#Interview mit Vielseitigkeitsreiter Jérôme Robiné: Vom Zittern im Zelt zu Team-Gold bei den Europameisterschaften
Was geht im Kopf eines Vielseitigkeitsreiters vor, wenn selbst die Besten der Welt im Gelände scheitern?
In dieser Folge spricht Jérôme Robiné offen über seinen Weg vom Nachwuchsreiter bis ins Goldteam der deutschen Equipe, über mentale Stärke und Intuition im Gelände und das Vertrauen in sein Pferd Black Ice.
Jérôme erklärt, warum Vielseitigkeit zu 95 Prozent aus präziser Planung besteht und was die verbleibenden fünf Prozent ausmachen, um am Ende zur Weltspitze des Vielseitigkeitssports zu gehören. Besonders eindrücklich spricht er über sein Pferd Black Ice, mit dem er Situationen scheinbar vorhersagen kann und warum er weniger nervös vor der Geländeprüfung einer Europameisterschaft ist als vor einer kleinen Geländepferdeprüfung mit einem jungen Pferd.
Ein ganz besonders sympathisches Gespräch über Jérômes ausgeprägte Leidenschaft für die Pferde und den Sport, über Perfektionismus in der Dressur, Reformen im Sport, seine spannende Zeit als Sportsoldat in Warendorf – und über Reiter, von denen er sich Inspirationen abholt.
Podcast Transkript
Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.
[SPEAKER 2]
[00:00:01-00:00:07]
Heute zu Gast, der Vielseitigkeits-Europameister Jérôme Robiné.
[SPEAKER 1]
[00:00:07-00:00:36]
Meine erste Fünf-Sterne-Prüfung in Luhmühlen, da habe ich mir die ersten drei Reiter angeguckt. Das waren Laura Collett, Oliver Townend und noch irgendeiner aus der Weltspitze. Die fielen alle drei runter. Und dann... Dann sitze ich neben Andreas Dibowski und weiß, was haben die falsch gemacht. Das gibt einem ja ein sicheres Gefühl, wenn man weiß, die haben den Fehler gemacht, den machst du nicht. Dann kommst du rüber und sagst, der weiß das nicht. Dann wurde ich richtig nervös.
[SPEAKER 2]
[00:00:36-00:00:39]
Herzlich willkommen zum WeHorse Podcast.
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[00:00:39-00:00:53]
Heute mit Christian Kröber. WeHorse ist deine Lernplattform, auf der du täglich Inspirationen, Trainingstipps und das Wissen der besten Trainer bekommst, um gemeinsam mit deinem Pferd jeden Tag besser zu werden.
[SPEAKER 2]
[00:00:53-00:01:56]
Hier ist sie, die letzte Podcast-Folge des Jahres, Episode 225. Ich hoffe, wir hoffen, dass ihr eine schöne Weihnachtszeit hattet, die Ruhe genossen habt, Kraft gesammelt habt für dann ein erfolgreiches Jahr 2026, dass ich uns allen wünsche, auch jetzt an dieser Stelle schon mal einen guten Rutsch. Bevor wir aber dann Richtung Silvester schauen, kommt hier die Podcast-Folge mit Jérôme Robiné. Er ist deutscher Fünf-Sterne-Vielseitigkeitsreiter und ehemaliger Sportsoldat und der amtierende Mannschaftseuropameister mit der deutschen Equipe. Er zählt aktuell zur absoluten Vielseitigkeitsspitze und neben seiner aktiven Karriere ist er auch Co-Bundestrainer zum Beispiel des U25-Kaders. Und gemeinsam sprechen wir über seinen Aufstieg der vergangenen Jahre, der auch hart erarbeitet ist mit seinem Pferd Black Eyes und über die verschiedenen Facetten, die das ganze Leben als Spitzensportler noch mit sich bringen. Nun steigen wir ein, hier der Podcast mit Jérôme.
[SPEAKER 1]
[00:01:58-00:02:04]
Hi Jerome, schön, dass du da bist bei uns im Podcast, freue mich sehr.
[SPEAKER 2]
[00:02:04-00:02:20]
Du bist Vielseitigkeitsreiter, hast in diesem Jahr erstmalig Goldmedaille auf einem Championat mit der deutschen Mannschaft erritten und du bist Sportsoldat. Wir hatten schon mal eine Sportsoldatin vor vielen Jahren da. Wie wird man eigentlich Sportsoldat?
[SPEAKER 1]
[00:02:20-00:02:50]
Ich bin ja kein Sportsoldat mehr. Seit vier Wochen bin ich raus. Nein! Doch! Aber ich war jetzt, deswegen kann man das, ich war jetzt neun Jahre Sportsoldat. Sportsoldat wird man, indem man sich ganz klassisch bewirbt. Du bewirbst dich bei der Bundeswehr, wirst dann von Bundestrainer werden quasi die Bewerbungen durchgeschaut und Das klassische Leistungsprinzip gilt, die Besten werden genommen.
[SPEAKER 2]
[00:02:50-00:02:57]
Bewerbung heißt Lebenslauf. Also du hast richtig so ein schönes Dokument ausgearbeitet. Genau.
[SPEAKER 1]
[00:02:57-00:03:15]
Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit möchte ich mich bewerben als Sportsoldat bei der Bundeswehr. Richtig. Am Ende interessiert es ja wahrscheinlich keinen, wie in so Unternehmen auch, in dem einen oder anderen, wie da eine Bewerbung ist. Aber das war der erste Moment, wo ich ganz ehrlich eine Bewerbung geschrieben habe. Hat mir gut getan, glaube ich.
[SPEAKER 2]
[00:03:15-00:03:17]
War das deine erste und einzige Bewerbung bisher?
[SPEAKER 1]
[00:03:17-00:03:18]
Absolut.
[SPEAKER 2]
[00:03:18-00:03:39]
Obwohl, man sagt ja immer bei Bewerbungen, dass... eigentlich diejenigen Bewerbungen, die krass rausstechen, die besten sind. Also ich habe letztens irgendwo eine gesehen, wo jemand einfach nur so einen Barcode, den man scannen konnte, drauf gemacht hat und hey, scanne das mal, wenn du mehr von mir erfahren willst. Und dann gehst du drauf. Wenn du es halt machst wie alle anderen, dann ist es natürlich langweilig.
[SPEAKER 1]
[00:03:39-00:03:45]
Das stimmt. Ich glaube am Ende, jetzt ist es nachher auch mit Chat-TVT, das ist so leicht geworden.
[SPEAKER 2]
[00:03:45-00:03:47]
Zu leicht fast.
[SPEAKER 1]
[00:03:47-00:03:60]
Am Ende zählt ja der Effort, den du da reinsteckst. Wenn du siehst, Wanda hat sich einer Mühe gegeben, der will es wirklich. Aber mit Chet Chibiti, ich glaube, das kann ich dir jetzt in zwei Minuten so machen.
