Tensegrales Training für Pferde: Fördere Wohlbefinden und Leistung ganzheitlich

Ein Pferd wird longiert.
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Kennst du das? Du beobachtest Dein Pferd und spürst, dass etwas nicht stimmt. Die Bewegungen wirken nicht harmonisch, beim Reiten fehlt die Losgelassenheit, oder dein Vierbeiner scheint unter Verspannungen zu leiden. Vielleicht hast du bereits verschiedene Therapiemethoden ausprobiert, aber der nachhaltige Erfolg bleibt aus. An diesem Punkt könnte das tensegrale Training für dein Pferd die Lösung sein, nach der du suchst.

Was ist tensegrales Training für Pferde?

Tensegrales Training ist ein ganzheitlicher Ansatz, der auf dem Prinzip der Tensegrität basiert – ein Begriff, der sich aus „Tension“ (engl. für Spannung) und „Integrität“ zusammensetzt. In der Natur, und so auch im Körper deines Pferdes, existiert ein komplexes System aus Zug- und Druckkräften, das für Stabilität und gleichzeitig Flexibilität sorgt.

Bei diesem Trainingsansatz geht es darum, das natürliche Gleichgewicht dieser Kräfte im Pferdekörper wiederherzustellen und zu fördern. Anders als bei vielen konventionellen Trainingsmethoden, betrachtet das tensegrale Training den Körper nicht als starres Skelett mit angehängten Muskeln, sondern als ein dynamisches Netzwerk aus miteinander verbundenen Strukturen.

Stell Dir vor, wie eine Hängebrücke funktioniert: Die Spannung der Seile und der Druck der Stützpfeiler wirken zusammen, um eine stabile, aber dennoch flexible Struktur zu schaffen. Genauso verhält es sich mit dem Körper Deines Pferdes – ein wirkliches Wunderwerk der Natur! Die Beine sind mehr oder weniger die Stützen, die Wirbelsäule, Muskeln und Sehnen fungieren als Seile. 

Die wissenschaftliche Basis des tensegralen Trainings

Das Konzept der Tensegrität wurde ursprünglich vom Architekten Buckminster Fuller entwickelt und später vom Orthopäden Dr. Stephen Levin auf den menschlichen und tierischen Körper übertragen. Er prägte den Begriff „Biotensegrität„.

Neuere Forschungen in der Faszienforschung bestätigen diese Sichtweise: Der Körper ist ein kontinuierliches Netzwerk aus Bindegewebe (Faszien), das alle Strukturen – von den Knochen über die Muskeln bis hin zu den Organen – miteinander verbindet und umhüllt.

Expertin und Pferdetierärztin Veronika von Rohrscheidt erklärt: „Biotensegrales Training kann man sich ein bisschen wie Pilates für Pferde vorstellen. Es stärkt die tiefen Strukturen des Körpers, fördert die Beweglichkeit und hilft dabei, den Körper in Einklang zu bringen.“

Diese wissenschaftliche Basis macht das tensegrale Training zu einer besonders effektiven Methode, um Bewegungsmuster zu verbessern, Verspannungen zu lösen und die Gesundheit deines Pferdes langfristig zu fördern.

Warum dein Pferd von tensegralem Training profitieren kann

Du fragst dich vielleicht, ob tensegrales Training für dein Pferd geeignet ist. Die gute Nachricht: Dieser Ansatz kann für Pferde aller Rassen, Altersgruppen und Nutzungsarten wertvoll sein. Besonders in folgenden Situationen könnte dein Pferd davon profitieren:

  • Nach Verletzungen oder Operationen, um die natürliche Bewegungsfähigkeit wiederherzustellen
  • Bei chronischen Verspannungen oder wiederkehrenden Blockaden
  • Wenn dein Pferd Schwierigkeiten hat, sich korrekt zu tragen
  • Bei Rittigkeitsproblemen, die auf körperliche Unbalancen zurückzuführen sind
  • Als präventive Maßnahme, um die Gesundheit des Bewegungsapparats zu erhalten
  • Bei älteren Pferden, um die Beweglichkeit und Lebensqualität zu verbessern
Auf unserem YouTube-Kanal geht Dr. Veronika von Rohrscheidt auf die Ursachen einer myofaszialen Dysfunktion ein.

