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#40 Steve Guerdat über Missstände im Springsport

Als sich Steve Guerdat im Jugendalter zwischen Fußball und Reitsport entscheiden musste, stand für ihn sofort fest: der Springsport soll es sein! Was den Olympiasieger und amtierenden Weltranglisten-Ersten bis heute am Reiten fasziniert und warum für ihn letztendlich die Beziehung zu seinem Pferd über Sieg oder Niederlage entscheidet, das erfährst du in dieser wehorse Podcastfolge.

Dabei geht der Schweizer mit seinem Sport auch hart ins Gericht. Im Interview mit Christian Kroeber kreidet er an: „Der Turniersport ist elitär geworden.“ Diese Entwicklung beklagt Steve Guerdat aber nicht einfach nur. Als fairer Sportsmann scheut er nicht vor drastischen Gegenmaßnahmen. Wie er sich für mehr Chancengleichheit auf dem Weg in den Spitzensport einsetzt und welche Turniere für ihn den echten Sport repräsentieren, beschreibt er offen in diesem Podcast.

Echte Leidenschaft und fairer Sportsgeist prägen dieses Interview. Aber auch ein streitbares Thema wird angesprochen: der Schlaufzügel. Seinen Einsatz sollte jeder Reiter für sich selbst kritisch hinterfragen.

Podcast Transkript

Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.

[SPEAKER 2]Herzlich willkommen zur neuesten Folge des wehorse Podcasts. In dieser Woche traf ich die amtierende Nummer 1 der Springreit-Weltrangliste, den Schweizer Steve Guerdat. Er ist zweifelsohne einer der talentiertesten Reiter der Welt, Olympiasieger von 2012 und Gewinner vieler, vieler großer Preise. Aber er ist auch jemand, der etwas über das Reiten an sich und den Sport zu sagen hat. Schon in der Vergangenheit ist er als Athlet mit einer klaren Haltung aufgetreten und geht auch mit seinem eigenen Sport durchaus hart ins Gericht. Insbesondere die Kommerzialisierung des Sports kreidet er an. Daneben gab Steve einen Einblick in seine Philosophie der Pferdeausbildung und welche Schwerpunkte er insbesondere bei der Arbeit und Ausbildung junger Pferde legt. Wir haben im Gespräch, das wir auf dem Hofgut Alpführen geführt haben, auch über das durchaus heikle Thema des Schlaufzügels gesprochen. Auch hier hatte er eine klare Haltung, aber ich bitte jeden von euch, euch ein eigenes Bild darüber zu machen. Bevor es losgeht noch der Hinweis auf unsere neu gegründete Facebook-Gruppe zum Thema Ausbildung von Pferd und Reiter. Dort tauschen wir uns mit euch zu allen Themen aus, die euch bewegen. Ihr könnt die Community nach Tipps und Tricks fragen, mitdiskutieren und mit dabei sein. Der Gruppenname lautet passenderweise Ausbildung von Pferd und Reiter die Community. Ausbildung von Pferd und Reiter die Community, die neue Facebook-Gruppe für alle Reiterinnen und Reiter. Also, auf geht’s! Heute sind wir auf dem Hofgut Alpführen im Süden Deutschlands, quasi vor den Toren Zürichs. Und ich freue mich heute einen der besten Springreiter der Welt bei mir zu haben, die amtierende Nummer 1 der Weltrangliste. Hallo Steve Guerdat.

[SPEAKER 1]Guten Tag.

[SPEAKER 2]Schön, dass du bei uns bist im wehorse-Podcast. Du bist ein absolutes Springreiter. Wie gesagt, derzeit die Nummer 1 der Weltrangliste. Viele, viele große Preise gewonnen. Olympisches Einzelgold unter anderem auch. Was ist für dich die Faszination Springreiten? Was macht für dich Springreiten aus?

[SPEAKER 1]Ich glaube, es sind zwei Seiten an dem Ganzen. Das Erste und das Wichtigste, das Pferd. Das ist diese ganz spezielle Beziehung zu dem Tier. Pferde sind Tiere, die mir immer fasziniert haben seit meiner Kindheit. Mein Vater war ein Springreiter, also wir hatten ja immer Pferde zu Hause. Und ich war immer fasziniert vom Pferd und habe immer gedacht, Ich wollte etwas später machen, was mit Pferden zu tun hat. Schon jung war ich begeistert vom Sport. Ich habe als Kind ganz viele Sportarten betrieben. Ich war sehr interessiert am Fussball, am Tennis, am Eishockey. was um Sport geht und ziemlich schnell als ich dann so meinen Weg gezeichnet mit Pferd auf einer Seite, Sport auf der anderen Seite, dann fühle ich mich so ziemlich wohl in dem Pferdesport. Und dass ich eben so jeden Tag, kann meinen Tag zusammen mit meinen Pferden verbringen, das ist einfach mein Leben. Gleichzeitig kann ich das als Sport treiben und diese Kompetitivität, die mich auch so anmacht. Das sind die zwei Hauptpunkte, warum mich der Pferdesport immer so begeistert hat.

[SPEAKER 2]Dein Vater Philipp, höchst erfolgreicher Springreiter, auch Olympiateilnehmer. War es für dich denn immer klar, dass du auch diesen Weg einschlagen wirst? Du hast ja gerade auch berichtet, Fußball, Eishockey, viele andere Dinge haben dich auch oder begeistern dich auch bis heute.

[SPEAKER 1]Ja, ich habe nur noch Erinnerungen, als ich sehr jung war. Mein Pferd am Olympiade. Da hatten wir noch Fernsehen in dem Schlafzimmer von meiner Mutter geholt und mit in der Nacht aufgestanden, um das live zu schauen.

[SPEAKER 2]Welche Olympiade war das?

