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#24 Die Tierärztin Dr. Veronika Klein über die 3 häufigsten Probleme bei Pferden und ihren Podcast „Kernkompetenz Pferd"

Sie ist Veterinärmedizinerin, Pferde-Physiotherapeutin, Pferde-Chiropraktikerin und die Stimme aus ihrem eigenen Podcast „Kernkompetenz Pferd“. Im Interview mit Christian Kröber erzählt Dr. Veronika Klein über ihr Studium der Veterinärmedizin und warum die täglichen Probleme ihrer Kunden sie dazu gebracht haben, einen Podcast rund um die Themen Haltung, Fütterung und Gesundheit von Pferden zu machen.

Höre dir an, welchen Unterschied es zwischen Chiropraktik und Physiotherapie gibt, warum die seit ihrer Kindheit reitende Tierärztin eben keine „Knochenbrecherin“ ist und welche drei Gesundheitsprobleme ihr bei Pferden im Alltag immer wieder begegnen. Sie erklärt die zumeist haltungsbedingten Ursachen und warum ein Offen- bzw. Aktivstall die meisten davon beseitigen würde.

Freue dich auf einen spannenden Podcast mit vielen Tipps für das eigene Pferd.

Podcast Transkript

Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.

[SPEAKER 1]Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des wehorse Podcasts. Ihr wisst es alle, Weihnachten steht vor der Tür und falls ihr noch keine Ideen habt, was ihr euren Liebsten gerne schenken möchtet, wir hätten da eine Idee. Nämlich die exklusive WeHorse Geschenkkarte als Gutschein für unsere Seite. Weitere Informationen dazu findet ihr unter www.wehorse.com. Im heutigen Podcast freue ich mich auf Dr. Veronika Klein. Sie ist Tiermedizinerin, betreibt den Podcast Kernkompetenz Pferd und natürlicherweise dreht sich das Thema um die Pferdegesundheit. Viel Spaß! Schön, dass du bei uns bist. Manche kennen dich über deinen Podcast Kernkompetenz Pferd. Für alle, die dich nicht kennen, was genau machst du?

[SPEAKER 2]Ja, ich arbeite eigentlich als Tierärztin in der Pferdefahrpraxis und habe da festgestellt, dass viele Probleme meiner Patienten doch durch Unwissenheit entstanden sind. Und dann habe ich die Patienten also immer wieder aufgeklärt und habe gedacht, das müssten wir auch für die für mehr Menschen zugänglich machen. Und da ich selber sehr großer Podcast-Fan bin, da ich das immer im Auto höre, habe ich gedacht, ja, versuchen wir mal einen Podcast für Pferdebesitzer zu machen über verschiedene Themen wie Pferderkrankung oder auch Pferdefütterung zum Beispiel.

[SPEAKER 1]Wie lange machst du das schon?

[SPEAKER 2]Jetzt ein halbes Jahr. Also seit Januar ist der am Start und kommt jede Woche eine Folge raus.

[SPEAKER 1]Wie bist du ursprünglich zur Veterinärmedizin gekommen? Also warum bist du Tierärztin?

[SPEAKER 2]Ja, also ich habe halt schon immer geritten, seitdem ich jetzt drei Jahre alt bin. Und meine Leidenschaft sind definitiv immer die Pferde gewesen. Und eigentlich wollte ich ja Profireiter werden. Da waren meine Eltern aber irgendwie nicht mit einverstanden. Also habe ich gedacht, gut, was kann ich noch machen, um trotzdem was mit Pferden machen zu können?

[SPEAKER 1]Bleibt ja quasi nicht so viel über.

[SPEAKER 2]Genau, habe ich gedacht, ich werde Tierarzt. Ja und bei dem Wunsch ist es dann immer geblieben und im Abitur musste man dann ja doch bessere Noten haben, da musste ich mich einmal kurz anstrengen.

[SPEAKER 1]Hast du damals dann schon irgendwie so Biologie belegt?

[SPEAKER 2]Genau. Ich habe LK Chemie Bio gemacht und das große Latinum, damit ich dann fürs Studium gut vorbereitet bin.

[SPEAKER 1]Also schon quasi im Hinblick auf das tiermedizinische Studium?

[SPEAKER 2]Ja, es gibt so ein Poesiealbum, da war ich fünf Jahre, da steht drin, Traumberuf, Tierarzt für Pferde. Also so sehr klischeebehaftet ist dieser Traum quasi.

[SPEAKER 1]Wo die anderen dann so Feuerwehrmann geschrieben haben, hast du Tierärztin geschrieben.

[SPEAKER 2]Hab ich Tierärztin geschrieben. Ja und es hat dann Gott sei Dank alles geklappt mit dem Studiengang und mit dem Studienplatz, das ist ja nicht so einfach. Und bin dann in Gießen angenommen worden. Man kann das ja nur in fünf Städten in Deutschland studieren und ich habe mir dann eine Stadt ausgesucht, wo die Boxenmieten für die Pferde erschwinglich sind.

[SPEAKER 1]Es ist glaube ich Berlin, Hannover, Gießen, München und Leipzig.

[SPEAKER 2]Und ja, Boxen mieten für Pferde in München und Berlin, da braucht man nicht drüber nachdenken. Das kann man sich nicht leisten als Student und ich wollte auf jeden Fall mein Pferd mitnehmen. Also ist es dann Gießen geworden und dann habe ich etwas außerhalb gewohnt als Untermieter bei den Reitstallbesitzern.

[SPEAKER 1]Kommst du aus einer Pferdesport- oder aus einer Pferdefamilie? Wurde dir das schon in die Wiege gelegt oder wie bist du zu den Pferden gekommen?

[SPEAKER 2]Überhaupt nicht. Also meine Eltern sind ursprünglich Münchner, haben in der Stadt gelebt und haben mit Pferden gar nichts zu tun gehabt. Und irgendwie ist dieser Wunsch in mir immer gewesen, ich möchte reiten und ich muss meine Eltern wohl schon als kleines Kind so genervt haben, dass sie mich mit in den Stall genommen haben. Und die haben beide angefangen zu reiten, als wir so Als sie 40 waren, etwas über 40, weil sie wahrscheinlich gedacht haben, naja, wenn sie jeden Tag in den Stall fahren müssen mit meiner Schwester und mir und am Rand stehen, dann können sie auch gleich aufsteigen. Ja, und so ist dann quasi meine ganze Familie zum Pferd gekommen.

[SPEAKER 1]Echt klassische Spätansteiger.

