirkt sich diese Einzelnote bei ihrer Anwendung für Sitz und Einwirkung des Reiters aus. Die zweifellos richtige und sinnvolle Überlegung, dass bei einem Notendurchschnitt von 5 Sitz- und Einwirkung des Reiters nicht die Note 8 verdienen, von einem Großteil der Richter Besitz ergriffen hat, kann mit einer Einzelnote für eine so wichtige Beurteilung trotzdem so gut wie gar nicht ausgedrückt werden. Sicherlich ließe sich hier wie ebenso bei anderen Paketen mit Worten wesentlich mehr sagen als mit einer bloßen Note. Eine weitere Erschwernis bildet die Zeitnot, die dem Richter ein nochmaliges Überdenken und Einstufen des Gesehenen kaum mehr möglich macht, sodass diese Endnoten mehr gefühlsmäßig gegeben werden müssen. Diese Ratschläge hier haben jedoch nicht die Aufgabe, Verbesserungen oder Änderungen vorzuschlagen, sondern dem Richter zu helfen, den gegenwärtigen, gültigen Regeln zum Besten des Reiters möglichst optimal gerecht zu werden. Für die Benotung der einzelnen Pakete des Gesamteindrucks müssen daher Form und Text der heute verbindlichen Notenbögen zugrunde gelegt werden und als zweckmäßiger Weg könnte aufgezeigt werden. Zu 1 Wie bereits erwähnt, sind in diesem ersten Paket Begriffe vereint, die zum Teil völlig verschiedene Hintergründe haben können. Ist man also gezwungen, einen Paketteil besonders hervorzuheben, wird man ihn unterstreichen, damit der Reiter weiß, dass sich die Note in erster Linie auf ihn bezieht. Falls sich kein gravierender Mangel oder ein besonders hervorstechendes Positivum zeigt, wird man für alle diese Schlussnotenpakete die Regel anwenden, dass die Note dem Durchschnitt der bei den Einzelleistungen erzielten Noten entsprechen soll, zu zwei, die für den Schwung gültigen Kriterien wurden bereits erörtert. Allerdings vermag der in diesem Punkt enthaltene Begriff der Frische vielleicht manchen zu der falschen Annahme verleiten, dass damit die Frische des Pferdes und ein womöglich damit verbundener, ungeregelter Tatendrang verstanden ist. Hier liegt jedoch der Beurteilungsschwerpunkt ausschließlich auf der Rückentätigkeit und dem Engagement der Hinterhand. Nur ein daraus entstehender Schwung ist ein für die Richter positiver. Jedes Eilen bzw. Schnellerwerden des Schenkelgängers ist negativ zu beurteilen. Das Unterstreichen besonders auffallender Merkmale ist ebenfalls wiederum zweckmäßig. Zu drei. In diesem Paket sind eine Menge Begriffe zusammengefasst, von denen jeder für sich besondere Kriterien enthält, sodass man sie so gut wie unmöglich mit einer Note gerecht beurteilen kann. Daher nimmt man als Note wiederum den Mittelwert des Notenbogens und unterstreicht alle Begriffe, auf die der Reiter aufmerksam gemacht werden soll. Man kann über den einzelnen Begriffen dann noch mit der Hand ein positives oder negatives Attribut einsetzen. Für mehr ist leider nicht Platz. Zu 4 Dieses Paket kann ebenfalls nur mit einer dem Durchschnitt der übrigen Noten entsprechenden Note beurteilt werden. Da für den Richter die Beurteilung des Sitzes und der Einwirkung des Reiters immer wieder notwendig ist, soll hier jedoch ausführlich darauf eingegangen werden. Durch die sprachliche Trennung von Sitz und Einwirkung. Unterliegen manche Richter dem Trugschluss, den Sitz ausschließlich nach Äußerlichkeiten zu beurteilen und danach seine Qualität zu bestimmen. Der Sitz wird dagegen immer korrekt sein, wenn das Pferd diese Korrektheit für den Zuschauer bestätigt. Das heißt mit anderen Worten, Es können einmal die zu Unrecht in eine Schablone gepressten Kriterien scheinbar fehlen, und trotzdem ist die Vorführung harmonisch. Andererseits kann ein von der Statur und Natur her begnadeter Reiter elegant wirken, in Anbetracht der Passivität seines Sitzes aber wird der Vorführung Schmelz, Ausdruck und Qualität fehlen. besonders dann, wenn höhere Anforderungen gestellt werden. Der Dressurrichter darf sich daher nie von reinen Äußerlichkeiten beeindrucken lassen, sondern muss den Sitz und selbstverständlich auch die übrigen Einwirkungen anhand der Qualität des Gezeigten beurteilen. Die höchste Note müsste jene Einwirkung erhalten, die unsichtbar ist. Aber gerade weil viele Reiter nur über einen mangelhaften, unwirksamen Sitz verfügen, versuchen sie dies durch vermehrte Einwirkung mit Hand und Schenkel auszugleichen. Allerdings ist ein solches Wollen fast immer zum Scheitern verurteilt, weil ein wirkungsloser oder gar falscher Sitz durch keine Hilfe ersetzt oder ausgeglichen werden kann. Dies muss für den Richter die wichtigste Regel bei der Beurteilung von Sitz und Einwirkung sein.

[SPEAKER 2]Das beschließt den ersten Teil dieses Hörbuchs. Am morgigen Samstag kommt dann Teil Nummero 2 von Dressurlehre für Reiter und Turnierrichter von Kurt Albrecht, gesprochen von Legende Hans-Heinrich Isenbarth.

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