[SPEAKER 2]
[00:04:00-00:04:16]
Also du bist jetzt nicht mehr deutscher Sportsoldat. Wie wichtig war für dich diese Diese Förderung, die ja am Ende auch was sehr, sehr Spezifisches ist, was wir in Deutschland haben, um solche Erfolge zu erreiten, wie du zum Beispiel dieses Jahr errungen hast.
[SPEAKER 1]
[00:04:16-00:05:28]
Für mich war es unheimlich wichtig. Ich möchte die neun Jahre gar nicht missen. Zum einen ist es natürlich einfach, dass du finanziell abgesichert bist, du bist versichert, du hast medizinische Betreuung, wie du sie niemals in der freien Welt da draußen kriegen würdest. Also du hast so ein bisschen das Rundum-Sorglos-Paket und es wird gesagt, okay, du konzentrierst dich auf deinen Sport und klar haben wir dann Grundausbildung gemacht, die eine tolle Zeit war. Du musst dir vorstellen, alle möglichen Sportarten werden da vier Wochen, bei mir waren es nur sechs Wochen, jetzt mittlerweile vier Wochen zusammengesteckt und militärisch ausgebildet. Das war eine sehr geile Zeit und dann hat man ein Mindestmaß an militärischen Übungen, die du jedes Jahr machen musst und Aber die Förderung kriegst du nirgendwo anders. Und dann bist du natürlich auch durch diesen Standort Wadendorf so gut an Bedingungen und vor allem das Wichtigste an ganz, ganz viele gute Trainer gebunden.
[SPEAKER 2]
[00:05:28-00:05:32]
Also man muss sagen, Wadendorf ist wirklich ein sehr, sehr großer Standort.
[SPEAKER 1]
[00:05:32-00:05:51]
Nicht nur im Reiten, glaube ich, auch Schwimmen ist ein wichtiger Bestandteil da. Genau, die Rettungsschwimmer. sind quasi auch da und mit denen ist man dann auch zum Beispiel auf einem Gang. Kann man sich so irgendwie wie eine Riesen-WG vorstellen. Hast ein großes Gebäude, da hat jeder sein Zimmer.
[SPEAKER 2]
[00:05:51-00:05:53]
Weil ihr seid auch in einer Kaserne.
[SPEAKER 1]
[00:05:53-00:06:15]
Ja, ich bin ein sehr sozialer Mensch. Ich bin gerne von Leuten umgeben. Ich habe tatsächlich vier Jahre in der Kaserne gelebt. Und wie gesagt, das ist so ein bisschen wie eine Riesen-WG. WG, jeder hat sein Zimmer mit Bad und dann gibt es eine Gemeinschaftsküche, da treffen sich alle abends. Ja, war glaube ich die beste Entscheidung, die ich mit 18 fände.
[SPEAKER 2]
[00:06:15-00:06:17]
Bist du auch an der Waffe ausgebildet?
[SPEAKER 1]
[00:06:17-00:06:37]
Tatsächlich ja, also du machst eine ganz normale Grundausbildung. und schießt auch. Ich war erstaunt, wie leicht es ist, mit so einer Waffe zu schießen. Da kann wirklich jeder mit umgehen. Ein bisschen erschreckend war es, aber wir haben es tatsächlich auch geschossen.
[SPEAKER 2]
[00:06:37-00:06:41]
Aber das ist der deutlich kleinere Fall. Es geht im Kern ja um die Sportförderung.
[SPEAKER 1]
[00:06:41-00:07:04]
Es geht im Kern um die Sportförderung, aber die Bundeswehr sagt natürlich auch, wir wollen es euch jetzt nicht einfach nur schenken, sondern du bist immer noch Soldat, der einfach freigestellt ist vom Dienst. Und jetzt mal rein theoretisch musst du natürlich als Soldat mit der Grundausbildung zumindest die grundlegenden Dinge des Militärs beherrschen.
[SPEAKER 2]
[00:07:04-00:07:05]
Muss man sich da eigentlich richtig verpflichten?
[SPEAKER 1]
[00:07:05-00:08:04]
Es gibt ja diese 10 Jahre, 12 Jahre und so. Das ist, wenn du tatsächlich Berufssoldat wirst, aber die Sportförderung wäre eine blöde Sache. Einer ist jetzt einmal gut, hat ein gutes Pferd, hat ein gutes Jahr, hat Glück. kommt rein in die Bundeswehr und würde sich sozusagen lange verpflichten und wäre dann auf einmal, würde diesen Sportfördergruppenplatz für eine lange Zeit besetzen. Es ist so, ich glaube, es gibt insgesamt für alle Sportarten hinweg 700 Sportfördergruppenplätze. Ich glaube, bei den Reitern sind es am Ende 10 und das kann nicht ausgeweitet werden. Es gibt immer Einjahresverträge und Und Ende des Jahres wird geguckt, gibt es bessere Leute, die rein wollen? Und müssen wir jemanden vielleicht sogar rausschmeißen? Und so wird das immer durchsortiert und dann gibt es den neuen Jager.
[SPEAKER 2]
[00:08:04-00:08:14]
Wie ist Reitsport angesehen? Weil du hast ja dann Kontakt auch mit den ganzen anderen Sportarten. Wie sind so die Reiter innerhalb der ganzen anderen Sportarten angesiedelt?
[SPEAKER 1]
[00:08:14-00:08:38]
Gute Frage. Am Ende... Es war geil, dass wir Kontakt mit allen anderen Sportlern hatten, mit denen du sonst nicht in Kontakt kommst. Die Reitsportler haben natürlich ein bisschen den Wirt nachgesagt, sie können gut feiern. Das ist so das oberste Credo.
[SPEAKER 2]
[00:08:38-00:08:40]
Hast du den Ruf auch hochgehalten?
[SPEAKER 1]
[00:08:40-00:09:54]
Den Ruf haben wir hochgehalten, aber insgesamt als Truppe. Also nicht nur die Reiter, sondern alle Mann. Und es war witzig zu sehen, wie bei der Grundausbildung selbst, dass Sportler an sich, erfolgreiche Sportler an sich, haben so ein gewisses Ego an sich. Und jeder, der da hingekommen ist, hat erstmal gedacht, ich bin der Größte und ich mache hier meine vier Wochen und die können mir gar nichts. Aber die kriegen es irgendwie hin, alle erstmal ganz klein zu machen und daraus dann irgendwie ein Team zu formen. Also ich muss wirklich sagen, nach diesen vier Wochen haben die es wirklich hingekriegt, dass da alle füreinander eingestanden haben und da ein richtiges Teamgefühl war. Das war so das Hauptding, von dem ich echt beeindruckt war, obwohl ich jetzt, bevor ich zur Bundeswehr gegangen bin, Ich will nicht sagen, nichts von der Bundeswehr gehalten habe, aber keine Prüfungspunkte hatte und auch nie die Überlegung hatte, ich würde gerne Soldat werden, sondern es war rein diese Sportförderung für mich. Und danach aber war ich doch recht beeindruckt und könnte sagen, ich würde es jungen Leuten empfehlen, geht's mal zur Bundeswehr.