[SPEAKER 2]Ja, ganz klassisch. Und sitzen auch heute noch mit über 60 beide auf dem Pferd. Haben auch eine Stute von uns quasi. Und ja, aber eigentlich komme ich aus überhaupt gar keiner Reiterfamilie.

[SPEAKER 1]Okay, aber es ist ja toll, dass dann deine Familie trotzdem jetzt so nah an den Pferdesport herangerückt ist oder an die Pferdewelt.

[SPEAKER 2]Ja, auf jeden Fall. Also meine Schwester reitet ja auch fast immer noch jeden Tag und hat ein eigenes Pferd. Meine Eltern auch. Von daher ist das optimal so.

[SPEAKER 1]Also du warst in Gießen, hast dort Veterinärmedizin studiert. Wie ist es dann weitergegangen?

[SPEAKER 2]Dann habe ich quasi in Bonn meine Assistenzzeit gemacht. Da hat mein jetziger Mann noch sein letztes Jahr studiert. Also habe ich dann in Bonn gearbeitet ein Jahr und als er fertig war, haben wir dann gewechselt nach Leipzig. Und da habe ich dann meine Doktorarbeit geschrieben. Und dann ist mein Mann beruflich versetzt worden und dann bin ich aus der Uni da, wo ich die Doktorarbeit beendet habe, dann in die Pferdefahrpraxis übergegangen.

[SPEAKER 1]Der Liebe wegen hinterher.

[SPEAKER 2]Genau.

[SPEAKER 1]Und du bist heute, also Fahrpraxis, bist unterwegs in den verschiedenen Stellen im Umkreis. Wo genau sitzt du?

[SPEAKER 2]Also ich arbeite in Bühren. Das liegt in der Nähe von Paderborn.

[SPEAKER 1]Also in Nordrhein-Westfalen.

[SPEAKER 2]Genau, in Nordrhein-Westfalen. Und ja, wir haben so einen Umkreis von 100 Kilometer, würde ich mal sagen. Vielleicht ein bisschen mehr, ein bisschen weniger manchmal. Und fahren dann quasi von Reitstall zu Reitstall und betreuen da die Pferde.

[SPEAKER 1]und von der Larmheit über Kolik bis zum Husten.

[SPEAKER 2]Genau, also die ganz normalen Standardsachen, wie ein Haustierarzt macht, wie es vom Impfen und Husten. Aber wir haben jetzt auch ein Bronchioskop, also wir kennen auch Atemwegsprobleme und wir haben digitales Röntgen. Aber so alles, was am Tag anfällt, das können wir draußen betreuen.

[SPEAKER 1]Und Podcast, du hast es gerade gesagt, seit einem halben Jahr bist du mit deinem Podcast online. Worum geht es bei Kernkompetenz Pferd?

[SPEAKER 2]Also im Prinzip hangele ich mich so ein bisschen entlang, was auch die Patientenbesitzer draußen an Fällen haben. Das heißt, wenn ich jetzt einen Patienten habe, der hat Hufrehe und ich merke, die Leute wissen gar nicht, was das ist und wissen auch nicht, wie sie es behandeln sollen oder wie das Pferd dann jetzt gefüttert wird, dann komme ich nach Hause, schreibe mir das auf, dass wir hier jetzt Probleme hatten oder da eine Wissenslücke war und dann bereite ich quasi den nächsten Podcast über Hufrehe vor. Also so ein bisschen Was mir so im Alltag begegnet draußen in der Praxis, das versuche ich dann in den Podcast mit reinzuarbeiten.

[SPEAKER 1]Ich kann mir vorstellen, das sind noch einige Themen auf dem Zettel, oder? Wie nimmst du das wahr, wie ist so der Kenntnisstand jetzt deiner spezifischen Kunden oder breiter gesprochen, der Kenntnisstand der normalen Pferdemenschen in Sachen Veterinärmedizin oder Pferdekrankheiten?

[SPEAKER 2]Also ich würde sagen, Themen gibt es noch unendlich. Es ist sehr, sehr unterschiedlich. Also teilweise habe ich sehr gut informierte Pferdebesitzer, auch gerade wenn man so ins Internet guckt, worüber die teilweise dann in den Gruppen und Foren sich unterhalten, dann sind die wirklich bis ins letzte Detail informiert. Wenn ich aber dann eher draußen in den Reitstellen stehe und dann ist wirklich der Einzelmensch betroffen, dann muss man sagen, wenn das eigene Pferd diese Thematik noch nicht hatte oder die Krankheit, wissen die Leute meistens gar nichts darüber. Also als Beispiel zum Beispiel die Wurmkuren. Wenn man dann fragt, gegen was entwurmen wir überhaupt, weil es mich das auch mal so interessiert hat, wo stehen die einzelnen Leute.

[SPEAKER 1]Also du fragst die dann so ein bisschen?

[SPEAKER 2]Genau, ich frage dann auch, was die sich wünschen. Und einige konnten mir dann genau die fünf Parasiten aufzählen, die im Darm vorkommen und wie ich die nachweisen kann und was für verschiedene Sorten an Wirkstoffen es gibt. Und andere sagen, ja gut, Würmer halt. Also die haben sich damit halt nicht beschäftigt und verlassen sich darauf, dass der Tierarzt ihnen halt die passende Wurmkur gibt, was genauso in Ordnung ist. Aber da sind wirklich die Unterschiede sehr, sehr, sehr groß.

[SPEAKER 1]Die machen es quasi, weil man es immer schon gemacht hat.

[SPEAKER 2]Ja, genau.

[SPEAKER 1]Und es ist der Austausch mit deinen, ich nenne es jetzt mal, Klienten in Anführungsstrichen. Was sind so die Dinge, die dir da im täglichen begegnen?

[SPEAKER 2]Also natürlich zum einen die Erkrankungen, die jetzt gerade aktuell sind oder die Themen, die gerade aktuell sind für deren Patienten. Aber ich werde auch häufig zu Trainingssachen gefragt, da ich auch noch die Chiropraktik und die Physiotherapie gemacht habe. Ja, kommen dann auch Fragen, wie soll ich mein junges Pferd anreiten oder wie häufig soll ich trainieren, überfordere ich mein Pferd oder unterfordere ich mein Pferd, aber dann auch halt spezifisch zu den einzelnen Erkrankungen.

[SPEAKER 1]Also du bist Veterinär-Chiropraktikerin, du bist Pferdefysiotherapeutin und Veterinär-Akupunktur ist auch einer deiner Schwerpunkte. Du bist selber auch sehr breit aufgestellt.