Die Grundprinzipien des tensegralen Trainings

Du möchtest mit tensegralem Training für dein Pferd beginnen? Dann ist es wichtig, die grundlegenden Prinzipien zu verstehen:

  1. Ganzheitliche Betrachtungsweise: Beim tensegralen Training wird der Körper als Einheit betrachtet. Eine Verspannung im Hals kann beispielsweise Auswirkungen auf die Hinterhand haben.
  2. Sanfte Impulse statt Zwang: Anders als bei manchen traditionellen Trainingsmethoden arbeitet das tensegrale Training mit leichten, gezielten Impulsen, die dem Pferd Raum für eigene Anpassungen geben.
  3. Eigenwahrnehmung fördern: Ein zentrales Ziel ist es, die Propriozeption – also die Körperwahrnehmung – deines Pferdes zu verbessern, damit es selbst ein gesünderes Bewegungsmuster entwickeln kann.
  4. Individuelle Anpassung: Jedes Pferd ist einzigartig, und so muss auch das tensegrale Training individuell angepasst werden.
  5. Geduld und Zeit: Nachhaltige Veränderungen brauchen Zeit. Das tensegrale Training ist kein schnelles „Reparaturprogramm“, sondern ein Weg zu langfristiger Verbesserung.

Praktische Übungen für den Einstieg ins tensegrale Training

Du möchtest selbst mit deinem Pferd erste Schritte im tensegralen Training unternehmen? Hier sind einige einfache Übungen, mit denen du beginnen kannst:

1. Die sanfte Mobilisation des Halses

Diese Übung hilft, Verspannungen im Halsbereich zu lösen und die Verbindung zwischen Kopf, Hals und Rücken zu verbessern:

  • Stelle dich seitlich neben den Kopf deines Pferdes.
  • Lege eine Hand sanft seitlich am Genick an.
  • Mit der anderen Hand berührst du leicht die Maulwinkel deines Pferdes.
  • Warte auf eine Reaktion – oft beginnt das Pferd zu kauen, zu gähnen oder den Kopf leicht zu senken.
  • Wiederhole die Übung auf der anderen Seite.

Wichtig ist, dass du keinen Druck ausübst, sondern nur einen sanften Impuls gibst. Lass deinem Pferd Zeit zu reagieren. Ganz ähnlich arbeitet auch Linda Tellington-Jones mit ihrer TTouch-Methode, die wir in unseren Kursen für dich detailliert erklären.

2. Die Faszienaktivierung über den Rücken

Diese Übung stimuliert das Fasziensystem entlang der Wirbelsäule:

  • Führe mit deinen Fingerspitzen leichte, wellenförmige Bewegungen entlang der Wirbelsäule aus, vom Widerrist bis zur Kruppe.
  • Achte auf die Reaktionen deines Pferdes – ein Zucken der Haut, Senken des Kopfes oder Dehnen des Rückens sind positive Zeichen.
  • Variere den Druck leicht, aber bleibe immer sanft.

Wusstest du, dass auch der renommierte Pferde-Therapeut Jim Masterson mit ähnlich sensiblen Berührungen am Pferdekörper arbeitet? Kurse zur Masterson-Methode findest du bei uns, um auch deinem Pferd die verdiente Entspannung zu gönnen. 

3. Die Diagonale Verbindung

Diese Übung verbessert die diagonale Koordination, die für alle Gangarten wichtig ist:

  • Berühre gleichzeitig einen Vorderhuf und den diagonalen Hinterhuf Deines Pferdes sehr leicht.
  • Warte auf eine Reaktion – oft wird das Pferd Gewicht auf diese Diagonale verlagern.
  • Wiederhole dies mit der anderen Diagonale.
Ein Pferd wird mit tensegralen Grundlagen longiert.
Das tensegrale Training lässt sich ausgezeichnet in den Alltag integrieren, unter anderem beim longieren.