[SPEAKER 2]
[00:09:54-00:10:09]
Ist ja auch gerade, wir nehmen jetzt ja auf, Anfang Dezember 2025, ist ja gerade ein mega aktuelles Thema, ich glaube gerade sogar im Bundestag verabschiedet, das ist jetzt ja zumindest freiwillig und jeder, glaube ich, wird angeschrieben, hey, geh doch bitte zur Bundeswehr, wie so eine Art Freiwilligendienst.
[SPEAKER 1]
[00:10:10-00:10:34]
Ja, ja, also spannende Nummer, aber wie gesagt, Vorher, keiner hatte Bock, alle mussten. Du musst die Grundausbildung machen, damit du diese Förderung erfährst. Deswegen waren alle, ich sitze meine Zeit hier ab und dann mache ich wieder meinen Sport. Das hat die Leute so zusammengeschweißt und hat wirklich Spaß gemacht. War ganz interessant zu sehen.
[SPEAKER 2]
[00:10:34-00:10:56]
Du kommst ursprünglich aus Hessen, aus Darmstadt. Und hast in den vergangenen Jahren einen sehr klassischen Weg in den großen Sport genommen, warst in den Nachwuchsprüfungen und dann U25-Zeit, U25-Förderpreis etc. Wann war für dich klar, dass du Profi werden möchtest?
[SPEAKER 1]
[00:10:56-00:11:12]
Das hatte ich so entwickelt. Also mit 18, als ich nach Warndorf gegangen bin, war es, okay, keine Ahnung, meine anderen Kumpels gehen reisen. ich will erstmal reiten, ich will jetzt weg vom Lernen, nicht direkt studieren, erstmal nur reiten.
[SPEAKER 2]
[00:11:12-00:11:13]
Also du hast ganz normal Abi gemacht?
[SPEAKER 1]
[00:11:13-00:11:59]
Genau, ich habe ganz normal Abi gemacht und dann ist ja immer so die Frage für einen jungen Menschen, fängst du direkt an zu studieren, eine Ausbildung zu machen oder gehst du reisen? Und das war natürlich irgendwie der perfekte, ich will nicht sagen Ausweg für mich, aber so, okay, ich kann einfach nur reiten und verdiene aber Geld, bin weg von zu Hause. Also alle diese Aspekten wurden erfüllt und dann geht es irgendwie Jahr für Jahr weiter und es entwickelt sich einfach daraus, dass wirklich dieses Hobby... irgendwann professionell wurde und man gedacht hat, okay, das kann ich mir auch in Zukunft vorstellen als mein Beruf.
[SPEAKER 2]
[00:11:59-00:12:08]
Wie ging es dann weiter? Also du hast, oder das ist ja eigentlich der Punkt, wo du dann Sportsoldat geworden bist. Du hast dich quasi informiert, wie kann das gehen und hast eine Bewerbung geschrieben.
[SPEAKER 1]
[00:12:09-00:13:20]
Genau, ich habe tatsächlich, also die Uniformen sind ja immer sehr präsent. Die stechen ja raus. Und dann habe ich jetzt mittlerweile eine Freundin, damals eine gute Bekannte, gefragt, die damals in der Bundeswehr war, wie ist das und so weiter und so fort. Und hat mir gut gefallen. Wie gesagt, habe meine Bewerbung geschickt und bin da aber nicht mit dem Gedanken rangegangen, jetzt bist du die nächsten neun Jahre in Warndorf, sondern wirklich mit dem Gedanken, das machst du jetzt mal zwei Jahre und dann gehst du studieren, was weiß ich. Und ja, aber irgendwie Bleibst du dann dabei und ich glaube auch, weil sich alles oder für mich ist die Pferde, der Reitsport, das tägliche Arbeiten sehr, sehr leicht. Also ich finde es immer wieder erstaunlich, ich studiere auch noch nebenher, die Stunden, die ich vorm PC verbringe oder in der Uni verbringe, wie anstrengend die für mich sind und wie viele Stunden ich im Stall und mit den Pferden verbringe. Und das geht irgendwie alles leicht von der Hand, obwohl es zeitmäßig utopisch ist.
[SPEAKER 2]
[00:13:20-00:13:36]
Was ja eigentlich ein klares Zeichen ist. Man sagt ja immer Stärken stärken. Man soll sich daran weiterbilden und sich verbessern in den Dingen, die dann für einen einfach sind. Das ist ja eigentlich ein Zeichen gegen Studium und für Mehrheiten Karriere im Sattel ausbauen.
[SPEAKER 1]
[00:13:37-00:14:15]
Absolut, aber man hat natürlich auch irgendwie, man probiert ja immer vernünftig zu sein. Deswegen auch das Studium noch. Auch eine Sache, wo ich immer das Gefühl habe, du hast natürlich auch mal schlechte Phasen im Reitsport, wo es nicht so funktioniert und nicht alles zusammenläuft. Und wenn du dann in deinem Leben noch andere Dinge hast, sei es ein Studium, sei es einen großen Freundeskreis, was weiß ich, glaube, das ist wichtig, dass du nicht nur die ganze Tag Pferde, Erfolge im Kopf hast, sondern dann auch andere Dinge im Leben hast, an denen du dich hochziehen kannst.
[SPEAKER 2]
[00:14:15-00:14:44]
Weil das ist natürlich schon so, das ist ja am Ende für dich wie so eine Backup-Lösung oder so ein Rückfallnetz. Es gibt natürlich, wenn man jetzt schaut, eigentlich eine super Möglichkeit, komplett in diese Turnierwelt ganz tief reinzugehen. Also jedes Wochenendeturnier, jeden Tag Training, dann hast du Schüler, denen du Training geben kannst. Es ist ja recht simpel eigentlich zu sagen, okay, ich bin gut da drin, das mache ich jetzt und da gehe ich mal so richtig deep rein.
[SPEAKER 1]
[00:14:44-00:15:32]
100 Prozent, aber ich glaube... Man schränkt sich, glaube ich, schnell selbst ein, indem man sagt, okay, das ist jetzt mein Ding und das mache ich und das machst du Tag für Tag. Ich glaube, oder ich probiere tatsächlich im Moment irgendwie den Horizont möglichst weit offen zu halten immer. Klar sind die Pferde immer an Prio Nummer 1, die Turniere. Ich bin aber auch noch als Trainer unterwegs. Jetzt sind wir jetzt hier in Salzburg gerade, habe jetzt hier eine Masterclass gegeben. Also ich probiere schon irgendwie... Ja, auch drumherum Dinge mitzunehmen, auch wenn natürlich im ersten Moment immer im Kopf ist, okay, du könntest jetzt zu Hause sein, du könntest jetzt deine Pferde trainieren und für das nächste Turnier.
[SPEAKER 2]
[00:15:32-00:15:39]
Ist das im Hinterkopf, also jetzt auch während wir sitzen, ist es vielleicht die vergeudete Zeit, warum kann ich nicht zu Hause trainieren? Ist wirklich so?