[SPEAKER 2]Ja genau, also mich hat natürlich dadurch, dass ich selber Reiter bin, interessiert es mich natürlich immer, wie ich das Training mit meinem Pferd auch optimieren kann. Und dann hat sich das so ergeben in der Zeit. Weiterbildung ist für mich sehr, sehr wichtig. Ich werde immer der Fortbildungs-Junkie genannt. Und ich lese halt auch sehr viele Fachbücher und habe mich natürlich extrem im Bereich Leistungsoptimierung selber fortgebildet. Auch natürlich nicht ganz eigennütz, weil ich es für mein Pferd und meine Reiterei auch nutzen konnte.

[SPEAKER 1]Woher ziehst du Informationen? Wie bildest du dich fort?

[SPEAKER 2]Also das ist eigentlich sehr unterschiedlich. Ich lese sehr gerne, sehr gerne. Ich habe natürlich ganz viele Ferdia Wehorse Bücher. DVDs meinst du? DVDs, genau. Die ganze Ingrid Klimke Serie habe ich natürlich vorbildlich. Also die Jungferde versuche ich immer sehr vielseitig auszubilden. Das denke ich ist ganz wichtig. Aber natürlich auch Kurse, wo man hinfährt, also dass man einfach mal einen Dressurkurs, einen Springkurs, regelmäßig Geländetraining macht und natürlich auch im Internet, wenn man dann Kurse belegen kann, auch das nutze ich. Also alle Tools, die einem in der heutigen Zeit zur Verfügung stehen, versuche ich auch zu nutzen.

[SPEAKER 1]Ich habe das Gefühl, dass auch gerade im Internet deutlich mehr Webinare angeboten werden und so weiter. Wo konkret gehst du dahin? Gehe ich jetzt zur Online-Fortbildung?

[SPEAKER 2]Also die Online-Fortbildung, die ich jetzt persönlich schon belegt habe, werden auch viel von, ja, teilweise von den Pharmafirmen mit angeboten, wenn die ein neues Medikament haben. Gibt es… Ja, Webinare, die umsonst sind, für die Tierärzte. Und dann gibt es natürlich auch Lernplattformen, wie jetzt eure Plattform für die Reiter, gibt es die auch für Tierärzte. Das heißt, da meldet man sich an, hat dann so einen Jahresmitglied und kann da dann sich einloggen und dort sind dann verschiedene Webinare, die man sich halt anschauen kann. Also im Speziellen ist das zum Beispiel Wettwebinar, heißt das, das ist für die Tierärzte. Im Prinzip das Gleiche.

[SPEAKER 1]Video-gestützt, wie bei uns. Und da gibt es dann spezielle Themengebiete, wo du sagst, da kenne ich mich noch nicht so aus, da will ich mich jetzt noch fortbilden und dann guckt man sich das quasi an.

[SPEAKER 2]Genau, da gibt es dann ein Webinar über Augenerkrankungen bei Pferden oder Reisekrankheiten Hund und Katze.

[SPEAKER 1]Achso, also nicht nur Pferde?

[SPEAKER 2]Nicht nur Pferde.

[SPEAKER 1]Du bist jetzt nicht nur pferdespezifisch unterwegs?

[SPEAKER 2]Also ich persönlich bin nur pferdespezifisch unterwegs, aber die Plattform bietet auch alle anderen. Also ich sage mal, ich behandle alles, was über 200 Kilo hat, weil alle anderen Tierarten, da habe ich… Also bei Mini-Schechi geht es los. Ja, genau. Also Hunde, Katzen und andere Tiere, das ist jetzt… Die behandle ich gar nicht.

[SPEAKER 1]Du hast ja eigentlich dann auch alle Pferderassen bei dir in der Praxis, oder? Also du behandelst jetzt nicht nur das Sportpferd, den Westfalen, den Warmblüter, sondern ist quer durch die Bank.

[SPEAKER 2]Genau, ich würde sogar sagen, dass das nicht die Mehrheit ist. Also ich würde sagen eher die Ponys und, ja, Tinker und Paints und Quarters und Friesen. Also da haben wir sehr, sehr gemischtes Klientel. Also der Warmblüter, klar, ist das einer, den wir auch häufig behandeln, aber nicht der einzige, nein.

[SPEAKER 1]Ich selber bin natürlich Kunde bei Tierärzten, kenne mich selber ehrlicherweise kaum aus, aber wenn ich jetzt lese Veterinär Chiropraktik, was genau ist Chiropraktik?

[SPEAKER 2]Ja, also vom Prinzip möchte man, dass die Gelenkbeweglichkeit auch besonders der Wirbelsäule halt gut funktioniert. Ja, man würde es wahrscheinlich so sagen, draußen wird häufig gesagt, der Wirbel wäre ausgerenkt. Und wir würden dann natürlich den Wirbel wieder einrenken, das hören wir natürlich sehr sehr ungern, weil das natürlich nie der Fall ist, sondern eine Wirbelblockade führt dazu, dass sich die Wirbelsäule nicht optimal bewegen kann und dadurch kommt es dann natürlich zu, naja, das Pferd hält sich fest, verwirft sich im Genick, fängt an zu stolpern,

[SPEAKER 1]Aufgrund von Schmerz zum Teil?

[SPEAKER 2]Zum Teil.

[SPEAKER 1]Fehlen noch Koordinationen?

[SPEAKER 2]Genau. Einmal zum Schmerz und einmal auch, da die Beweglichkeit einfach nicht gegeben ist, können sie die Bewegung nicht ausführen optimal. Ja, und die Chiropraktik versucht dann die Mobilität wieder herzustellen und somit die Leistung, dass das Pferd erbringen kann, gerade beim Reiten, zu optimieren.

[SPEAKER 1]Landläufig nennt man das auch manchmal die Knochenbrecher, oder?

[SPEAKER 2]Ja, genau, das hören wir natürlich auch nicht so gern.

[SPEAKER 1]Das trifft.

[SPEAKER 2]Genau, gerade die Chiro-Praktik arbeitet ja über kurze Hebel. Das heißt, ich stehe auf so einem großen, schwarzen Block, stehe dann über dem Pferd und taste jedes einzelne Wirbelgelenk durch. Und wenn ich eine Blockade spüre, dann würde ich so einen kleinen Impuls eingeben. Sieht sehr unspektakulär aus, muss man sagen. Von außen würde man vielleicht sogar denken, ich mache eigentlich gar nichts, aber es ist wirklich ein kleiner, kurzer, kräftiger Stoß. an das Gelenk ran. Und ja, die anderen Methoden, es gibt da ja mehrere, die das gleiche Ziel am Ende haben, die Gelenkblockaden zu lösen, arbeiten eher über die lange Hebel. Das heißt, die ziehen dann halt am Bein und versuchen oder würden dadurch die Blockade im Rücken lösen. Aber die Chiropraktik arbeitet mit kurzen Hebel, also da ist jetzt nicht mit vorne ziehen, hinten ziehen und großer Krafteinwirkung.