[SPEAKER 1]Das war Seoul.

[SPEAKER 2]Ok, 1988 in Seoul.

[SPEAKER 1]Das war schon cool, seinen Vater so live zu sehen und als er zurückkam zu meinem riesigen Empfang, da habe ich schon gedacht, es wäre cool, wenn ich auch mal das machen kann. Aber in dem jungen Alter war ich auch wirklich vom Fußball fast noch mehr begeistert, weil als Kind ist es manchmal einfacher, mit anderen Kindern zusammen Spaß zu haben und nicht praktisch allein in seiner Reithalle am Abend nach der Schule. Das kann manchmal so ein bisschen langweilig werden und dann hatte ich schon fast mehr Fußball gespielt als geritten. Aber es kam mal ein Punkt, wo eigentlich beide Disziplinen recht gut gelaufen sind und so erfolgreich bei den Junioren und dann irgendwann mal hat ein haben dann meine Eltern gesagt, entweder Fußball oder Reiten, aber du musst dich entscheiden. Also machst du eine Disziplin 100 Prozent und nicht zwei beim 50 Prozent. Ich musste keine Minute überlegen, es war klar reiten, obwohl ich irgendwo das Gefühl hatte, dass Fußball mir fast mehr Spaß macht in dieser Zeit. Aber ich habe mich dann automatisch für das Springreiten entschieden und ich habe es bis jetzt noch nicht bereit.

[SPEAKER 2]Ist es denn auch besonders schwer vielleicht manchmal, wenn man so einen besonders starken und großen Vater hat? Es gibt ja genügend Beispiele. Ingrid Klimke beispielsweise, der Vater Rainer, Lichtgestalt des deutschen Dressursports. Es gibt bestimmt auch viele andere Namen. Ist das Fluch oder ist das Segen, wenn man einen Vater hat, der auch so dominant dann ist?

[SPEAKER 1]Ich glaube, als Kind kann es ab und zu schwer sein in der Schule, wenn natürlich viele Jungen dann eifersüchtig sind, was auch normal ist in diesem Alter, oder? Und ja, die denken schon, dass es eigentlich nur möglich ist oder nur geht oder dass man nur selber Erfolg hat, weil sein Vater schon so war, oder? Und dann muss man ab und zu dann die Zähne zusammenbissen und einfach Ohren zu machen und weiter arbeiten, um dann denen alle zu beweisen, dass man das doch verdient hat und nicht nur verschenkt bekommen hat. Aber eben das ist Wenn ich jetzt da zurückschaue, das sind ja wirklich minimale Probleme. Es kann mal als Kind schwer sein, aber es ist eigentlich mehr als ein Vorteil als ein Nachteil, wenn man in der Familie den Weg schon kennt und dass man natürlich Türen früher öffnet. Der Weg ist immer da, ist für jeden möglich, aber wenn sein Vater schon erfolgreich war, dann kennt er natürlich schon den kürzeren Weg, um an den Erfolg heranzukommen.

[SPEAKER 2]Bist du denn von den anderen Sportarten weiterhin begeistert? Also spielst du bis heute auch Fußball oder auch andere Sachen?

[SPEAKER 1]Ja, ich treibe viel Sport. Ich habe bis vor drei Jahren noch regelmäßig Fußball gespielt in einer Mannschaft, aber wegen der Verletzungsgefahr habe ich es dann irgendwann mal sein lassen. Aber ich spiele sonst noch viel mit Kollegen oder Tennis dann auch. Sicher eine gute Stunde am Tag, immer am News und Resultat lesen über jede Sportart, die es gibt.

[SPEAKER 2]Welcher Fußballverein?

[SPEAKER 1]Also in Deutschland wäre es Borussia Dortmund.

[SPEAKER 2]Sehr gut, sehr gut Stil.

[SPEAKER 1]Chapuiza damals oder Schweizer. Ja, stimmt. Champions League gewonnen und sonst war ich immer schon ein großer Barca-Fan.

[SPEAKER 2]Ich bin tatsächlich auch Dortmund-Fan und damals auch in der Zeit mit Stéphane Chapuisat, als 1997 die Champions League gewonnen wurde. Findest du denn Zeit für diesen Ausgleichssport? Ich meine, wir haben vor dem Podcast kurz schon drüber geplaudert, eigentlich bist du ja nur Montag bis Mittwoch zu Hause, ansonsten bist du on the road auf den großen Turnieren. Wie findet man dafür Zeit?

[SPEAKER 1]Am Abend, wenn die langen Tage vorbei sind, habe ich eine super Gruppe zuhause und meine Angestellten sind eigentlich auch meine Kollegen oder meine Freunde und dann gehen wir zusammen noch Jutten oder Tennis spielen oder sonst noch was.

[SPEAKER 2]Du bist so gut beritten wie fast wenige Reiter weltweit, also du hast fast vier bis fünf Pferde, die auf höchstem Niveau gehen können, bist aber gleichzeitig auch dafür bekannt, Pferde, mit denen vielleicht andere nicht klarkommen, auch in deine Richtung zu bringen. Was macht für dich ein erfolgreiches und für dich gutes Pferd aus?