[SPEAKER 1]
[00:15:39-00:16:16]
Also nicht vergeudete Zeit, aber man überlegt natürlich schon immer, weil am meisten Spaß macht es auf dem Pferd. Aber wie gesagt, ich will mich da immer nicht so einschränken, nur reiten, nur Turniere, Woche für Woche für Woche, sondern... Probier da irgendwie den Horizont relativ weit offen zu halten und dann hast du natürlich trotzdem Phasen in der Saison. Wenn wir wirklich im Sommer sind, dann bist du von Turnier zu Turnier und konzentrierst dich nur aufs nächste Training. Dann schränkt sich dein Horizont von ganz alleine wieder ein.
[SPEAKER 2]
[00:16:17-00:16:36]
Du hast in diesem Jahr mit der deutschen Equipe, unter anderem zusammen mit Michael Jung, den Europameisterschaftstitel in der Mannschaft erritten in Blenheim. War das für dich so der endgültige Erweckungsmoment, okay, ich bin wirklich jetzt auf Championatslevel in Deutschland angekommen?
[SPEAKER 1]
[00:16:36-00:16:47]
Ja, schon irgendwie. Man sieht sich ja nicht ganz oben immer, weil du... Du wächst irgendwie mit deinen Idolen auf.
[SPEAKER 2]
[00:16:47-00:16:48]
Wer war das für dich?
[SPEAKER 1]
[00:16:48-00:18:05]
Ja, es ist am Ende Ingrid gewesen, Michi Jung gewesen, Sandra natürlich, die da irgendwie 2014 Doppelgold gewinnt. Sandra Auffahrt. Ja, Sandra Auffahrt. Dann gegen Ende jetzt natürlich Julia, die dann irgendwie ihre Hochphase hatte oder hat. Du wächst mit den Leuten auf und bist im Amateursport, Jugendsport unterwegs, also weit von denen entfernt. Und dann geht es halt immer weiter, immer weiter, immer weiter. Und auf einmal, ich will nicht sagen, bist du auf einer Ebene, aber bist du auf den gleichen Prüfungen unterwegs, bist gar nicht mehr so weit von denen entfernt. Aber gedanklich ist natürlich irgendwie dieser Abstand zu den Idolen doch immer noch da. Das war schon so ein Schritt, wo man jetzt sagen konnte, ja, du gehörst zum Championatskader in Deutschland, du gehörst zum Goldteam in Deutschland, was ja allein für sich schon immer eine Auszeichnung ist, für Deutschland ein Championat zu reiten. Wenn du siehst, was da für Leute um dich herum sind, ja. Aber das muss man mental auch, glaube ich, so ein bisschen verarbeiten. Es sei denn, du hast ein riesengroßes Ego. Dann sagst du vielleicht, ja, habe ich kommen sehen, aber es ist ein langer Weg.
[SPEAKER 2]
[00:18:05-00:18:26]
Ist das denn mental über die Zeit, dass man sagt, okay, ich habe mich jetzt gewöhnt, dass ich jetzt regelmäßig auf den ganz großen Turnieren bin, dass für mich jetzt nichts Neues. Du warst wahrscheinlich in Aachen dieses Jahr auch bester Deutscher. Dass einfach so auch diese steigende Medienaufmerksamkeit einfach dich darüber heranführt, Oder hast du einen Mentalcoach, mit dem du Dinge durchbesprichst?
[SPEAKER 1]
[00:18:26-00:18:56]
Nee, es fällt einem ja meistens immer rückwirkend auf. Natürlich, medial wird es immer mehr. Du bist, wie gesagt, nah dran an den guten Leuten, bist auch mal davor. Das fällt dir vor allem rückwirkend auf. In dem Moment selbst oder gerade davor sieht man sich erstmal... Ich will nicht sagen darunter, aber man hat schon irgendwie noch einen gewissen Respekt vor seinen Idolen.
[SPEAKER 2]
[00:18:56-00:19:09]
Aber am Ende bist du ja mit denen auf Augenhöhe und musst ja dann mit einem Teamkollegen wie Michi Jung, es geht ja auch darum, wer startet an welcher Position, geht man zusammen den Kurs ab, am Ende ist es ja total auf Augenhöhe.
[SPEAKER 1]
[00:19:09-00:19:43]
Absolut, absolut. Das ist auch tatsächlich sehr interessant. Auch Michi, der alles gewonnen hat, Besser geht es nicht und selbst der fragt auch mal nach auf so eine Europameisterschaft, wie war dies, das, jenes. Auch der ist nicht im Kopf so, dass er sagt, ich weiß alles besser als ihr. Das war wirklich interessant, wie viel er uns geholfen hat, aber wie viel Feedback wir ihm vielleicht auch noch geben konnten.
[SPEAKER 2]
[00:19:44-00:19:53]
Mit deinem Pferd, mit Black Eyes, euch verbindet schon eine sehr lange Partnerschaft. Was charakterisiert Black Eyes für dich?
[SPEAKER 1]
[00:19:53-00:20:54]
Benny, wie er im Stall genannt wird, steht sehr über den Dingen. Er ist ein unheimlich intelligentes Pferd, der auch, wenn man ihn im Stall so sieht, eine unheimlich weise Ausstrahlung hat. Der macht keine komischen unüberlegten Sachen, der erschreckt sich nicht irgendwie. Also man hat wirklich das Gefühl, der ist einfach schlauer als alle anderen. Und das zeichnet ihn, glaube ich, aus, dass er so ein intelligentes Pferd ist. Unser Weg ging jetzt schon richtig lange, Irgendwie immer weiter back auf. Auch das muss man wirklich sagen, das ist krass, wie dieses Pferd Jahr für Jahr immer besser wurde. Durchgängig abgeliefert hat. Wirklich einen noch nie im Stich gelassen hat. Das ist ziemlich einmalig.
[SPEAKER 2]
[00:20:54-00:20:60]
Was am Ende auch Hand in Hand geht mit deiner Entwicklung. Ihr habt euch ja gemeinsam auch auf dieses Level entwickelt.
[SPEAKER 1]
[00:20:60-00:21:44]
Absolut, absolut. Er hat... glaube ich, mich geprägt, ich habe ihn geprägt. Wir sind da einfach ein richtig gutes Team geworden. Ich habe schon gesagt, es ist erstaunlich, wenn ich jetzt vor so einer Europameisterschaft ins Gelände reite, bin ich null aufgeregt, weil ich mir genau, wenn ich vorher so den Kurs durchgehe, kann ich mir schon genau vorstellen, wie, wo, was, in welcher Situation passiert. Und weil ich ihn einfach so gut kenne und er mich so gut kennt und ich sag mal 95% passiert dann auch genauso, wie ich es mir vorher im Kopf ausmale. Also das ist schon freaky irgendwie, dass man das so vorher sagen kann.