[SPEAKER 1]Obwohl es gab ja mal Tamme Hanken, der ja im Fernsehen durchaus Reichweiten erzielt hat, der sehr, sehr bekannt war. Da hat man immer das Gefühl gehabt, möglichst kräftig ziehen.

[SPEAKER 2]Genau, das macht der Veterinär Chiropraktiker nicht.

[SPEAKER 1]Also ihr seid wirklich eher so die Feinmechaniker.

[SPEAKER 2]Genau, es ist einfach eine andere Art, die Blockaden zu lösen.

[SPEAKER 1]Und im Vergleich dazu, was ist dann Pferdefysiotherapie?

[SPEAKER 2]Also die Physiotherapie beschäftigt sich eher mit den Weichteilen, also zum Beispiel der Muskulatur. Das heißt, das wären dann Massagegriffe, Faszien lösen. Also das ist einfach nicht die Blockade an den Knochen, die gelöst wird oder an den Gelenken, sondern dann würde ich die Muskulatur bearbeiten, um die zu lockern.

[SPEAKER 1]Zu lockern und auch zu stimulieren und trainieren?

[SPEAKER 2]Ja, eher die Lockerung oder auch die Durchblutung zu fördern. Trainieren eher nicht.

[SPEAKER 1]Also das, was bei Menschen vielleicht der Masseur ist.

[SPEAKER 2]Genau. Also das würde natürlich der Physiotherapeut jetzt für den Menschen nicht. Niemals sagen. Genau, das nennt man dann manuelle Therapie. Aber ja, wie beim Menschen, wenn man zur Physiotherapie geht, wo man dann ja auch massiert wird, um die Muskeln zu lockern.

[SPEAKER 1]Und wie ist die Ausbildung dort? Also wie wird man Pferdefysiotherapeut?

[SPEAKER 2]Also der Begriff ist ja nicht geschützt in Deutschland. Das heißt, so kann man sich natürlich einfach nennen. Ich im Speziellen habe jetzt bei der DIPO den zweijährigen Kurs gemacht.

[SPEAKER 1]Das ist das Deutsche Institut für Pferde-Osteopathie im nordrhein-westfälischen Dülmen.

[SPEAKER 2]Genau, ja. Und die haben so einen Kurs, da fährt man dann einmal im Monat für einen Wochenendkurs hin, über zwei Jahre, muss dann verschiedene Prüfungen ablegen im praktischen und im theoretischen Teil und lernt dann pro Wochenende die manuelle Therapie, Neurologie und hat dann die Abschlussprüfung am Ende.

[SPEAKER 1]Aber dafür muss ich kein Veterinär vorher sein, da kann man auch als normalsterblicher… Genau, das könntest du auch machen. Könnte ich auch. Also bei sowas glaube ich, da habe ich zwei linke Hände. Aber ich würde es mir bestimmt mal anhören, weil es ist ja ein mega interessantes Thema, was einfach ja auch jeden betrifft, der mit Pferden zu tun hat.

[SPEAKER 2]Genau, also es darf im Prinzip jeder machen, der da Lust zu hat und Interesse daran hat. Ist für die natürlich dann etwas mehr Lernaufwand, gerade die Anatomie, weil sie kein Vorwissen mitbringen. Aber es ist offen für alle.

[SPEAKER 1]Und man lernt ja auch was für seinen täglichen Umgang mit dem Pferd.

[SPEAKER 2]Definitiv, man lernt da auch ja, Longieren ist auch noch ein Thema und Lösungsarbeit, also auch um das Thema Training herum wird einem wirklich viel beigebracht.

[SPEAKER 1]Ist das etwas, was du auch dann im täglichen anwendest, diese Fertigkeiten, die du dort erlernt hast oder ist das eher so ein Interessensgebiet von dir?

[SPEAKER 2]Also ich würde sagen, man sucht sich immer das aus den verschiedenen Bereichen raus, was für einen funktioniert. Und dann ist es doch so ein Portfolio, was man anwendet am Patienten. Und was ich doch gerne mache, ist, dass ich so physiotherapeutische Griffe den Pferdebesitzern mitgebe. Das heißt, man kennt das ja bei Menschen. Ich gehe jetzt nicht zur Physiotherapie, wenn ich Rückenschmerzen habe und nach einer Behandlung ist alles gut. So läuft es ja meistens nicht. Leider nicht. muss natürlich Krankengymnastik, Reha, weitere Massagen und ja, selber zu Hause auch einfach die Übungen durchführen, sonst kommen die Rückenschmerzen wieder. Das ist beim Pferd ja nicht anderes. Ich kann nicht kommen, Hand auflegen und zack ist alles weg. Es wäre natürlich schön, aber es funktioniert beim Pferd nicht. Und von daher gebe ich den Menschen dann häufig Physiogriffe mit, die sie dann im täglichen Putzen mit einarbeiten können, um einfach dran zu bleiben, dass das Pferd locker bleibt.

[SPEAKER 1]Würdest du sagen, dass sich da auch die Herangehensweise ein bisschen verändert hat in den letzten Jahren, dass die Menschen empfänglicher sind für solche Dinge?

[SPEAKER 2]Ja, definitiv. Also gerade die Physio und die Chiro sind schon sehr viel nachgefragt. Also da hat man schon den Eindruck, dass es mehr geworden ist als früher gerade. Ich glaube, so die alten Züchter, wenn man die mit in der Stallgasse hat und die sehen das, dann sagen die immer, ja, was machen Sie denn da für Sachen?

[SPEAKER 1]Fokus, Fokus.

[SPEAKER 2]Genau. Und ich glaube schon, dass die Generation, die jetzt nachkommt, da deutlich offener für ist.

[SPEAKER 1]Also ist tatsächlich im täglichen bei dir ein Effekt, wo du sagst, die Menschen sind interessierter, die wollen auch mehr erfahren und wollen auch andere Dinge mal ausprobieren?

[SPEAKER 2]Ja, das glaube ich schon. Also es gibt ja dadurch, dass die Berufsbezeichnungen auch nicht geschützt sind, ja auch unglaublich viel Angebot auf dem Markt. Und ja, ich lerne auch immer noch jeden Tag dazu, wenn vorher jemand anders da war. Ich versuche immer, ja, die Kommunikation mit den anderen Berufszweigen auch zu suchen. Und es ist wirklich sehr breit gefächert und die Leute sind sehr offen für neue Dinge.