[SPEAKER 1]Ich glaube, dass oft sucht man vielleicht zu viele das perfekte Pferd oder man denkt, dass wenn die Pferde erfolgreich sind, ist es nur, weil die einfach so gut sind. Ich bin nicht unbedingt dieser Meinung. Ich glaube, dass die meisten von den Pferden sowieso die, die auf unserem Niveau mit sechs, sieben Jahren die richtige Ausbildung hatten, dass sie irgendwo, wenn man den Weg von jedem Pferd findet, dann hat man eine sehr große Chance, das Pferd bis auf Grand Prix Niveau zu bringen. Dass die Pferde über 1,50 m springen, ist für das Tier, glaube ich, keine Ausnahme. Ich sage nicht, es ist einfach für das Pferd, aber aus dem Steg kann das Pferd über 1,50 m springen. dann ist es wirklich, ich habe immer das Gefühl, dass es viele Reiter sind, die zu wenig dran glauben an den Pferden, weil es vielleicht am Anfang nicht so gut klappt oder weil es ein bisschen länger dauert und vielleicht die Geduld nicht immer da ist. Bei mir war es meistens so, dass ich einfach mitgemacht habe, was ich hatte. Ich habe immer daran geglaubt, dass es bis ganz oben klappen wird. Es geht nicht immer, aber immer wieder klappt es. Viele Pferde, die Leute vielleicht nicht daran glaubten, zeigen am Schluss, dass sie es schaffen, wenn man ihnen auch eine Chance gibt. Man sieht oft, dass wenn das beste Pferd sich verletzt, dass auf einmal alle anderen Pferde besser werden. Dann muss man halt alle Pferde wie das erste Pferd behandeln und dann hat man vielleicht nicht nur ein Top-Pferd, sondern kann auch ab und zu mal vier, fünf oder sechs Top-Pferde haben, wie es zum Beispiel bei mir im Moment ist. sind alle Pferde, die schon länger hatten, sind ganz sicher nicht jetzt Pferde, die schon auf diesem Niveau waren und sind viele von diesen Pferden, wo viele Leute nicht dran glaubten, dass sie den ganzen Weg machen würden. Aber ich selber habe mich eigentlich immer nur überrascht, wenn einer sagt, hätte ich nie gedacht, dass das Pferd das macht oder so. Ich habe immer gedacht, warum würde er das nicht machen? Es wäre für mich eine größere Überraschung, wenn er nicht dahin gekommen wäre. Als ich das Pferd zum ersten Mal gesprungen habe, habe ich gemerkt, dass er auch über 1,50 m springen kann. Dann muss man ihm die Erfahrung geben, bis er das regelmäßig und mit Selbstvertrauen immer wieder wiederholen kann. Und ich glaube, wie gesagt, die besten Pferde sind schon Ausnahmeathleten, die etwas extra haben, aber man kann trotzdem mit anderen Pferden den Weg machen und auch auf dem großen Preisniveau sehr erfolgreich sein.

[SPEAKER 2]Du hast gerade die Ausbildung angesprochen, natürlich die Basis von allem. Was macht für dich eine gute Ausbildung eines Pferdes aus? Wo beginnt das?

[SPEAKER 1]Das ist auch wieder vielleicht, wo meine Meinung etwas anders ist. Es sind viele, die glauben, eben schon jung muss das Pferd alles richtig machen können. Ich bin nicht unbedingt dieser Meinung. Ich finde, dass die Pferde vor allem Spaß an der Sache haben müssen. Man merkt auch bei den Menschen, ich weiß nicht auf Deutsch, aber auf Französisch sagt man immer, Jungen muss auch mal passiert sein.

[SPEAKER 2]Also man muss auch Fehler zulassen.

[SPEAKER 1]Ja, man muss Fehler zulassen, aber man muss auch Seich machen. Und aus diesen Fehlern muss man was draus lernen. Und eben der Spaß der Jungen, der gehört auch zur Lebendentwicklung. Und ich glaube bei den Pferden ist es in meiner Meinung auch so. Wenn das Pferd fünfjährig einfach immer alles schon fast wie eine Maschine machen soll und eigentlich alles perfekt, verliert er seinen Spaß an den Sachen. Ich habe lieber ein Pferd, wo vielleicht etwas schwieriger ist zum Kontrollieren, nicht alles unter Kontroll ist, aber wo das Pferd dann wirklich zeigt, dass er Freude bei den Sachen hat und dass er wenn er springt, nicht weil er springen muss, sondern weil er springen möchte. Die Freude vom Pferd ist für mich, besonders als junges Pferd, viel wichtiger als die Tresur, die Kontrolle, die ich vom Pferd haben möchte.

[SPEAKER 2]Wann sollte ein Pferd anfangen zu springen? Ist das individuell zu beurteilen?

[SPEAKER 1]Ja, es ist individuell. Ich bin kein junger Pferdespezialist. Vierjährige sind selten schon bei mir. Es ist auch ein anderes, sehr schwieriges Job, junge Pferde gut auszubilden. Aber ich bin sowieso der Meinung, bis Ende sechsjährig sollten die Pferde nicht zu viel springen und auch nicht unbedingt zu viel arbeiten, sondern das Hauptsache sollte wirklich Freude und Spaß sein. ab sieben jährig dann bisschen regelmäßiger. Und wenn ich sehe heute, dass viele Achtjährige schon großen Preis geben, finde ich eigentlich, dass persönlich zu früh Achtjährige gibt es eigentlich noch Jüngstertour. Das heißt, die Kategorie von Achtjährigen sollte ja Jüngstertour sein und nicht großen Preis. Und heute hat man das Gefühl, wenn ein Pferd Achtjährig Jüngstertour geht, geht er da nur wieder um einfachere, kleinere Sprünge zu gehen. Aber eigentlich ist das für sein Sprungalter. Und er sollte eigentlich nur zu Sprüngen gehen, also bis 1,45. Und dann ab neunjährig, wenn der Weg richtig war, dann etwas mehr pushen. Und ich glaube, wenn das wirklich in dem großen Sport geht, erst mit zehn, vielleicht das Jahr, wo man länger gewartet hat, kann man dafür einen extra drei Jahre später haben.