[SPEAKER 2]
[00:21:44-00:22:02]
Also du gehst ja quasi vorher die Strecke ab, ich glaube ihr fahrt häufig so mit dem Fahrrad oder mit irgendwie so einem E-Bike oder so, ne? Aber die wichtigsten Ecken, die guckst du dir dann ganz genau an und die hast du dann auch vorm inneren Auge, weil es ja schon ein sehr, sehr langer Kurs dann am Ende ist, aber du gehst quasi alles mental einmal vorher durch.
[SPEAKER 1]
[00:22:02-00:23:13]
Jaja, also du hast wirklich alles vorm inneren Auge. Von der Startbox bis ins Ziel. Auch Auch normale Füllsprünge, du weißt ganz genau, wo willst du, ich sage mal, welchen Weg, wie in der Formel 1, ist der kürzeste für dich, ist der beste für dein Pferd, willst du vor dem Sprung wenden, nach dem Sprung wenden. Das sieht immer so aus, als ob wir da 10 Minuten random in der Gegend rumreiten, aber da ist wirklich jeder Galoppsprung richtig gut geplant und wie du sagst, du hast einfach vor deinem inneren Auge, wie du was machen willst und Irgendwann, wenn man es ganz, ganz oft gemacht hat mit seinem Pferd, kann man sich da wirklich, hast du genau dieses Gefühl, wie es sich anfühlt, wie es passieren wird, also wo landet der, dann macht er den ersten Erlauf schon so, wie er ihn immer macht, dann machst du dies, das, jenes, damit du so dahin kommst. Also irgendwann kann man sich das genau vorstellen und es genau nachfühlen. Und das ist für mich spannender, oder was ist spannender, aufregender, ein 5-jähriges Pferd zum ersten Mal Geländepferde A zu reiten. Einfach, weil ich mir nicht vorstellen kann.
[SPEAKER 2]
[00:23:13-00:23:15]
Weil du nicht weißt, wie das gefühlt wird.
[SPEAKER 1]
[00:23:15-00:23:25]
Genau. Du kannst dir null vorstellen, was macht sie jetzt. Guckt sie da, läuft sie einfach drüber, ist sie schnell, langsam. Du kannst dir halt gar nicht vorstellen. Du kannst dich nicht reindenken. Und das gibt dir so eine Unsicherheit.
[SPEAKER 2]
[00:23:25-00:23:32]
Und ja, das ist irgendwie paradox, aber auch spannend. Du sagtest gerade, 95% in so einem Kurs kommt dann wie geplant. Was ist mit den anderen 5%?
[SPEAKER 1]
[00:23:33-00:24:26]
Ja, Geländereiten ist am Ende auch... Manchmal intuitiv. Das ist das Wichtigste, was wir auch immer wieder gerade von unseren Geländetrainern gesagt bekommen. Klar, wir kennen unsere Pferde gut, aber irgendwo stolpert man mal, kommt ein bisschen von seiner Ideallinie ab, irgendwas. Und dann darfst du natürlich nicht nur Plan A im Kopf haben und sagen, es muss jetzt aber so. Sondern dann ist dein Gefühl, deine Intuition, darauf musst du dann vertrauen. Und da gibt es auch mal 1, 2, 3 Sprünge, die so sind. Deswegen, du darfst dich nicht verschleifen auf es geht nur diesen einen Weg, sondern es gibt diesen einen Weg und der funktioniert auch sehr oft. Aber es gibt auch immer einen Moment, wo es irgendwie kurz anders ist und dann musst du halt einfach intuitiv richtig reagieren.
[SPEAKER 2]
[00:24:26-00:24:27]
Ist ja auch fast nicht trainierbar.
[SPEAKER 1]
[00:24:28-00:24:28]
Nee, gar nicht.
[SPEAKER 2]
[00:24:28-00:24:49]
Also es ist ja am Ende das reiterliche Können, das reiterliche Talent, das dir in die Wiege gelegt ist, das du in dem Moment schalten kannst und sagen kannst, okay, ich bin jetzt zwar, es gibt ja die berühmte Oh-Shit-Position zum Beispiel von Chris Bartel, wo man dann wirklich hinten drin hängt, Zügel lang, dann musst du irgendwie wieder aufnehmen und weiter. Das ist rein Intuition.
[SPEAKER 1]
[00:24:49-00:25:22]
Am Ende ist es Intuition, ja. Und du siehst Leute, die sich auf dem Plan versteifen. Da geht es oft schief. Und sehr, sehr gute Reiter, wie gesagt, die kriegen fast alles so hin, wie es sein soll. Aber da gibt es immer mal den Moment, wo es gerade nicht so ist. Und dann musst du halt richtig sitzen, musst du dein Pferd ausbalancieren, musst vielleicht doch mehr treiben, als du dir vorher überlegt hast. Und wenn du da in dem Moment festgefahren bist und nur deinen einen Weg hast, dann funktioniert es nicht.
[SPEAKER 2]
[00:25:23-00:25:56]
Hattest du, weil du eben sagtest, dass du vor so einem schweren Gelände nicht aufgeregt bist, bei einer Geländepferde A vielleicht wegen des unterschiedlichen Gefühls viel, viel mehr aufgeregt. Hattest du jemals Momente, wo du dachtest, boah, das ist jetzt ein krasser Kurs? Weil wenn ich jetzt, ich habe vor Jahren mal Lomülen abgegangen, da habe ich gedacht, also bis ich da rüber reiten würde, da würde mich kein Zehn Pferde drüber kriegen. Und ihr kachelt da mit richtig Speed drüber. ist es einfach Furchtlosigkeit, die auch da mitschwingen muss oder einfach dieses positive Gefühl?
[SPEAKER 1]
[00:25:58-00:26:53]
Ich glaube tatsächlich, dieses positive Gefühl und die vielen guten Erfahrungen. Es sagen immer viele Leute, das würde ich mir nicht trauen. Aber du fängst ja wirklich, als Kind fängst du irgendwie bei 60 Zentimeter an. Und dann arbeitest du dich immer weiter nach oben. Ist das wie, wenn wir jetzt durch den 1,60 Meter Parcours gehen? Schwierig. Du arbeitest dich ja irgendwie nach oben. Und deswegen wird es Normalität. Aber ich habe tatsächlich meine erste Fünf-Sterne-Prüfung in Lomül. Ich bin eigentlich nicht aufgeregt. Aber da habe ich mir die ersten drei Reiter angeguckt. Und zwar Laura Collette, Holly Townend und noch irgendeiner aus der Weltspitze. Also wirklich die Top Ten der Welt. Und die fielen alle drei runter. Und da sitzt man immer so mit allen Reitern im Zelt zusammen.
[SPEAKER 2]
[00:26:55-00:26:59]
Dann guckt man auch auf den Monitor.