[SPEAKER 1]Unterhältst du dich dann auch mal mit einem Katzenphysiotherapeut oder mit jemandem, der im Bereich Hunde unterwegs ist? Oder bleibt man eigentlich eher so in seinem Pferdebereich?

[SPEAKER 2]Man bleibt eher im Pferdebereich. Meine Mama sagte immer, wenn ich andere Menschen kennenlernen möchte, müsste ich ja mal was anderes machen als Pferde. Und da ich das meistens nicht tue, kenne ich jetzt auch nicht so viele, die im Bereich Hunde sind.

[SPEAKER 1]Gut aus dem Studium wahrscheinlich, die sind auch in verschiedene Bereiche gegangen.

[SPEAKER 2]Die sind in verschiedene Bereiche gegangen, das ist schon richtig. Aber da muss ich sagen, so viel Kontakt hat man auch nicht mehr mit den ganzen Studienkollegen.

[SPEAKER 1]Und meistens sind es dann doch Studentenreiter, mit denen ich aus der Zeit… So wie wir beide, wir sind auch, vielleicht zur Erklärung, alte Studentenreiter-Freunde, haben da schon einige Schlachten geschlagen. Und ich kann mich noch erinnern, dass es bei den großen Veterinärstandorten, die wir eben ja gesagt haben, diese fünf Standorte in Deutschland, Da ist schon eine große Anzahl von Pferdetierärzten daraus hervorgegangen.

[SPEAKER 2]Ja, mit denen habe ich noch sehr viel Kontakt, aber da sind wir natürlich wieder nur bei Pferdemenschen.

[SPEAKER 1]Was ich ja auch sehr interessant finde, du bist oder du hast promoviert im Bereich Veterinärpathologie. Das musst du jetzt mal erklären.

[SPEAKER 2]Also ich habe ja mein erstes Jahr als Assistent in Bonn verbracht, in einer sehr großen Pferdeklinik. Da haben wir Kolika operiert, das heißt wir haben nachts gearbeitet und das nicht zu knapp.

[SPEAKER 1]Also ganz akute Fälle dann?

[SPEAKER 2]Ja, genau. Also da haben wir wirklich nachts um elf, zwölf, manchmal auch erst um drei im OP gestanden. Und wenn man dann mal frei hatte, hat man geschlafen. Oder war Reiten. Aber für die Doktorarbeit war halt nicht so viel Zeit. Und nach so einem Jahr habe ich dann gedacht, gut, das parallel zur Pferdeklinik eine Doktorarbeit zu schreiben, stellt sich wohl doch etwas schwieriger heraus, als ich es mir so vorgestellt habe. Und dann wollte ich aber natürlich trotzdem auf jeden Fall etwas über Pferde schreiben. Und die Veterinärpathologie in Leipzig hat als Steckenpferd die Uterusbiopsien, also die Gebärmutterproben, die sie von Pferden untersucht. Und deswegen konnte ich da in dem Bereich ein Thema bekommen. Und die Totentiere möchten nicht am Wochenende und auch nicht nachts behandelt werden. Von daher hat man da deutlich mehr Zeit nebenher gehabt für die Doktorarbeit.

[SPEAKER 1]Und was genau wird dann dort untersucht?

[SPEAKER 2]Also wenn jetzt zum Beispiel eine Stute dreimal besamt worden ist und nicht tragend ist, dann möchte man ja gerne wissen, woran es liegt. Und dann wird quasi aus der Gebärmutter eine Probe genommen und die kann man sich dann im Labor unter dem Mikroskop angucken. Und da gibt es natürlich unterschiedliche Krankheiten der Gebärmutter, sei es eine entzündliche, also eine eitrige Gebärmutterentzündung oder eine degenerative Veränderung. Und je nachdem kann man das Pferd behandeln oder die Trächtigkeit wird sehr unwahrscheinlich aufgrund von degenerativen Veränderungen, die nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Und diese Befunde, wie gesagt, darüber habe ich dann meine Doktorarbeit geschrieben. Im Speziellen über eine Rosseunterdrückung bei Stuten.

[SPEAKER 1]Eine Rosseunterdrückung.

[SPEAKER 2]Genau, also gerade bei Sportstuten, die ja sehr stark rossen. Das kann ja manchmal ein bisschen schwierig sein reiterlich, wenn die dann stehen bleiben und auskeilen und quietschen. Und dann war ja das Hormon… Die Hormone, die dann verrückt spielen. Genau. Und dann gibt es Hormone, die man füttern kann. Die sind aber dopingrelevant. Und dann haben einige Leute kleine Glasbälle in die Gebärmutter eingegeben bei den Stuten und dadurch ist die Rosse unterdrückt worden.

[SPEAKER 1]Ach wirklich? Glasbälle?

[SPEAKER 2]Oder Plastikbälle.

[SPEAKER 1]Wie kommt das denn zustande?

[SPEAKER 2]Das wusste man oder das weiß man halt nicht. Es wurde vermutet, entweder sie lösen eine Entzündung aus oder sie täuschen eine Scheinträchtigkeit vor oder es ist ein Placeboeffekt bei den Reitern. Ja und unter der Fragestellung habe ich dann quasi die Gebärmutterproben bekommen von Stuten, diese Bälle. eingelegt hatten und welche, die keine Bällchen hatten und habe dann die Proben miteinander verglichen. Aber leider konnte ich auch nicht herausfinden, woran es liegt.

[SPEAKER 1]Also Ergebnis war, dass es kein Ergebnis gibt?

[SPEAKER 2]Ja, in Anführungsstrichen, genau.

[SPEAKER 1]Okay und damit hast du dann quasi deinen Doktortitel erlangt und jetzt bist du als Fahrpraxismitarbeiterin quasi im täglichen unterwegs und wendest das an, was du alles gelernt hast. Genau. Dazu bist du aber auch Dozentin, also Podcast, dann bist du natürlich Veterinärmedizinerin, aber auch seit neuestem Dozentin. Was genau machst du dort?

[SPEAKER 2]Ja, ich bin angesprochen worden von der IST Fernuniversität. Die bieten einen dualen Studiengang an für Berater für Pferdefütterung und die haben noch einen zweiten für Pferdemanagement. Und da haben sie quasi einen Tierarzt gesucht, der die Online-Vorlesungen macht und die Skripte überarbeitet. Und ja, jetzt habe ich erst mal den ersten Blog gemacht über Anatomie und Physiologie, also im Speziellen der Verdauungsphysiologie, habe dann Vorlesungen zusammengestellt und durfte die jetzt im Filmstudio aufnehmen für die Studenten dann von dem IST.