[SPEAKER 2]Also für alle, die es nicht wissen, Youngstertour ist auf vielen internationalen Turnieren mit ausgeschrieben, quasi für 7- und 8-jährige Pferde, um sich langsam herangeführt zu werden an den großen Sport. Und du hast es ja angesprochen, in einigen großen Preisen sieht man dann auch inzwischen schon 8-Jährige auf Grand-Prix-Niveau. Wie sieht denn ein idealtypischer Weg eines Pferdes bei dir aus? Wann kommen sie zu dir und wann beginnt die Förderung deiner Seite?

[SPEAKER 1]Ja, das ist ganz anders. Es sind Pferde, die seit sechs, sieben Jahren bei mir sind und den ganzen Weg dann, oder ab diesem Alter dann, mit mir bis auf Grand Prix Niveau gehen. Und es sind andere, die schon neun Jahre alt sind, aber die vielleicht bis dahin noch ein Meter, ein Meter zwanzig gesprungen sind. Und dann geht natürlich die Entwicklung schneller, weil der Alter eigentlich schon weiter ist. Und ein Neunjähriger ohne Erfahrung ist natürlich schon noch anders als ein Sechsjähriges oder ein Sechsjähriges, der braucht seine drei Jahre, bis er auf diesem Niveau kommt. Ein Neunjähriger, auch wenn er nur 1,20m gegangen ist, kann innerhalb von drei Monaten schon 1,50m springen, weil der Körper natürlich schon viel weiter ist und schon reif genug ist, um ein bisschen mehr gefördert zu sein. Und manchmal sind auch schon Elf- oder Zwölfjährige, die zu mir kommen, weil auf irgendeinen Grund dass ich das Pferd vielleicht kaufe oder das Pferd mir in Verfügung gestellt wird. Es gibt wirklich bei jedem Pferd einen eigenen Weg und jeder Pferd hat seine eigene Geschichte. Das war bei mir nicht anders. Jeder Pferd, der in meine Karriere gekommen ist, hat seinen eigenen Weg und seine eigene Geschichte.

[SPEAKER 2]Egal mit wem man spricht, der auch große Erfolge im Reitsport verbucht hat, sagt immer, die Beziehung zwischen mir und meinem Pferd, die Pferd-Reiter-Beziehung ist eigentlich der Kern. Und dann kann ich auch wirklich Erfolg haben. Wie siehst du das Ganze? Wie wichtig ist die Beziehung auch, die man zu seinem Pferd hat, dass man auch dieses Vertrauen hat, um dann die Aufgaben zu meistern?

[SPEAKER 1]Ja, das ist ganz genau der Punkt und das ist auch, warum ich finde das Reiten sehr schwierig zu lernen oder zu unterrichten. Ich kann es zum Beispiel nicht gut, weil ich weiß auch nicht unbedingt, was ich mache. Bei mir geht es um das Pferdereiten, geht eigentlich nur um die Beziehung, dass das Pferd mich versteht und dass ich das Pferd verstehe. Es ist bei mir nicht so, dass ich die Sachen mache, weil es mich so weil ich es so gelernt habe oder ich es so gelesen habe, sondern ich versuche wirklich nur das Pferd zu verstehen und die Beziehung so weit zu bringen, dass das Pferd eigentlich mich auch versteht und dass wir gleichzeitig dann im Parcours reagieren können und dass das Pferd weiß, oh ja genau, jetzt will er das von mir und ich weiß, dass das Pferd dann so reagiert und wenn dieser Osmos dann immer weiter entwickelt wird, bis wenn es mal fast perfekt ist, nur dann ist es möglich dann auch so große Preise oder Championate zu gewinnen.

[SPEAKER 2]Wie erklärst du deinen Tennisfreunden, was Reiten ist?

[SPEAKER 1]Eben, es ist schwierig. Eigentlich, dass das Pferd sich so wohl fühlt und das Pferd am richtigen Absprungpunkt zu bringen, vielleicht zum Zusammenfassen, aber Wie man da hinkommt, ist natürlich ein sehr langer Weg und es ist nicht nur ein technisches Problem, sondern für mich mehr so eine Lebensart, wo man wirklich jeden Tag mit den Pferden zusammen nicht nur arbeitet, sondern mit den Pferden zusammen ist. eben diese Beziehung, dass man eigentlich im Parcours dann nur noch eins ist. Wegen dem rede ich nicht gern, wie viel Prozent vom Reiter, wie viel Prozent vom Pferd gehört der Erfolg. Für mich ist es einfach eine Zusammenarbeit und wenn das paar, dann muss es zu 100 Prozent kommen. Nur dann ist es möglich, erfolgreich zu reiten.

[SPEAKER 2]War das bei dir von Anfang an so oder hat sich das über die Jahre entwickelt? Also als du auch im Junioren- und Nachwuchsbereich unterwegs warst, war das damals auch so und so, dass du ein reiner Gefühlsreiter bist und warst oder hat sich das entwickelt über die Jahre, dass du sagst, da werde ich immer besser, immer mehr Gefühl, immer mehr Feinabstimmung?

[SPEAKER 1]Gut, es war eigentlich vom Anfang her das Reiten ziemlich nicht einfach, aber so selbstverständlich für mich. Dann wollte ich aber auch immer besser werden und bin zu vielen verschiedenen Reitern gegangen, schon jung. um andere Sachen zu lernen und zu sehen. Es gab auch Perioden, in denen ich dachte, da muss ich viel mehr Kontrolle reinbringen. Das Firma muss viel besser in der Tresur gearbeitet sein usw. Am Schluss kam immer wieder das Natürliche vor und obwohl ich von all diesen Erfahrungen viel gelernt habe, war ich doch immer auf dem natürlichen Weg, wo ich mich am wohlsten gefühlt habe.

[SPEAKER 2]Wie sieht denn Tressortraining bei dir aus?