Tensegrales Training in den Alltag integrieren

Um wirklich von den Vorteilen des tensegralen Trainings zu profitieren, ist Regelmäßigkeit wichtig. Hier einige Tipps, wie du es sinnvoll in deinen Alltag mit deinem Pferd integrieren kannst:

  • Kurz und regelmäßig: Besser täglich 10 Minuten als einmal pro Woche eine Stunde.
  • Vor dem Reiten: Integriere einige tensegrale Übungen in Deine Vorbereitungsroutine.
  • Achtsames Führen: Nutze Spaziergänge, um dein Pferd über unterschiedliche Untergründe zu führen und so die Propriozeption zu fördern.
  • Nach dem Training: Sanfte tensegrale Übungen können die Regeneration nach dem Training unterstützen.
  • Bei der Bodenarbeit: Verbinde klassische Bodenarbeitselemente mit tensegralen Prinzipien.

Fortgeschrittene tensegrale Trainingsmethoden

Wenn du und dein Pferd mit den Grundübungen vertraut seid, könnt Ihr zu fortgeschritteneren Methoden übergehen:

Dynamische Gleichgewichtsübungen

Diese Übungen fördern das Gleichgewicht und die Koordination:

  • Führe Dein Pferd über Stangen, die in unterschiedlichen Abständen auf dem Boden liegen.
  • Arbeite mit leichten Bodenunebenheiten oder kleinen Hügeln.
  • Nutze Labyrinthe aus Stangen für komplexere Koordinationsaufgaben.

Ideen für abwechslungsreiche Stangenarbeit kannst du dir in unseren Kursen mit unter anderem Ingrid Klimke abholen.

Integration in die Reitarbeit

Das tensegrale Training lässt sich hervorragend in die gerittene Arbeit integrieren:

  • Beginne mit leichten Dehnungsübungen im Schritt.
  • Achte auf fließende Übergänge zwischen den Gangarten.
  • Arbeite mit subtilen Gewichtsverlagerungen, um die Selbsthaltung zu fördern.
  • Nutze Seitengänge, um die diagonale Koordination zu verbessern.

Häufige Herausforderungen und wie Du sie meistern kannst

Auf deinem Weg mit dem tensegralen Training können einige Herausforderungen auftreten. Hier sind Lösungsansätze für häufige Probleme:

Mein Pferd reagiert kaum auf die tensegralen Impulse

Dies ist besonders bei Pferden mit langjährigen Verspannungen oder eingeschränkter Körperwahrnehmung häufig. Geduld ist hier der Schlüssel:

  • Reduziere die Intensität Deiner Berührungen noch weiter.
  • Versuche es zu verschiedenen Tageszeiten.
  • Achte auf winzige Reaktionen – selbst ein leichtes Blinzeln kann ein Zeichen sein.
  • Konsultiere einen erfahrenen Trainer für individuelle Anpassungen.

Ich bin unsicher, ob ich die Übungen richtig ausführe

Diese Unsicherheit ist normal und zeigt deine Sorgfalt:

  • Arbeite anfangs mit einem qualifizierten Trainer zusammen.
  • Nutze Videoaufnahmen, um deine Technik zu überprüfen.
  • Tausche dich mit anderen Pferdebesitzern aus, die tensegrales Training praktizieren.
  • Besuche Workshops oder Webinare zum Thema.

Mein Umfeld ist skeptisch gegenüber dieser Trainingsmethode

Neue Ansätze stoßen oft auf Skepsis:

  • Konzentriere dich auf die Ergebnisse und die Reaktionen deines Pferdes.
  • Teile Informationen über die wissenschaftliche Basis des Trainings.
  • Lade interessierte Personen ein, eine Trainingseinheit zu beobachten.
  • Respektiere unterschiedliche Meinungen und bleibe offen für Dialog.
Ein Pferd wird mit Akupressur behandelt.
Tensegrales Training lässt sich sehr gut mit weiteren Therapiemethoden kombinieren, wie hier der Akupressur.

