Der Reitsimulator – Vorteile, Nachteile & unsere Erfahrungen

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Ein Pferd, das dir immer die korrekte Antwort auf deine Hilfen gibt, alle Lektionen richtig ausführt und stets zuverlässig ist? Genau das sind die Eigenschaften eines Reitsimulators. Wir erklären dir in diesem Artikel, wie so ein Simulator funktioniert und welche Vor- & Nachteile er hat. Zum Abschluss findest du dann einen echten Testbericht von uns, denn unsere wehorse-Projektleiterin Sonya Hudson hat einen Reitsimulator für dich getestet. Viel Spaß beim Lesen!

Was ist ein Reitsimulator und wie funktioniert er?

Grundsätzlich gibt es verschiedene Typen von Reitsimulatoren. In diesem Artikel geht es um die, die ein vollständiges elektronisches Pferd darstellen. D.h. der Reitsimulator hat nicht nur einen Sattelbereich, sondern auch einen Kopf-Hals-Bereich und ausreichend Auflagefläche für deine Beine.

Die meisten dieser Reitsimulatoren sind mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Sensoren ausgestattet. Die Sensoren in der Sattellage messen deine genaue Gewichtsverteilung und die am Zügel deine Zügelverbindung. Außerdem gibt es Sensoren im Kopf-Bereich, die dir anzeigen können, ob das Pferd korrekt gestellt ist. Zu guter Letzt finden sich Sensoren natürlich auch in der Schenkellage, um deine Schenkelhilfen und deinen Schenkeldruck zu messen. 

Zusätzlich zu den ganzen Sensoren gibt es bei einigen Simulatoren noch vier Kameras. Über die Kameras kannst du dich von vorne, von hinten und von links und rechts bei deinem Ritt auf dem Simulator beobachten. Die Übertragung der Sensor- und Kameradaten erfolgt dabei in Echtzeit auf die Monitore, die vor dem Pferd positioniert sind. So bekommst du direktes Feedback zu deinem Ritt und deinen Hilfen. 

Welche Vorteile hat ein Reitsimulator?

Durch die unterschiedlichen Sensoren und Kameraperspektiven ermöglicht ein Reitsimulator eine sehr detaillierte und genaue Sitzanalyse und Sitzschulung. Du siehst also ganz genau, wo du noch Verbesserungspotenzial hast und kannst deine Sitzfehler durch die Live-Daten schon im Ansatz korrigieren. 

Die größten Vorteile sind dabei, dass du dich wirklich ganz auf dich und deinen Sitz konzentrieren kannst und der Pferderücken geschont wird. Der Reitsimulator ermöglicht es dir, Bewegungsabläufe so lange zu wiederholen, bis sie geschmeidig klappen, ohne dass er ungeduldig oder gelangweilt ist. Der Simulator reagiert immer gleich und hat keine Unarten, die du im Hinterkopf behalten solltest. Als Reiter gewinnst du ein besseres Körpergefühl und kannst deine Stabilität verbessern. Dadurch gewinnt auch dein Pferd, weil die Sitzschulungen nicht mehr auf seinem Rücken “ausgetragen” werden und es einen direkt besser ausbalancierten Reiter bekommt.

Ein weiterer Vorteil, der dir an vielen Stellen helfen kann, ist das mehrmalige Wiederholen verschiedener Lektionen oder Situationen. Bei den einzelnen Lektionen kannst du deine Hilfengebung ganz fein abstimmen, bis du vom Reitsimulator immer die korrekte Antwort bekommst. Das ist besonders hilfreich, wenn du und dein Pferd die Lektion vielleicht gerade neu lernen, dann erhältst du zusätzlich noch ein Gefühl dafür, wie sich die Lektion anfühlen sollte und kannst es als Trainingsziel mitnehmen. 

Außerdem kannst du dich mit dem Reitsimulator auf ganz spezifische Situationen vorbereiten. Zum Beispiel auf deine Dressurprüfung, indem du sie mit dem Simulator übst, kannst du dir die Lektionsabfolge einprägen, ohne Gefahr zu laufen, dass dein Pferd dir die Lektionen in der Prüfung vorwegnehmen wird. Eine weitere Situation wäre das Springen. Hier bietet der Simulator einen sicheren Rahmen, in dem du dich erst mit dem Sprungablauf vertraut machen kannst, sodass du dann für die ersten Sprünge mit deinem Pferd bestens vorbereitet bist.