[SPEAKER 1]Eben, wie gesagt, es ist nichts Besonderes. Bei mir werden alle Pferde ganz normal geritten mit normalen Gebissen und ohne Schlaufzügel. Der eine hat den Kopf ein bisschen höher, der andere hat den Kopf ein bisschen tiefer. Aber eben, ich versuche wirklich nur, das Pferd zu spüren und ich habe natürlich riesen Glück, dass ich auf meiner Anlage sehr viele Hügel habe und dann kann ich bergauf, bergab, alles schon im Schritt und im Trab eigentlich das Pferd schon ziemlich arbeiten, ohne wirklich viel verlangen zu müssen. Es macht ja das Leben so einfach, dass ich eigentlich gar nicht groß springen brauche. Zuhause. Und der Dressur. Wie gesagt, wahrscheinlich würde ein anderer Reiter auf meinem Pferd sitzen. Der hat das Gefühl, dass es nicht groß funktioniert. Aber bei mir funktioniert es. Und ich kann bremsen, wenn ich möchte. Oder mehr vorwärts reiten, wenn ich möchte. Und für mich ist das eigentlich genug.

[SPEAKER 2]Du hast gerade Schlaufzügel angesprochen. In Deutschland ein riesengroßes Thema. Wie stehst du zum Schlaufzügel?

[SPEAKER 1]Ich sehe überhaupt kein Problem mit Schlafzügeln, wenn es richtig gebraucht ist. Zum Beispiel gibt es hundertprozentig Fälle, wo Schlafzügel viel wohler sind für das Pferd. Entweder hat man vielleicht jemanden, der nicht alles unter Kontrolle hat, anstatt scharf zaumen und links und rechts ziehen. Dann lasse ich mir eine normale Trenze und einen Schlafzügel dran und ganz locker reiten, dann ist das Pferd ganz sicher viel wohler. Da gibt es Fälle zum Beispiel, ich habe Pferde, die in der Preisverteilung etwas hektisch sind, dann mache ich auch einen Schlafzügel rein und dann sind die Pferde viel ruhiger. Das sehe ich auch kein Problem. Und wenn die Top-Reiter dann mit den Schlaufzügeln reiten und die Pferde richtig arbeiten. Warum sollte das ein Problem sein? Es ist in vielen Fällen benützt um das Wohl des Pferdes und nur um die Sachen ein bisschen zu vereinfachen. Also ich sehe überhaupt nicht warum das ein Thema sein sollte. Es ist auch in der Schweiz ein Thema. Es ist sogar verboten in der Schweiz. mit Schlafzügeln zu reiten am Turnier. Das ist ein totaler Schwachsinn. Wir haben ja Richter, die da sind und es sollte eigentlich eine Richterentscheidung sein. Wenn er denkt, dass der Schlafzügel falsch benutzt ist, sollte er dann was sagen dürfen und etwas machen. Aber einfach Sachen verboten ist für mich nie eine Lösung.

[SPEAKER 2]Also du sagst, Man muss es sinnvoll einsetzen, nicht als Eingrenzung, sondern als Begrenzung.

[SPEAKER 1]Ja, genau. Es muss natürlich gut betreut sein und es gibt ja wahrscheinlich ganz sicher in Deutschland genug Leute, die eine Ahnung haben über das Reiten und das Wollen des Pferdes. Dann sollte es eigentlich überhaupt kein Thema sein.

[SPEAKER 2]Also quasi Wohl des Pferdes im Vordergrund und dort, wo es sinnvoll ist, sagst du, gezielt einsetzen.

[SPEAKER 1]Okay.

[SPEAKER 2]Es ist ja so, dass du inzwischen als Nummer 1 der Weltrangliste mit einer, glaube inzwischen seit 6 Monaten bist du die Nummer 1, für viele ein Vorbild bist auch. Was sind denn persönlich deine Vorbilder? Du hast ja eben mal berichtet, dass du auch bei anderen mal guckst und früher auch in der Ausbildung warst. Wer sind denn deine Vorbilder?

[SPEAKER 1]Ja, ich bin wirklich ein sehr großer Fan vom Reitsport und als Kind habe ich mich immer schon bewundert von vielen verschiedenen Reitern. Ich war immer so ein riesiger Fan von Rodrigo Pessoa, von Beat Mendley und schon immer, ein größeres Vorbild war schon immer John Whittaker. Für das, was ich immer im Parkour gesehen habe, für das Reitgefühl. Ich habe immer gedacht, ich will auch mal so sein und so reiten wie er. Ich habe eben mit den Jahren auch gelernt und gemerkt, dass das Ganze auch nicht nur um das Reiten geht. Es gibt auch viele andere Facetten, die man im Griff haben muss, um erfolgreich zu sein in dem Sport, in dem Leben. Und ganz sicher der absolute Vorbild in dem Rahmen von der ganzen Springszene wäre Ludger Bergbaum, der wirklich in jedem Bereich der Erfolgreichste war. Das kann nur ein Vorbild sein, wenn man selber Springreiter ist. Mit all diesen Namen habe ich schon ein bisschen zu überlegen, um irgendwann mal einen Tag erfolgreich zu sein, wie ein Ludger, wie ein Markus Hennig oder wie ein John Whittaker.

[SPEAKER 2]Kannst du dich noch erinnern, wann du das erste Mal einen von denen geschlagen hast in einem Stechen?

[SPEAKER 1]Nein, ich weiß noch, mein erster Start an einem größeren internationalen Turnier war in Wien, Stadthalle. Da hatte ich gerade das erste Springen vor Hugo Simon gewonnen. Ludger war irgendwann hinten auch platziert. Am nächsten Tag war so ein Teamspringen, wo ich zusammen mit Beat Menli und Willi Melliger, mit Calvaro damals noch am Start war. Und dann hatten wir das auch gewonnen. Und dann waren eben meine großen Vorbilder dahinten. mit zwei großen Vorbildern zusammen geritten und das war meine erste große Erinnerung an einen schönen Sieg.