[SPEAKER 1]Ach okay, also quasi komplett online. Du hast quasi vor einer blauen oder grünen Wand das Ganze präsentiert.

[SPEAKER 2]Grün quasi, ja. Genau, also da war quasi außer mir im Filmstudio keiner anwesend und der Kameramann und dann habe ich das jetzt eingesprochen und der nächste Studiengang beginnt im Oktober und die kommenden Studenten können dann quasi online von zu Hause auf diese Vorlesung zurückgreifen.

[SPEAKER 1]Also es ist Anatomie, was du lernst und der zweite Baustein? Physiologie.

[SPEAKER 2]Also wie Verdauung funktioniert. Erstmal wie der Verdauungstrakt aussieht beim Pferd und einmal wie er funktioniert.

[SPEAKER 1]Ist das etwas, in welche Richtung du dich weiterentwickeln möchtest? Also dieses Weitergeben, was du auch über den Podcast machst, das Weitergeben von Wissen, ist das etwas, was dich begeistert?

[SPEAKER 2]Ja, also mir macht es schon unheimlich viel Spaß. Noch mehr Spaß macht es mir natürlich, wenn Menschen vor mir sitzen, also sozusagen offline. Habe ich dieses Jahr auch viele Seminare gegeben und gerade so in der Kommunikation dann direkt. Das macht mir schon sehr viel Freude. Und das Schöne daran ist, man kommt mal zu den Pferdebesitzern nicht, weil das Pferd ein Problem hat, sondern man kann mit ihnen was gemeinsam erarbeiten, ist also einfach auch nochmal ein anderes begegnen an so einem Wochenende. Sonst kommt man ja immer nur, wenn was doofes passiert ist.

[SPEAKER 1]Was ja eigentlich auch schön ist, dass man die Pferdebesitzer dann trifft, wenn nichts passiert ist und sie wollen auch gleichzeitig lernen. Das ist ja eigentlich eine Idealkonstellation für dich, weil du dein Wissen weitergeben kannst und die idealerweise auch, ja, ich will nicht sagen vorbeugen können, aber zumindestens präventiv auch was machen können.

[SPEAKER 2]Ja, ich glaube schon, dass das auch vorbeugend, wie du sagst, auch wirklich funktioniert. Also vorbeugen ist immer besser als heilen. Und es ist wirklich so, dass die meisten Probleme haltungsbedingt, ernährungsbedingt oder menschenbedingt halt leider passieren.

[SPEAKER 1]Was sind für dich so die drei Top-Probleme?

[SPEAKER 2]Ja, sicherlich Artenwege. Auch natürlich durch die Haltung teilweise bedingt.

[SPEAKER 1]Was sind dann so die Effekte, also was sind die Krankheitsbilder?

[SPEAKER 2]Also meistens haben sie dann halt Husten und Atemnot, die haben dann auch eine Leistungsinsuffizienz, die Pferde.

[SPEAKER 1]Leistungsinsuffizienz heißt keine hundertprozentige Leistung?

[SPEAKER 2]Genau, dass es einfach dann nach zehn Minuten den Pferden die Puste ausgeht. Und klar, Alarmheiten ist ein sehr großes Thema, aber Atemwegserkrankungen sind so auf Platz zwei, warum Pferde nicht mehr als Reitpferde genutzt werden können.

[SPEAKER 1]Ach wirklich? Und das ist ja sehr stark haltungsbedingt.

[SPEAKER 2]Also in Australien zum Beispiel, wo die Pferde ja nicht in Boxen leben, haben die diese Erkrankung gar nicht. Also die haben keine chronischen Atemwegsprobleme. Das ist schon sehr beeindruckend, dass wir hier bei uns in den Breitengraden, wo die Pferde doch ja noch viel in Boxen stehen, da so ein massives Problem mit haben und andere Länder gar nicht.

[SPEAKER 1]Woran liegt das dann? Fehlende Lüftung?

[SPEAKER 2]Ja gut, Strohlagerung, Heulagerung, mit in den Stallgassen.

[SPEAKER 1]Die ganzen Schwebstoffe in der Luft dann, ne?

[SPEAKER 2]Gut, man muss ja in die Stelle nur mal reingehen und sich an die Decke, also an die Decke gucken, viele Staubpartikel. Und natürlich ist das Pferd ein Frischluftfanatiker und möchte ja eigentlich lieber draußen leben.

[SPEAKER 1]Ist das dann sowas wie eine Staublunge, das ein Pferd dann hat?

[SPEAKER 2]Ja, das könnte man vielleicht so beschreiben. Es reagiert auf Reizstoffe aus der Umwelt und da zählt Staub, Strohstaub definitiv dazu.

[SPEAKER 1]Also Nummer eins ist Atemwegserkrankung. Nummer zwei?

[SPEAKER 2]Lahmheiten. Ist auch ein sehr, sehr großes Problem. Ich denke auch leider größtenteils auch haltungsbedingt. Ist jetzt meine persönliche Meinung. Aber wenn ein Pferd natürlich 20 Stunden steht und dann eine Stunde bewegt wird, ist das für das Lauftierpferd auch nicht optimal. Und von daher, jetzt das Hufgeschwür natürlich nicht, aber die Sehnerkrankung, die Gelenkserkrankung, auch da könnte man sicherlich viel präventiv arbeiten, indem man die Pferde anders hält.

[SPEAKER 1]Da kommt ja auch die Physiotherapie wieder ins Spiel, weil da müsste man ja eigentlich längere Warm-up-Perioden haben oder Aufwärmphasen und längere Cooldown-Phasen, oder? Ist das jetzt nur der Blick des Laien da drauf?

[SPEAKER 2]Nee, das ist genau richtig. Ich hab ja auch eine Podcast-Folge gemacht über die Lösungsphase aus medizinischer Sicht. Was passiert im Gelenk im Prinzip, wenn ich die Lösungsphase dementsprechend aufbaue. Also wie kann ich mein Pferd schützen vor diesen ganzen Erkrankungen.

[SPEAKER 1]Und dann auch, dass das Pferd zu lange steht, ist das auch ein Problem? Dass es quasi dann 20 Stunden in der Box steht und eigentlich sich nur bewegt, wenn es einmal trinken will oder es Hafer gibt?