[SPEAKER 1]
[00:26:59-00:27:27]
Es gibt viele verschiedene Monitore, damit man wirklich alles sieht. Dann sitze ich neben Andreas Siebowski und Denk, okay, der Mann, der ist erfahren, der weiß, der hat es schon hundertmal gemacht. Was haben die falsch gemacht? Das gibt einem ja ein sicheres Gefühl, wenn man weiß, okay, die haben den Fehler gemacht, den machst du nicht. Dann kommst du rüber und sagst, der weiß das nicht. Eigentlich haben die nicht viel falsch gemacht. Dann wurde ich richtig nervös.
[SPEAKER 2]
[00:27:28-00:27:29]
Da wurdest du dann wirklich nervös?
[SPEAKER 1]
[00:27:29-00:27:47]
Ja, da wurde ich richtig nervös, weil es ist natürlich schwierig zu verarbeiten, wenn sehr, sehr gute Leute, wo man jetzt nicht sagen würde, man kann es besser, Nicht viel falsch machen. Und es geht trotzdem schief. Da musst du jetzt erstmal was Positives rausziehen und sagen, ich kriege es aber besser hin.
[SPEAKER 2]
[00:27:47-00:27:53]
Aber man muss ja dann in dem Moment, wo das Signal ertönt, los. Musst du es ja abschütteln.
[SPEAKER 1]
[00:27:53-00:28:11]
Jaja, auf jeden Fall. Ich bin dann so lange geblieben, bis der Erste es gut geschafft hat. Und dann bin ich rausgegangen aus dem Zelt. Und habe mir dann in meinem Kopf gesagt, es ist menschlich möglich.
[SPEAKER 2]
[00:28:11-00:28:14]
Es ist menschlich möglich.
[SPEAKER 1]
[00:28:14-00:28:33]
Es geht doch wunderbar. Mach es einfach genau so und dann ist kein Problem mehr. Da stand ich wirklich zum ersten Mal, dass ich irgendwie draußen stand und ein bisschen am Zittern war. Aber das geht dann auch wieder alles weg. Und wie gesagt, über die Erfahrung wird das natürlich immer weniger.
[SPEAKER 2]
[00:28:35-00:28:48]
Jetzt merken wir auch hier im Gespräch, wir sprechen sehr viel über das Geländereiten, was ja eines von drei Teildisziplinen am Ende der Sportart Vielseitigkeit ist. Welchen Stellenwert für dich ganz persönlich haben Dressur und Springen im Vergleich jetzt auch zum Geländereiten?
[SPEAKER 1]
[00:28:48-00:30:07]
Am Ende ist natürlich der meiste Spaß Geländereiten und es ist und bleibt quasi das Herzstück des Ganzen. Die meiste Arbeit fließt tatsächlich in die Dressurarbeit und in die Springarbeit, was mir auch sehr viel Spaß macht. Ich glaube, sonst würde es auch nicht gehen, weil einfach tägliche Arbeit ist genau das. Und auch da tatsächlich ist man da relativ... Oder war ich früher mal relativ aufgeregt, weil man natürlich irgendwie, du hast diese eine Chance. Und wenn du einen Fehler hast, weil du einmal einen Fehler gemacht hast, also eine Stange fällt, weil du einen Fehler gemacht hast, dann ist quasi schon vorbei mit den ganz vorderen Platzierungen. Es ist ja einfach sehr, sehr nah zusammengerückt alles. Und es hat einen großen Stellenwert, macht mir auch sehr viel Spaß. Aber auch da muss ich sagen, bin ich, glaube ich, entspannter geworden, einfach dadurch, dass ich Situationen oft erlebt habe, viele in positiven Sinne Drucksituationen hatte, weil man irgendwie als Letztes ins Springen geht oder Null reiten muss, damit man eine Goldmedaille gewinnt und so weiter und so fort. Das prägt einen schon.
[SPEAKER 2]
[00:30:07-00:30:19]
Und die Dressur ist ja am Ende schon... finde ich, wenn ich jetzt so ein vielseitiges Turnier verfolge oder auch jetzt die große Championate, denke ich immer, ohne eine gute Dressur ist die Messe ja auch gelesen.
[SPEAKER 1]
[00:30:19-00:30:34]
Absolut, absolut. Das Niveau ist so krass gestiegen, dass das Blöde am Dressurreiten ist. Das merke ich auch immer wieder. Du kannst ja eigentlich fast nie zufrieden sein. Nein. Es geht immer noch nur besser.
[SPEAKER 2]
[00:30:34-00:30:35]
Es geht nur um Fehlerminimierung.
[SPEAKER 1]
[00:30:35-00:31:04]
Ja, genau. Es geht immer noch nur ein bisschen. Das hätte noch ein bisschen schöner sein können. Und da wäre noch dies drin und da das. Also ich bin sehr perfektionistisch und ich habe da auch was über für. Aber ich habe auch gemerkt... Eigentlich nach jeder Dressur, man ist nicht genervt oder so, aber du denkst nicht, das war aber toll und das war toll, sondern du denkst erstmal so, das hätte noch ein bisschen besser sein können und das hätte noch ein bisschen besser sein können. Ja, das ist so ein bisschen Dressurreiten.
[SPEAKER 2]
[00:31:04-00:31:25]
Ja, weil Dressurreiten ist ja am Ende ein Fehlersport. Also wer kann die Anzahl der Fehler minimieren oder fast auf Null führen? Weil du musst ja eigentlich von 100 runterrechnen. Im Prozent, das ist bei euch nochmal ein bisschen ein anderer Modus vom Rechnen her. Aber du bist bei 100% und von da rechnest du ja runter, wie tief fällst du eigentlich? Und was ist der höchste Punkt, den du erreichen kannst?
[SPEAKER 1]
[00:31:25-00:31:28]
Hat er schon so einen negativen Touch?
[SPEAKER 2]
[00:31:28-00:31:29]
Ja, ein bisschen schon, ein bisschen schon, aber...
[SPEAKER 1]
[00:31:30-00:31:55]
Nein, aber das ist einfach so. Im Parcours oder im Gelände, da machst du auch mal kleine Fehler, aber wenn du es im Großen und Ganzen richtig machst und eine Nullrunde drehst und schnell bist, dann kann man damit, weißt du, dann hat man da so einen Haken dran gedanklich und Tresurreiterei ist, aber das ist dann natürlich, das macht auch dieses Perfektionistische aus und macht dann auch einfach Spaß, weil da geht es immer weiter und da kannst du immer noch ein bisschen besser.
[SPEAKER 2]
[00:31:56-00:32:00]
Am Ende die unforced errors, würde man im Tennis sagen, die muss man runterholen.
[SPEAKER 1]
[00:32:00-00:32:00]
Genau.
[SPEAKER 2]
[00:32:02-00:32:10]
Wo ist dein persönliches Ziel? Hast du sportliche Ziele? Wie definierst du für dich Erfolg?
[SPEAKER 1]
[00:32:10-00:32:44]
Ich habe sportliche Ziele. Natürlich Medaillengewinn für Deutschland ist, glaube ich, on top. Ich konnte mir jetzt wirklich Kindheitsträume erfüllen mit Benni. Ich durfte... vor drei Jahren, glaube ich, zum ersten Mal in Aachen an den Start gehen. Dieses Jahr wirklich den Badminton an den Start zu gehen. Wir haben letztens, ich weiß nicht wer, meine Schwester oder meine Mutter hat irgendein Interview rausgesucht, was ich mal in der lokalen Zeitung bei mir gegeben habe, als ich so 15, 16 war.