Für wen ist das Training auf einem Reitsimulator geeignet?

Das Training auf dem Reitsimulator ist besonders für diejenigen, die gerne an ihrem Sitz und an ihrer Hilfengebung arbeiten möchten. Dabei sind deine Reitweise und die Disziplin, die du reitest, egal. Ein guter Grundsitz sollte immer die Basis sein und mittlerweile gibt es nicht nur Dressur-Simulatoren, sondern auch Reitsimulatoren für die Vielseitigkeit.

Auch dein aktueller Leistungsstand spielt keine Rolle. Der Reitsimulator analysiert deinen Ist-Zustand und zeigt dir deine individuellen Ansatzpunkte für Verbesserungen an. Damit ist er auch für Wiedereinsteiger und Anfänger geeignet.

Gerade Anfänger und auch Angstreiter können mit dem Training auf dem Reitsimulator erstmal Sicherheit gewinnen, sodass sie auf dem Pferd gelassener sind, weil sie die normalen Bewegungen einschätzen können und einen stabilen Grundsitz haben. Insbesondere für Angstreiter kann dies z.B. nach einem Unfall der erste Schritt zurück zum Pferd sein. Sie können sich hier mental schon mit der Situation auf dem Pferd auseinandersetzen, ohne Angst vor einem Kontrollverlust. 

Durch die kontrollierten Rahmenbedingungen, die der Reitsimulator bietet, können darüber hinaus auch Menschen mit Beeinträchtigungen ganz sorgenfrei das Gefühl erleben, auf einem Pferd zu reiten.

Welche Nachteile hat ein Reitsimulator?

Ein Reitsimulator kann das echte Pferd natürlich nicht ersetzen. Die Technik, die in ihm steckt, ist zwar fortschrittlich, aber eben nicht lebendig. Der Simulator denkt im Training nicht mit und kann andere Hilfen als Gewichts-, Schenkel- und Zügelhilfen nicht wahrnehmen. Deine Atmung, deine Energie und deine Stimme haben keine Auswirkungen, anders als beim echten Pferd. Ein wirklicher Dialog zwischen Reiter und Pferd, so wie du ihn vielleicht von deinem Pferd kennst, ist mit dem Reitsimulator nicht erreichbar. 

Neben der standardisierten Hilfengebung ist auch die Reaktion des Reitsimulators immer die gleiche. Sobald die Hilfen stimmen. antwortet das mechanische Pferd mit der Ausführung der korrekten Lektion. Das ist für dein Zielbild wertvoll, gibt dir aber keine Anhaltspunkte für die Ausbildung. Wie du dein Pferd mit seiner Schiefe zuhause im Training mit individuellen Hilfen unterstützen kannst, kann dir der Simulator nicht zeigen.

Hinweis: Besonders bei der Arbeit mit jungen Menschen sollte auf einen achtsamen Umgang mit dem Reitsimulator geachtet werden. Ansonsten vermittelt man ihnen schnell den falschen Eindruck, dass das Pferd ein Roboter ist und auch so funktionieren sollte.

Außerdem solltest du im Hinterkopf behalten, dass der Simulator dich nur eingeschränkt auf den Ernstfall vorbereiten kann. Du kannst die Stabilität deines Sitzes verbessern, aber ein Buckeln oder Steigen kann nicht simuliert werden. 

Am Ende ist der Reitsimulator, wie oben bereits erwähnt, vor allem für die Sitzanalyse und Sitzschulung geeignet. Damit du den Reitsimulator dafür effektiv nutzen kannst, musst du dir zu Beginn allerdings Zeit nehmen, um ihn kennenzulernen und brauchst eine fachkundige Erklärung. Der Ausbilder/Trainer ist hier essentiell für deinen Trainingserfolg. Er muss wissen, wie die Technik des Simulators funktioniert, und sollte die Daten der Sitzanalyse einordnen können. Nur dann kann er dir auch gezielt weiterhelfen.

Was kostet eine Unterrichtseinheit auf einem Reitsimulator?

Die Preise für eine Unterrichtseinheit auf einem Reitsimulator variieren stark. Du solltest für eine 30-Minuten Einheit mindestens 30€ einplanen. Abhängig vom Trainer und vom Standort kann diese aber auch bis zu 80€ kosten. Die Angebote für eine 60 Minuten-Einheit bewegen sich im Bereich 100-130€. 