Die Kombination mit anderen Therapie- und Trainingsmethoden

Das tensegrale Training lässt sich hervorragend mit anderen Methoden kombinieren. Hier einige sinnvolle Ergänzungen:

  • Osteopathie: Die manuelle Behandlung durch einen qualifizierten Pferdeostepathen kann Blockaden lösen und somit die Wirksamkeit des tensegralen Trainings verstärken.
  • Physiotherapie: Gezielte physiotherapeutische Übungen können bestimmte Muskelgruppen stärken. Die renommierte Pferdephysiotherapeutin Laura Nettelbeck erklärt dir in ihren Kursen ein paar Hacks für den Alltag, die du ganz einfach nachmachen kannst.
  • Akupunktur: Kann bei energetischen Blockaden helfen und die Selbstheilungskräfte aktivieren.
  • Klassisches Dressurtraining: Die Prinzipien der klassischen Dressur mit ihrem Fokus auf Balance und Selbsthaltung ergänzen das tensegrale Training ideal.

Erfolgsgeschichten: Wie tensegrales Training Pferdeleben verändert hat

Das tensegrale Training hat sich bei verschiedensten Problemen als hilfreich erwiesen und ist für Pferde jeden Alters geeignet. Die positiven Veränderungen können umfassen:

  • Verbesserte Bewegungsfreiheit und Losgelassenheit
  • Aktivere Hinterhand und bessere Selbsthaltung
  • Reduzierte Widersetzlichkeit beim Reiten
  • Wiederherstellung der Freude an der Arbeit
  • Lösung von langjährigen Verspannungs- und Rückenproblemen
  • Verbesserte Lebensqualität bei älteren Pferden

Diese und viele weitere positive Entwicklungen können durch regelmäßiges, konsequentes tensegrales Training erreicht werden.

Wie du einen qualifizierten Trainer für tensegrales Training findest

Möchtest Du professionelle Unterstützung für Dein tensegrales Training? Hier einige Tipps zur Trainersuche:

  • Qualifikation: Achte auf eine fundierte Ausbildung im Bereich des tensegralen Trainings, idealerweise mit anatomischen Grundkenntnissen.
  • Erfahrung: Erkundige dich, wie lange der Trainer bereits mit dieser Methode arbeitet und mit welchen Pferdetypen.
  • Referenzen: Frage nach Erfahrungsberichten anderer Kunden.
  • Philosophie: Der Trainingsansatz sollte respektvoll und pferdegerecht sein.
  • Probestunde: Ein guter Trainer bietet die Möglichkeit einer Probestunde an, um zu sehen, ob die Chemie stimmt.

Die Zukunft des tensegralen Trainings in der Pferdewelt

Das tensegrale Training gewinnt in der Pferdewelt zunehmend an Bedeutung. Aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich sind:

  • Integration in die Ausbildung: Erste Reitschulen und Ausbildungszentren integrieren tensegrale Prinzipien in ihre Lehrpläne.
  • Technologische Unterstützung: Es entstehen Apps und digitale Tools, die bei der Analyse der Bewegungsmuster und dem tensegralen Training helfen können.
  • Wachsende Community: Eine aktive Gemeinschaft von Trainern, Therapeuten und Pferdebesitzern tauscht Erfahrungen und Wissen aus.

Fazit: Dein Weg zum tensegralen Training

Das tensegrale Training bietet dir einen vielversprechenden Weg, die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit deines Pferdes ganzheitlich zu fördern. Es verbindet wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischer Anwendbarkeit und kann sowohl bei akuten Problemen als auch präventiv eingesetzt werden.

Wenn du diesen Weg einschlagen möchtest, beginne mit kleinen Schritten. Beobachte dein Pferd aufmerksam, sei geduldig und freue dich über jeden noch so kleinen Fortschritt. Das tensegrale Training ist mehr als eine Trainingsmethode – es ist eine Philosophie des respektvollen Umgangs mit dem Körper deines Pferdes.

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