[SPEAKER 2]Was sagen die dann, die Altvorderen? Sagen die, hey Steve, gute Runde oder was will der Kleine hier?

[SPEAKER 1]Nein, nein, ich war immer sehr willkommen In dem Sport. Wahrscheinlich macht das auch den Besseren aus, dass die auch immer da sind, wenn man Hilfe braucht. Ich könnte bei allen nach Rat fragen oder bei denen im Training gehen und die haben mir immer noch geholfen.

[SPEAKER 2]Also die Sportlichkeit steht quasi im Vordergrund und das sind dann auch so echte Sportsleute, die dann sagen, schön, dass du da bist und ein weiterer Top-Reiter unter uns.

[SPEAKER 1]Ja, genau.

[SPEAKER 2]Nun bist du ja, und das finde ich auch höchst interessant, nicht komplett kritiklos am Springsport generell und hast auch eine klare Meinung, eine klare Haltung. Hast im Jahre 2016 dich relativ klar positioniert gegenüber der FWI, dem Weltreiterverband, was die Reduzierung der Mannschaftsgrößen angeht, also dass bei Nationenpreisen bzw. großen Championaten von 4 auf 3 Reiter runtergestuft wird. hast dann auch beispielsweise in SEAT Ogenbosch 2017 dich auch klar positioniert hinsichtlich einer Angleichung der Nenngelder. Du hast sogar gesagt, du schämst dich für den Sport. Wie siehst du derzeit den Sport und wie ist auch deine Kritik angenommen worden?

[SPEAKER 1]Ja, mein großes Problem mit dem Sport ist eigentlich, Ich glaube, Sport ist wahrscheinlich eine von den einzigen Sachen im Leben, wo eigentlich jeder auf die Welt kommen sollte mit der gleichen Chance. Das heißt, Méritocratie auf Französisch. Gleichheit. Ja, man kann nur gewinnen, wenn man es verdient. Man kauft nicht den Erfolg. Wenn man gut genug ist, dann gewinnt man. Und das ist eigentlich egal, dass man im Sport arm oder reich geboren ist, dass man als Mann oder Frau geboren ist, dass man groß oder klein ist. Jeder sollte auf die Welt kommen mit der gleichen Chance, einen Tag erfolgreich zu reiten oder zu gewinnen. Das Problem ist im Moment so, dass dieser Sport sehr elitisch wird und dass man eigentlich nur noch, oder dass man die Chance gibt nicht an die, die Sportlicht verdienen, sondern an die, die es finanziell verdienen. Und dass man ganz viel Geld bezahlen muss, um noch mitreiten zu können. Es gibt dann einfach sehr viele reiche Leute oder reiche Kinder, die sich durch das dicke Portemonnaie von den Eltern einen Startplatz kaufen können. Auf der einen Seite ist es unfair, dass sie es eigentlich nicht sportlich verdient haben zu reiten, sondern einfach sich einen Startplatz gekauft haben. Aber dann noch viel schlimmer ist, sie nehmen natürlich Plätze weg von Leuten, die es dann sportlich verdient hätten zu reiten. Aber die, die nicht die gleiche finanzielle Möglichkeit haben und die dann nicht den Papa haben, wo einfach ein paar hunderttausend oder Millionen bezahlen kann und dass das Kind das mitmachen kann. Und ich war immer In den letzten 20 oder 15 Jahren hatte ich immer das Gefühl, der Sport wird… Also unser Sport hat schon so ein bisschen von außen… …sieht so ein bisschen aus, dass man reich sein muss, um zu reiten, elitär. Und ich hatte das Gefühl, das geht in die richtige Richtung und jeder merkt, dass es nicht so sein muss. Und wenn jemand einfach arbeiten will, der kriegt auch seine Chance. Und jetzt in den letzten 10 Jahren geht es wieder total die andere Richtung. Und es wird absolut wieder nur elitär. es so weitergeht und dass ich vielleicht mal ein Kind… Ich habe immer gesagt, das schönste Kompliment an der Olympiade, weil wenn Kinder zu mir gekommen sind und mir sagten, ich will auch mal einen Tag so wie du werden und ich will auch mal einen Tag Olympiasieger werden beim Springreiten. Das war das schönste Kompliment. Und ich bin jetzt vielleicht noch nicht, aber bald nicht mehr in der Lage, das Kind zu erklären. Also fang an zu reiten, arbeite hart und einen Tag wird du Olympiasieger.

[SPEAKER 2]Den Traum am Leben zu erhalten.

[SPEAKER 1]Genau, und dem werde ich dann sagen müssen, Du bist zu wenig reich, um zu reiten. Und es geht in diese Richtung. Das ist für mich das Schlimmste, was passieren könnte, weil das ist dann kein Sport mehr. Und mit all diesen privaten Tours, wo da sind oder wo kommen, wo eigentlich sehr viel Geld einnehmen von Leuten, die bezahlen, um zu reiten. Dann wird natürlich ein großer Teil wieder verteilt. Das heißt, die Reiter können viel Geld verdienen, aber die machen den Sport kaputt. Und diesen Reitern, die das mitmachen, was passiert dann, wenn der eigene Kind dann irgendwann mal in zehn Jahren auch Profi-Reiter werden möchte? Dann muss dann der Papa sagen, ja es tut mir leid, du reitest gut genug, aber ich habe zu wenig Geld, dass du dann auch mitmachen kannst, oder? Und das gehört für mich überhaupt nicht im Sport. Und wegen dem, auch wenn ich mich nicht nur Freude daraus mache, finde ich es wichtig, dass ich meine Meinung auch erkläre, um zu probieren, das wieder ein bisschen in die richtige Richtung zu bringen.