Bitte beachte: Plane für das erste Mal auf dem Reitsimulator lieber ein bisschen mehr ein, denn alleine die Erklärung, wie der Simulator funktioniert und das Zurechtfinden braucht einen Moment Zeit. Außerdem ist eine ausführliche Sitzanalyse oft noch nicht mit im Preis der reinen Trainingseinheit mit drin. Rechne also mit gut 200€ für die erste Einheit, dann solltest du auf der sicheren Seite sein. 

Bildschirm mit Sitzanalyse von dem Reitsimulator
So sah die Aussicht unserer Testerin Sonya aus; ihren Testbericht findest du im folgenden Abschnitt.

Unser Testbericht vom Reitsimulator Black Beauty

Der Rappe erschrickt nie, ist nicht schief und geht immer über den Rücken. Allerdings hört er auch nicht auf die Reiterstimme. Gestatten: Das ist Black Beauty, der Reitsimulator für Dressurreiter. Zuhause ist er in Langenselbold bei Frankfurt. Wehorse-Projektleiterin Sonya Hudson machte sich auf, um das Gerät zu testen. Black Beauty steht in einer Praxis. Er ist gesattelt und wer auf ihn steigt, blickt über die Ohren des Reitsimulators auf einen Computerbildschirm. Sonya Hudson hat zwei Reitstunden mit Black Beauty gebucht: eine Sitzanalyse und eine Einheit mit einer Centered-Riding-Trainerin.

Computer mit Grand-Prix-Lektionen

Black Beautys Körper ist mit vielen Sensoren und einer intelligenten Software verknüpft. Das Modell des Reitsimulators ist von der Firma racewood aus England. Aktuell gibt es nur wenige Dressur-Reitsimulatoren im deutschsprachigen Raum: unter anderem einer in München, einer in Frankfurt, einer in Zürich. Programmiert sind alle Lektionen von Rückwärtsrichten bis zur Passage und Piaffe. Sonya Hudson soll in ihrer ersten Einheit alle Gangarten reiten, ohne auf etwas Bestimmtes zu achten. Schritt, Trab, Rechtsgalopp, Linksgalopp. Black Beautys Besitzerin, Anja Schade, wählt die Gangarten aus. Das kann der Reiter auch selbst über die normale Hilfengebung auf dem Reitsimulator machen, für die Sitzkontrolle wählt Anja Schade aber zunächst die externe Steuerung. Der Computer im Reitsimulator misst dabei den Zügeldruck, die Schenkellage, und analysiert, wo der Reiter wie viel Gewicht in den Sattel gibt. Genau stellt das Programm fest, wo die Sitzbeinhöcker zum Einsatz kommen, ob es Abweichungen ihrer Lage nach vorn oder hinten gibt. Lage und Druck der Schenkel messen drei Sensoren, der Zügelkontakt wird ebenso ausgewertet. Auf dem Monitor erscheinen die Ergebnisse des Reitsimulators als Balkendiagramm oder beim Zügeldruck in einem Farbschema von grün nach rot.

Der verzwickte Rechtsgalopp

Dass Sonya Hudson den Reitsimulator testen wollte, hat einen besonderen Grund: Sie reitet daheim ein junges vierjähriges Pferd, und im Reitkurs mit Elaine Butler, stellten Trainerin und Reitlehrerin fest: Der Linksgalopp funktioniert prima, der Rechtsgalopp ist tendenziell jedoch länger und flacher. Elaine Butler sah, dass dies an Sonyas Sitz lag, bzw. daran, dass die Reiterin auf der linken Hand mehr Kontrolle über die Bewegung ihrer Sitzbeinhöcker hatte als im Rechtsgalopp, und sagte: „Am liebsten würde ich dich jetzt eine Viertelstunde auf einen Reitsimulator setzen, damit wir das unter Kontrolle bekommen.“ In England, Elaine Butlers Heimatland, sind diese Simulatoren nämlich üblicher, an die 300 Stück verteilen sich auf das Land. Das war für Sonya Hudson der Anstoß, sich aufzumachen und den Simulator zu testen. Schließlich kann ihr junges Pferd ja nicht 15 Minuten am Stück dahergaloppieren, damit die Reiterin in aller Ruhe Übungen für den Sitz im Galopp machen kann. 

Sitzkontrolle mit dem Reitsimulator
Durch das intensive Training können dir auch kurze Trainingseinheiten auf dem Reitsimulator enorm weiterhelfen.