[SPEAKER 2]
[00:32:44-00:32:45]
Das Darmstädter Echo.
[SPEAKER 1]
[00:32:45-00:34:16]
Ja, das Darmstädter Echo, genau. Oder der Griesheimer Anzeige, eins von beiden war es. Und da waren tatsächlich meine Kindheitsträume, waren Aachen, Badminton und einen eigenen LKW haben. Und alle drei Sachen habe ich gemacht. Also es ist wirklich, und man hat ja immer das Gefühl, es geht noch besser und es geht noch weiter. Aber mit diesem Artikel... von meinem 16-jährigen Ich, habe ich dann so gemerkt, wir haben echt was hingekriegt. Das war auch irgendwie schön zu sehen. Erfolg definieren an sich, gute Frage. Also klar, der sportliche Erfolg ist sehr wichtig für mich. Geht aber nicht über jeden Preis. Mir macht es auch einfach Spaß, wenn es schön aussieht, wenn es harmonisch ist, wenn du das Gefühl hast, das ist schon eine richtige Symbiose. Da gibt es, glaube ich, richtig viele sehr, sehr gute Beispiele im deutschen Reitsport, egal ob es Springsport ist, Vielseitigkeit, Dressur, wo du sagst, es ist nicht nur erfolgreich, sondern es ist auch einfach richtig schön. Und da mag ich zuschauen. Das gefällt mir. Deswegen, das ist, glaube ich, Erfolg ja, aber ja, das gehört für mich dazu.
[SPEAKER 2]
[00:34:16-00:34:24]
Wie siehst du Entwicklungen im Sport, wie jetzt zum Beispiel, dass nur drei Reiter bei Olympia reiten dürfen? Wie siehst du es als Athleten?
[SPEAKER 1]
[00:34:24-00:35:42]
Ja, als Athlet ist es natürlich ärgerlich, aber ich glaube, das ist auch wieder das, wenn ich sage, okay, ich probiere mich immer so ein bisschen rauszuziehen und das große Ganze zu sehen. Am Ende muss probiert werden, den Reitsport olympisch zu halten. Da gibt es für alle Sportarten zusammen irgendwie... Regeln oder Ideen, die dann für alle umgesetzt werden sollen. Und ja, im Reichssport war es jetzt, oder insgesamt war es dann jetzt halt auch einfach, dass der EUC gesagt hat, okay, wir wollen mehr Nationen haben und jede Sportart an sich muss darauf irgendwie reagieren. Und deswegen nur mit der Sportlerbrille aufgesetzt, natürlich Quatsch, weil die europäischen Nationen einfach die stärksten Nationen sind und die auch zu Olympia gehören. Wir sehen es jetzt bei der Fußball-WM. Es tendiert halt alles dazu hin, alles wird globaler und dann muss man sich da auch vielleicht anpassen, muss dann auch den Weg mitgehen. Rein sportlich gesehen ist es nicht sinnvoll.
[SPEAKER 2]
[00:35:42-00:36:01]
Aber glaubst du, dass es eine Taktik, das sogar Einfluss auf die Leistung haben könnte, weil gerade in dem Moment, wenn du nur drei Reiter hast und einer fliegt raus, bist du ja komplett als Mannschaft raus. Geht man weniger Risiko als Reiter? Also jetzt warst du nicht in der Situation, aber kannst du dir das vorstellen?
[SPEAKER 1]
[00:36:01-00:36:48]
Die Taktik hat sich komplett geändert. Das hat wirklich alles, oder nicht alles, aber ganz, ganz viel geändert. Früher gab es den klassischen Paarfeinder, wie man ihn nennt, also der erste Mannschaftsreiter, den gibt es immer noch bei EM und WM. Der ist nicht unbedingt der, der jetzt vielleicht die Einzelmedaille gewinnt, aber der bringt ein erstes sicheres Ergebnis. Der ist meistens ein sehr gutes Geländepaar, was ein erstes sicheres Ergebnis bringt und Aufschlüsse über den Geländekurs gibt. Und der fällt weg. Weil jetzt sozusagen so ein bisschen die Devise ist, zumindest in so großen Nationen wie Deutschland, England und Co. Drei Reiter, die eine Einzelmedaille gewinnen können.
[SPEAKER 2]
[00:36:48-00:36:50]
Das ist Attacke für alle.
[SPEAKER 1]
[00:36:50-00:36:57]
Attacke für alle. Wir haben es jetzt in Paris gesehen. Christoph Stolpert, der blöd steht nebendran.
[SPEAKER 2]
[00:36:57-00:37:01]
Christoph Wahler, der unglücklich gestürzt ist.
[SPEAKER 1]
[00:37:01-00:37:46]
Der dreht 15 Nullrunden vorher. Und hat dann da Pech. Und das passiert Michi Jung vor zwei Jahren bei der Europameisterschaft. Das ist allen schon mal passiert. Sprich, du kannst es einfach nicht mehr kalkulieren. Und deswegen ist die Devise Einzelmedaille. Go, jeder probiert es. Und wenn es dann natürlich passt, gewinnen wir auch eine Mannschaftsmedaille. Aber wenn einer unglücklich irgendwas ist, kann ja auch mal sein, dass irgendeiner verletzt sich oder irgendwas passiert, dann ist die Mannschaftsmedaille so weg.
[SPEAKER 2]
[00:37:47-00:38:14]
Es gibt ja auch immer wieder noch weitere Reformversuche, will ich gar nicht sagen, aber zumindestens, dass man den vielseitigen Sport nochmal anders anfasst, dass man nicht sagt, dass diese Dreiteiligkeit aus Dressur, Gelände und Springen, dass man das einfach auch eingänglicher macht, weil es ja auch gerade bei Olympia ein riesen logistischer Aufwand ist und so weiter. Wie stehst du so zu diesen Reformversuchen, die es immer mal wieder gibt? Ist ja jetzt gerade nicht akut, aber es kommt ja immer wieder aufs Tableau.
[SPEAKER 1]
[00:38:14-00:39:41]
Ja, es ist glaube ich genau das gleiche wie Olympische Spiele. Man ist ja immer in seinem Ist-Zustand, der ist ja sehr, sehr komfortabel. Damit kann man sich gut anpassen und da stellst du dich ein drauf und den findest du dann auch irgendwann gut, weil du hast dich irgendwie drauf eingestellt. Wir haben ja viele Reformen in den letzten Jahren schon gehabt, ob es dann vielleicht auch nur der Tresurkoeffizient ist, der vorher 1,5 war und jetzt ist er nur noch 1. Das hat den Sport komplett verändert. Weil jetzt auf einmal die Geländezeit vor allem und der Fehler im Parcours alles entscheidend ist. Das war früher nicht so. Und im ersten Moment sind alle dagegen. Aber dann macht es den Sport vielleicht doch spannender. Du musst dich neu drauf einstellen. Es ändert die Regeln des Sports. Aber wer sich nicht weiterentwickelt oder zumindest es nicht probiert, du kannst ja auch Sachen probieren und sagen, Leute, das ist nicht, das schrampft mir wieder ein. Haben wir auch schon bei ganz vielen Sachen gesehen. Oder das müssen wir nochmal anpassen. Aber wenn du, ich glaube, wenn du probierst durch, bei deinen alten Regeln zu bleiben, dann wirst du uninteressant und fliegst raus.