[SPEAKER 2]Siehst du Parallelen auch zu anderen Sportarten? Beispielsweise im Fußball gibt es ein Paris Saint-Germain, das mit katarischem Geld finanziert wird, es gibt ein Man City, was unglaublich viel Geld in den Sport bringt, wo man aber sagt, das sind irgendwie ungleiche Waffen. Also der normale Verein kämpft gegen einen Verein, der einfach große finanzielle Mittel hat. Würdest du sagen, das ist vielleicht eine Analogie, die man auch im Pferdesport inzwischen ziehen kann?

[SPEAKER 1]Ja, also ich glaube vor allem, dass es ist leider, glaube ich, für mich ein der größten, ich weiß nicht, wie man das sagt, größte, größere Probleme im Leben, dass alles immer um Geld dreht und dass viele immer denken, wenn es mehr Geld gibt, ist es besser und dass sie nicht merken, dass eigentlich ist das Geld, das alles kaputt macht. Zum Beispiel, Viele Leute sagen ja, wärst du nicht froh dein Sport, würdest du mal so viel verdienen wie ein Formel 1-Fahrer oder wie ein Fußballer. Absolut nicht. Da sind ja ein paar ganz wenige, die überreich sind, die so reich sind, dass sie nicht mal mehr Freude oder Lust haben an dem Sport zu treiben. und den anderen dann dafür leiden müssen. Da gibt es ja 18 Formel 1-Fahrer oder es sind vier oder fünf, die multimillionär sind und den anderen, die ein paar Millionen bringen müssen, um überhaupt fahren zu können. Und dann sind super Fahrer, die nicht mal mitfahren können, weil sie das Geld nicht haben und den Sponsor nicht haben. Das möchte ich unbedingt nicht, dass mein Sport in diese Richtung geht. Zum Beispiel im Fußball. Der Erfolg ist natürlich sehr schön, aber der gekaufte Erfolg ist für mich viel weniger schön. Und wenn man dann zu dem Erfolg kommt, nur weil man mehr Geld hat und weil man teurere Spieler kaufen kann, bin ich dann als Fan viel weniger Spass dran. ganz teure Pferde kaufen, um Erfolg zu haben, die vorher schon einen großen Preis gewonnen haben, hätte ich dann auch keinen Freund mehr am Erfolg. Der Sport soll sein, dass man wirklich viel arbeiten soll und schwitzen und Tiefe hat, um dann mal wirklich den Erfolg genießen zu können. Und wenn man einfach zum Beispiel mit Fußball vergleicht, einfach so viel Geld hat, dass man den besten Spieler kaufen kann als Fan, wo ist dann diese Freude? Wenn man nicht zuerst gelitten hat, wenn man nicht noch härter arbeiten musste wie in einem anderen Team, dann ist für mich der größte Teil der Erfolge auch schon nicht mehr dabei.

[SPEAKER 2]Nun ist ja das Argument häufig, dass der einzelne Reiter selber entscheidet, wohin fährt und auch irgendwie wie seine kleine eigene Unternehmung ist, die auch zusehen muss, dass sie Geld verdienen muss. Wie ist die Diskussion unter den Aktiven? Ihr werdet ja sicherlich auch unter den Top-Reitern über solche Themen sprechen. Es gibt ja auch Organisationen, die das Ganze dann organisieren. Wie ist so der Tenor in der Aktivenschaft?

[SPEAKER 1]Ja, wie gesagt, das ist so, dass Reitern auch so wie den Rest der Menschen sind und eigentlich dahin gehen, wo es am meisten Geld gibt. Das Problem ist, dass es da, wo es am meisten Geld gibt, ist es da, wo es für den Sport am gefährlichsten ist. Weil, wie gesagt, dieses Geld kommt nicht von Sponsoren. die den Sport helfen, unterstützen, sondern von Papa und Mama, von den Reitern, die wollen, dass die Kinder das mitmachen. Was die wahrscheinlich oft vergessen, ist, dass wenn man nur noch solche Turniere hat und dass man dafür nicht mehr am gleichen Wochenende zum Beispiel an einem Nationenpreis teilnimmt, wo da eigentlich nur noch die, die es verdienen, sportlich teilnehmen, dann verliert man auch irgendwann einmal unseren olympischen Sportstatus. Und ich bin fest überzeugt, dass wenn unser Sport nicht mehr ein olympischer Sport ist, dann wird man auch sehr große Mühe besitzen und Pferdebesitzer zu finden, die noch begeistert sind von was eigentlich nicht mehr ein Sport wäre, sondern nur noch so einen privaten Ich weiß nicht, wie ich das nennen soll. Liebhabereier. Viele sehen eigentlich nur das Geld, das man heute verdienen kann und vergessen, dass man vielleicht ab und zu auch auf das Geld etwas verzichten könnte. Es geht uns eigentlich wohl als Reiter. Man möchte immer mehr, aber man kann auch gut leben mit ein bisschen weniger und man ist eigentlich dem Sport auch schuldig etwas zurückzugeben. Wenn wir heute gut leben können dank unserem Sport, muss man dann auch etwas zurückgeben. Ich will, dass mein Sport in 20 oder 30 Jahren natürlich sich weiterentwickelt, aber dass die Sport-Fundamente immer noch dastehen und dass der Sport für jeden möglich ist, wo es möchte, nicht nur finanziell, aber wo einfach durch Arbeit und Leistung halten möchte und dass unser Sport immer noch ein Olympiasport ist. Und für das muss man den Nationenpreis unterstützen und nicht nur die reichen Turniere, sondern auch die Turniere, die eigentlich schon seit 50 oder 100 Jahren da sind und die unser Sport so entwickelt haben, dass wir jetzt heute davon profitieren. Dann muss man für diesen Turnieren kämpfen, dass sie später auch noch da sind und dass unsere Kinder dann später auch mal den Sport so gut haben, wie wir es heute haben.