20 Minuten auf dem Reitsimulator helfen enorm

Der größte Vorteil des Reitsimulators liegt darin, für eine längere Phase etwas fortwährend auszuprobieren. Ein Beispiel: Ein Grand-Prix-Dressurreiter, der stets Probleme mit den Einerwechseln hatte, übte die Einerwechsel auf dem Reitsimulator. Hier zeigte sich, dass er zeitlich versetzt trieb. „Es hat zwanzig Minuten gedauert, bis er das Timing richtig drin hatte“, erzählt Sonya Hudson, der Effekt war aber anhaltend. Er konnte diese Bewegungserfahrung am echten Pferd weiter anwenden.

Bei Sonya Hudson bestätigte die Messung die Einschätzung von Elaine Butler. Während Sonyas Gesäßknochen im Linksgalopp nur minimale Abweichungen von ihrer idealen Gleichgewichtsposition zeigen und dem Pferd mehr Stabilität geben, zeigte die Analyse deutlich größere Abweichungen und Instabilität im Rechtsgalopp. „Ich wusste ja, dass meine Sitzbeinhöcker im Rechtsgalopp nicht machen, was sie sollen und dass mein rechtes Bein nicht ruhig genug liegt im Rechtsgalopp, aber ich wusste nicht, wie ich das ändern soll“, sagt Sonya Hudson. Um etwas daran zu ändern, nahm sie im Anschluss an den Ritt auf dem Reitsimulator eine weitere Reitstunde mit einer Centered Riding Ausbilderin. Diese Methode, entwickelt von der Amerikanerin Sally Swift, arbeitet mit Bildern, um dem Reiter mehr Körperbewusstsein zu vermitteln und so den Sitz zu verbessern.

Centered-Riding-Trainerin Ljudmila Schmid nutzte für Sonya Hudson zum Beispiel folgende mentale Aufgabe: „Stelle dir vor, dass dein rechter Beckenknochen von einem Angelhaken nach vorne-oben gezogen wird und zwar immer dann, wenn sich die rechte Schulter von deinem Pferd heben soll.“ Bei der Live-Analyse konnte man deutlich sehen, wie sich das Mitschwingen auf der rechten Hand verbesserte. „Besser angefühlt hat es sich natürlich auch“, berichtet Sonya Hudson. Nachteile des Reitsimulators? Es gibt keine Vorkommnisse außerhalb der Norm: Ein Herausheben oder Erschrecken kennt Black Beauty nicht. Programmiert ist er auf die Standard-Hilfengebung. „Ich pariere mein Pferd daheim durch Ausatmen durch – das kennt der Simulator natürlich nicht“, sagt Sonya Hudson.

Einerwechsel auf dem Reitsimulator: Häkchen dran

Der große Vorteil vom Reitsimulator im Vergleich zum echten Pferd: Der Ausbilder kann im Galopp einfach neben dem Schüler stehen und ihn so sehr eng begleiten. So kann das richtige Timing und der richtige Ablauf mehrfach geübt werden. Und zwar so lange, bis die Bewegung für den Reiter klar und wiederholbar ist. „Ich konnte vorher das neue Bewegungsmuster mal eine kurze Seite lang halten, dann war es wieder weg, weil ich mich beim lebendigen Pferd ja auch auf dieses konzentrieren muss. Dadurch verlieren sich neue Bewegungserfahrungen schneller.“ Nach dem Ritt auf dem Reitsimulator kann Sonya Hudson besser als zuvor daheim am richtigen Sitz im Galopp arbeiten: „Einfach, weil ich das neue Bewegungsmuster auf dem Reitsimulator besser festigen konnte.“ Der Grand-Prix-Reiter, der wegen der Einerwechsel zum Reitsimulator kam, soll nach seiner Lehrstunde übrigens auch keine Schwierigkeiten mehr mit dieser Lektion haben.

Du willst mehr zum Thema Reitsimulator erfahren? Dann hör gerne mal in unseren wehorse-Podcast rein, die passende Folge mit Moni Elbers findest du direkt hier.

wehorse Kurstipps zum Thema Reitersitz

Du möchtest an deinem Reitersitz arbeiten, hast aber keinen Reitsimulator in deiner Nähe? Dann schau dir doch mal unsere Online-Kurse zum Reitersitz an. Dort findest du einige Anregungen, wie du deinen Sitz auf verschiedene Weisen verbessern kannst.

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