[SPEAKER 2]
[00:39:41-00:39:53]
Hier im Ujas Podcast haben wir vier Fragen, die jedem Gast blühen. Natürlich auch dir, Jérôme. Und Frage Nummer eins ist, hast du ein Motto, nach dem du lebst?
[SPEAKER 1]
[00:39:53-00:40:31]
Ich habe irgendwann mal im Podcast von meiner Schwester gesagt, es lohnt sich nicht, schlechte Laune zu haben. Das wird mir immer... vorgehalten, wenn ich schlechte Laune habe. Aber tatsächlich ist das wirklich so eine Sache. Ich probiere wirklich einfach sehr, sehr positiv durchs Leben zu gehen, aus vielen Sachen was Gutes zu ziehen, wo man es vielleicht auch erstmal nicht sieht. Also ich kann dir jetzt nicht einen Spruch sagen, aber das ist wirklich so. Oder vielleicht, wenn es der Spruch sein müsste, dann lohnt es sich nicht, schlechte Laune zu haben.
[SPEAKER 2]
[00:40:31-00:40:34]
Gibt es einen Menschen, der dich im Hinblick auf die Pferde besonders geprägt hat?
[SPEAKER 1]
[00:40:36-00:41:40]
Ja, am Ende natürlich meine Eltern. Die haben mich da hingebracht, die haben mich... nachhaltig geprägt. Meine Mutter und mein Vater, meine Mutter mehr im Dressurmäßigen, in der Ausbildung, mein Vater, der glaube ich diese Passion fährt, auch mit Züchten und einfach, er lebt einfach dafür. Das haben die mir mitgegeben und dann sicherlich eine Ingrid Klimke, wo man schon in jungen Jahren kannte, zu der ich immer immer sehr aufgeschaut habe, zu der ich sehr aufschaue, die, glaube ich, nicht nur Sport und Erfolg, sondern dieses ganze Drumherum ums Pferd auch vereint. Ich glaube, die hat mich sehr geprägt. Und dann lasse ich mich auch gerne von Richard Vogel und Co.
[SPEAKER 2]
[00:41:40-00:41:42]
inspirieren. Ja? Guckst du da hin, so Richard Vogel?
[SPEAKER 1]
[00:41:42-00:42:12]
Ja, absolut. Ich Ich fand seinen Aufstieg überragend. Weil normalerweise sagst du im Reitsport ja, dass das alles sehr langwierig ist und du musst dich da hocharbeiten und dann vergehen viele, viele Jahre und bis du dann da wirklich on top bist, bist du dann auch irgendwie mindestens mal 30. Und er hat die Regeln irgendwie anders gespielt und ging da durch die Decke.
[SPEAKER 2]
[00:42:12-00:42:17]
Er hat wirklich unglaublich hart gearbeitet. Ich glaube, ich kenne niemanden, der so hart arbeitet. Absolut.
[SPEAKER 1]
[00:42:17-00:42:35]
Aber Ich glaube, es gibt auch viele andere Leute, die hart arbeiten, aber die so Restriktionen im Kopf haben und gefühlt, er hat es ausgehebelt. Er hat es einfach gemacht. Und das finde ich supergeil.
[SPEAKER 2]
[00:42:36-00:42:46]
Ja, wirklich beeindruckend, das stimmt wirklich. Und wie er das Ganze aufgebaut hat und wie er einfach gefühlt auf jedem großen Turnier der Welt innerhalb von zwei Tagen ist.
[SPEAKER 1]
[00:42:47-00:43:11]
Ja, das ist jetzt aktuell. Aber ich fand wirklich diesen Weg, also nach den Bärbaum Stables, wo man ja im ersten Moment denkt, da sind doch schon so viele Leute hochgekommen. Warum geht er da jetzt weg? Und dann geht er da weg und es wird noch, noch viel besser. Das fand ich tatsächlich inspirierend. Das hat mich richtig abgeholt.
[SPEAKER 2]
[00:43:13-00:43:21]
Dann Frage 3, wenn du Reitern oder Pferdemenschen eine Sache im Umgang mit ihren Pferden auf den Weg geben könntest, was wäre es?
[SPEAKER 1]
[00:43:21-00:43:59]
Fühlt euch rein in euer Pferd. Es gibt ja, viele Wege führen da nach oben irgendwie. Es ist nicht so, dass es, natürlich gibt es die deutsche Reitlehre und an der kann man sich auch gut lange hangeln, aber man sieht es auch immer wieder, Am Ende ist es die Symbiose, ist es die Paarung, die es ausmacht. Und es ist nicht, du drückst den Knopf und dann geht es so oder du hast die Hand so und dann geht es so, sondern es ist das Gefühl für den Moment, es ist das Gefühl für das Pferd und das ist das Wichtigste beim Arbeiten. Und darauf muss man sich einlassen.
[SPEAKER 2]
[00:43:59-00:44:04]
Und dann zum Schluss, Frau Vollständige, diesen Satz, Pferde sind für mich mein ganzer Tag.
[SPEAKER 1]
[00:44:05-00:44:11]
Von morgens bis abends. Von morgens bis abends. Und es fühlt sich leicht an. Das ist das Beste daran.
[SPEAKER 2]
[00:44:11-00:44:14]
Schön. Lieber Jerome, hat sehr viel Spaß gemacht. Schön, dass du da warst.
[SPEAKER 1]
[00:44:14-00:44:15]
Danke dir.
[SPEAKER 2]
[00:44:15-00:44:16]
Und weiterhin Hals und Beinbruch.
[SPEAKER 1]
[00:44:16-00:44:17]
Merci. Ciao.
[SPEAKER 2]
[00:44:23-00:44:53]
Das war es vom Wios Podcast für das Jahr 2025. Ich darf Danke sagen. Danke an euch, dass ihr so treue Hörer wart. Danke an unsere Gäste. Danke auch an mein Team, das hier das Ganze großartig unterstützt. Insbesondere Gloria Alter, die diesen Podcast immer schneidet und produziert. Auch im nächsten Jahr gibt es fantastische Folgen von uns. Einige sind auch schon in Planung. In zwei Wochen dann die nächste Folge vom Wios Podcast. Euch allen Einen guten Rutsch, einen guten Start in 2026 und wir sehen uns auf der anderen Seite.

