[SPEAKER 2]Genau, also der Knorpel ernährt sich ja durch diese Druckbelastung und beim Stehen wird er halt porös, weil er gar nicht versorgt wird. Und auch die Brückenbildung vom Rücken ist ja eigentlich dafür gedacht, dass der Kopf unten ist und das Pferd sich dauerhaft langsam bewegt. Und ja, der Trog hängt natürlich weiter oben. Und ja, das lange Stehen schädigt auch definitiv den Rücken und die Gelenke.

[SPEAKER 1]Also wenn ich jetzt quasi den ersten und den zweiten Punkt höre, würde ich sagen, wir brauchen mehr Aktiv- und Offenställe in Deutschland, oder?

[SPEAKER 2]Ja, das sehe ich auch so.

[SPEAKER 1]Ist da ein Trend? Also siehst du, dass mehr von diesen Haltungsformen eingeführt werden?

[SPEAKER 2]Also ich finde schon, dass die Leute da immer mehr nachfragen. Ist ja auch so eines meiner Herzensprojekte, Haltungsoptimierung für das Reitpferd. Ich habe gerade einen Stall begleitet, der quasi 15 Boxen abgerissen hat und daraus einen Paddock Trail gemacht hat, wo ich dann mein Pferd auch persönlich reingestellt habe. Und wir haben viele Nachfragen, wo die Leute kommen und sich das angucken. um dann ihre Stelle auch umzubauen. Also es ist definitiv in den Köpfen der Leute und auch die, wo die in den Boxen stehen, die versuchen die Pferde viel in die Führmaschine, viel auf die Wiese, auf Winter-Paddocks. Also das Bewusstsein ist definitiv angekommen in Deutschland. Das Problem ist, dass das Angebot, um die Pferde so hinzustellen, noch gar nicht da ist in Deutschland. Also es kann nicht jeder von heute auf morgen das Pferd auf den Stall stellen, weil wir gar nicht die Anlagen dafür haben.

[SPEAKER 1]Obwohl viele sagen dann, naja, ich kann dann weniger Pferde pro Quadratmeter in Anführungsstrichen hinstellen. Also ich hab, vorher hatte ich da vielleicht vier Pferde, wenn ich das jetzt umbaue, können nur noch zwei Pferde sein. Oder ist das alles Quatsch, dass man eigentlich durch Aktivstandhaltung gar nicht so viel mehr Fläche braucht für dieselbe Anzahl an Pferden?

[SPEAKER 2]Also jetzt, wo wir jetzt umgebaut haben, aktuell haben wir sogar jetzt vier Pferde mehr stehen. Also der Liegeraum muss natürlich die Quadratmeterzahl pro Pferd gewährleisten. Aber dann haben wir um die Wiese herum einen Gang angelegt mit befestigten Böden, also dieser Trail im Prinzip. Und jetzt haben wir nicht weniger Pferde in diesem Pensionstall als vorher.

[SPEAKER 1]Was umfasst der Stall? Ein Liegeraum? Du hast es jetzt Trail genannt. Was genau ist das?

[SPEAKER 2]Im Prinzip einfach ein Weg von einer Breite von fünf Metern einmal um die Wiese herum. Und auf diesem Weg haben wir verschiedene Stationen. Wir haben eine Wasserfurt, einen Hügel, drei Heuraufen, also dass die quasi auch zum Essen immer rausgehen müssen, eine Tränke, eine Beheizte.

[SPEAKER 1]Bei Wind und Wetter, egal was ist, ist es immer draußen das Futter?

[SPEAKER 2]Genau, also die sind überdacht, die Heuraufen, dass die nicht im Regen stehen müssen. Aber vom Prinzip wird nicht da gegessen, wo geschlafen wird. Vor allen Dingen, weil ja die Pferde da, wo sie essen, auch viel Kot absetzen und ja, ist ja… Ist doch vom Saubermachen dann einfacher. Ja, viel einfacher. Plus natürlich, die Pferde müssen nicht da essen, wo sie auch auf Toilette gehen und nicht da schlafen, wo sie auf Toilette gehen.

[SPEAKER 1]Also das… Und was ist das denn für ein Untergrund?

[SPEAKER 2]Der Paddock Trail ist ursprünglich von einem Hufschmied erfunden worden, der durch die wechselnden Bodenbelege den Hufmechanismus anregen wollte. Und wir haben einmal festen Boden, also teils aus Beton, dann haben wir teils Kunstrasen verlegt, dann haben wir einen Teil, wo wir einfach nur Schotter haben, einen Teil, wo wir Erde haben, einen Sandbereich, also dass die quasi immer wechseln können.

[SPEAKER 1]Cool. Jetzt sind wir ein bisschen abgeschweift von unseren drei Top-Krankheiten. Also wir haben gesagt, es ist der Atemweg, es ist die Larmheit, also der Bewegungsapparat am Ende. Was ist Nummer drei?

[SPEAKER 2]Wahrscheinlich der Verdauungsapparat mit zum Beispiel der Kolik. Das behandeln wir auch noch sehr viel draußen.

[SPEAKER 1]Was sind da so die Gründe? Warum existieren, warum passieren Koliken?

[SPEAKER 2]Also natürlich einmal Fütterungsfehler, wenn es zu Fehlgärungen kommt. Im Sommer falsches Anweiden, auch das führt häufig zu Koliken. Im Winter sind es eher Verstopfungen, weil die Pferde kommen weniger raus, nehmen mehr Stroh auf in der Box, trinken auch nicht so gern kaltes Wasser und diese ganzen Umstände führen dann eher zu Verstoffungskoliken im Winter. Also das variiert so ein bisschen. Natürlich Magengeschwüre machen auch Kolikschmerzen teilweise. Das ist sehr unterschiedlich.

[SPEAKER 1]Obwohl Magengeschwüre ja auch in der Regel haltungsbedingt sind, sagt man ja.

[SPEAKER 2]Genau, also Haltung, Stress, das sind so die Faktoren, Fütterungsfehler. Wenn man nur einmal am Tag viel Kraftfutter füttert, statt viele kleine Portionen, ist der Magen vom Pferd überfordert und das fördert oder schon zumindest nicht den Magen.

[SPEAKER 1]Man sieht ja manche Pferdehalter, die dann ihren Pferden eine Banane geben. Der Apfel ist natürlich so der Klassiker in Deutschland. Jeder, der Simone Blum auf Instagram folgt, weiß, dass DSP Alice immer Mangos bekommt beispielsweise. Sind solche Früchte eigentlich für Pferde gemacht? Weil du sagtest gerade, diese Gärprozesse, das ist ein Problem. Da kommt es zu Koliken. Da muss man ja eigentlich genau aufpassen, was man füttert.