[SPEAKER 2]Hat der Spitzenspringsport aus deiner Sicht konkret ein Nachwuchsproblem?

[SPEAKER 1]Ich glaube ja, weil heute wird es immer schlimmer, dass es jetzt eigentlich schon bei den Juniors und Jungreitern so anfängt. dass alles so viel Geld kostet, weil man sieht auf einer Seite, dass es immer mehr zu verdienen gibt, aber auf der anderen Seite kostet auch immer alles viel mehr. Und wenn man jetzt nicht als Junge vielleicht einmal richtig Glück hat, an dem richtigen Moment, am richtigen Ort zu sein, dann wird es schon sehr schwierig, eben schon in den jungen Jahren, die Türe aufzumachen, weil alles eigentlich schon viel zu viel Geld kostet. Und da sind wir eigentlich reiter Schuld, weil wir dieses System unterstützen, im größeren Teil. Und gegen das versuche ich ein bisschen zu stehen, dass es wieder in den Jahren etwas besser wird.

[SPEAKER 2]Wirst du denn all in all positiv auf die Zukunft gestimmt, des Spitzenspringsports?

[SPEAKER 1]Nein, nicht ganz. Ich glaube, wir haben ein riesiges Glück, dass es immer noch fantastische Organisatoren gibt, die das wirklich nur für den Sport machen und es gibt jetzt noch eine Alternative. Wenn ich jetzt noch zu mir rede, Ich boykottiere zum Beispiel diese Touren.

[SPEAKER 2]Konkret geht es um die Global Champions Tour, die größte Schmink-Quartiere der Welt.

[SPEAKER 1]Ja, seit drei Jahren keine mehr. Meine Priorität sind immer Championate, Nationenpreise und dann, so wie ich es nenne, gesunde CSIs, die für jeden offen sind. und es geht mir gut. Ich habe ein super Leben, ich habe zehn Leute, die für mich arbeiten, es geht uns alle gut. Ich habe Erfolg in meinem Sport, bin momentan trotzdem Nummer eins der Welt und bin auch nicht sicher, dass ich am Schluss weniger verdiene wie den anderen, weil ich muss meinen Pferd auch weniger einsetzen. Und ich habe das Glück, dass es immer noch Turniere wie zum Beispiel Aachen, Genf, Calgary oder Dinar, wo absolute Top-Class-Turniere sind und die wirklich noch für den Sport da stehen, nicht nur um möglichst viel Geld zu verdienen. Und ich hoffe, dass es weiter so geht, aber dass es weiter gut geht, müssen, glaube ich, irgendwann die Reiter sich zusammenreißen und diesen Turnier mehr unterstützen als den Global Tour.

[SPEAKER 2]Okay, also eine klare Haltung, klare Position in diesem Bereich. Ja, eine höchst interessante Reise ja durch dein Springsportleben und auch durch die Arbeit, die du täglichs machst, was dich auch an dem Sport so begeistert und auch an den Pferden begeistert. Und lieber Steve, am Abschluss eines jeden WeHouse-Podcasts haben wir die vier klassischen WeHouse-Fragen. Und die möchte ich natürlich auch dir stellen. Und Frage Nummer eins ist, hast du ein Motto, nach dem du lebst?

[SPEAKER 1]Nein, also eigentlich nach vorne schauen und stürzen ist eigentlich kein Problem, wenn man wieder aufsteht und weiterkämpft.

[SPEAKER 2]Okay, dann Frage Nummer zwei. Gibt es einen Menschen, der dich persönlich, vielleicht auch reiterlich besonders geprägt hat?

[SPEAKER 1]Ich glaube Thomas Fuchs. Er ist auch mein Trainer seit, ich glaube jetzt bald zwölf Jahren und ist ein Mensch, der mir sehr viel gebracht hat, sehr viel geholfen hat, ohne dem ich heute nicht da wäre, wo ich jetzt bin.

[SPEAKER 2]Okay, Thomas Fuchs, für alle die es nicht wissen, Ausbilder aus der Schweiz. Dann Frage Nummer 3, wenn du Reitern oder Pferdemenschen dieser Welt eine Sache im Umgang mit ihren Pferden auf den Weg geben könntest, was wäre es?

[SPEAKER 1]Das Pferd lieben, das Pferd so behandeln, wie man selber behandelt, wie man selber gern behandelt wäre. Und ja, dran glauben.

[SPEAKER 2]Nie den Glauben verlieren. Und dann zum Abschluss vervollständige bitte diesen Satz. Pferde sind für mich.

[SPEAKER 1]Mein Leben.

[SPEAKER 2]Ein perfekter Schlusssatz. Lieber Steve, vielen Dank. Wir drücken die Daumen für alle anstehenden Aufgaben und schön, dass du bei uns warst im wehorse-Podcast. Vielen Dank. Steve Guerdat.

[SPEAKER 1]Danke.

[SPEAKER 2]Ausbildung von Pferd und Reiter, die Community. Die neue Gruppe rund ums Reiten auf Facebook. Ihr könnt dort nach Tipps und Tricks fragen rund um die Ausbildung, rund um euer Pferd, Gesundheit und Pflege, was immer euch bewegt, mit dabei sein, mitdiskutieren. In der neuen Facebook-Gruppe Ausbildung von Pferd und Reiter, die Community.

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