[SPEAKER 2]Ja, ich denke, die Dosis macht das Gift. Und eine Banane oder ein Apfel wird natürlich dem Pferd nicht schaden. Aber ich würde jetzt auch nicht fünf Kilo Äpfel füttern am Tag. Also das ist immer so in Relation zu sehen. Also schwarz und weiß ist die Welt nun mal nicht. Und man darf das dann immer noch mal individuell betrachten.

[SPEAKER 1]Also nicht auf die Mango-Diät umsteigen?

[SPEAKER 2]Nein, das würde ich auf keinen Fall machen. Weil am Ende ist es ja ein Raufutterverwerter.

[SPEAKER 1]Okay, wie häufig hört man einen Podcast von dir oder wie viele Folgen haust du so raus im Monat?

[SPEAKER 2]Also einmal jede Woche und davon mache zwei ich, das heißt zweimal was über Pferderkrankungen und die Folgewochen macht immer mein Schwiegervater, der war Berufsschullehrer für Pferdewirte im Fach Pferdefütterung und dann wechseln wir uns immer ab, eine Folge Pferdefütterung, eine Folge Pferdekrankheiten, also im Wochenrhythmus, also insgesamt vier im Monat.

[SPEAKER 1]Also die volle Kernkompetenz Pferd geballt bei dir im Podcast.

[SPEAKER 2]Das versuchen wir zumindestens zu vermitteln, genau.

[SPEAKER 1]Den Podcast gibt es auf Google Play, iTunes und direkt über meine Internetseite. Das ist kernkompetenz-pferd.de. Also alle mal eingeben. Ein Podcast rund um das Thema Tiermedizin und Pferdeheilkunde, Veterinärmedizin. Ich glaube, eine ganz großartige Sache. Und am Ende eines jeden WeHorse Podcasts haben wir die vier klassischen Podcast-Fragen, die ich natürlicherweise auch dir gerne stellen möchte. Und Frage Nummer eins ist, hast du ein Motto, nach dem du lebst?

[SPEAKER 2]Ja, das habe ich wirklich. Und zwar, das Leben beginnt außerhalb der Komfortzone. Und ich möchte halt viele Dinge machen, an die ich mich erinnere.

[SPEAKER 1]Sehr gut. Dann Nummer zwei. Gibt es einen Menschen oder eine Persönlichkeit, die dich besonders geprägt hat?

[SPEAKER 2]Also wenn ich jetzt eine Person im Einzelnen nennen muss, dann würde ich auf jeden Fall sagen zum einen meine Eltern, die das ja auch alles mit mir mitgemacht haben. Und von meinem Vater habe ich definitiv gelernt, sehr ehrgeizig und sehr diszipliniert zu sein. Für ihn ist immer Weiterbildung sehr, sehr wichtig gewesen. Jetzt, er hat die letzten Jahre im Ausland verbracht beruflich und hat mit über 60 noch angefangen, Polnisch zu lernen. Also, ja, ist jetzt in Rente gegangen, hat sich jetzt gerade in der Uni eingeschrieben und hat für das Fach Latein. Also von ihm habe ich definitiv mitgegeben bekommen, dass die Weiterbildung nie aufhört und dass das ganz wichtig ist für die Persönlichkeitsentwicklung. Und ja, meine Mama ist da so ein bisschen der Gegenpol mit Yoga und Meditation.

[SPEAKER 1]wo das ja auch viel mit persönlicher Weiterentwicklung zu tun hat.

[SPEAKER 2]Und da habe ich definitiv gelernt, dass es auch wichtig ist, auf sich selbst zu achten, gerade wenn man so viele Dinge machen möchte. Wie gesagt, es gelingt mir auch nicht immer so gut, aber dass man sich auch Zeiten freischaufelt für eine Auszeit. Aber ich glaube, was mich mehr geprägt hat, ist eher, dass ich Ja, ich bin ja sehr, sehr oft umgezogen. Ich glaube so Pi mal Daumen zehn Mal jetzt schon in meinem Leben. Und dieses neue Leute kennenlernen, verschiedene Orte und einfach immer seinen Horizont zu erweitern, das ist definitiv was, was einen insgesamt doch sehr prägt.

[SPEAKER 1]Sehr gut. Frage Nummer drei. Wenn du Reitern oder Pferdemenschen dieser Welt eine Sache im Umgang mit Pferden auf den Weg geben könntest, was wäre es?

[SPEAKER 2]Ich würde mir im Umgang mit Pferden mehr Eigenverantwortung wünschen und weniger Schuldzuweisung ans Pferd. Ich bin der festen Überzeugung, dass Pferde eigentlich keine Fehler machen und sie schon gar nicht irgendwie mutwillig agieren können. Das geht meiner Meinung nach gar nicht, weil es ja ein nicht-ich-reflektiertes Wesen ist. Und wenn ich dann in den Reitstellen immer höre, das macht er mit Absicht und heute hat er keine Lust und der will heute nicht so, dann Ja, wenn die nicht so reagieren, wie wir es gern hätten, dann ist entweder die Hilfe falsch gegeben oder halt wir haben sie nicht genau passend darauf vorbereitet. Und wenn wir die Schuld mehr bei uns suchen und weniger beim Pferd, glaube ich, haben wir spatenübergreifend doch deutlich mehr Harmonie und Freude im Umgang mit den Pferden.

[SPEAKER 1]Also ein kleiner Appell zur Selbstreflektion.

[SPEAKER 2]Genau, definitiv mehr Eigenverantwortung.

[SPEAKER 1]Und zum Abschluss vervollständige bitte diesen Satz für mich. Pferde sind für mich Lebensfreude. Großartig. Ein perfektes Schlusswort. Der Podcast Kernkompetenz Pferd. Wir haben gehört, wo er zu finden ist. Schaut alle gerne mal dort vorbei. Hört rein. Ich glaube, eine großartige Geschichte, um sich auch weiterzubilden. Vielen Dank, Dr. Veronika Klein. Vielen Dank.

[SPEAKER 2]Schönen Tag.

[SPEAKER 1]Das war die aktuelle Folge des wehorse Podcasts. Falls euch unser Podcast gefällt, lasst gerne eine Bewertung da. Ihr findet den wehorse-Podcast auf allen gängigen Podcast-Apps, zum Beispiel bei Spotify, Google Play oder iPhone Podcast. Bis bald bei der nächsten Folge.

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