Gangpferde dressurmäßig ausbilden: Gar nicht so anders, als man denkt?

Mehrere Islandpferde auf Island freilaufend
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Warum sich die Frage im Titel mit ja und nein beantworten lässt, erfährst du in diesem Artikel. Wenn man die Rasse „Isländer“ erwähnt, hat wohl jeder Reiter erst einmal ein Bild vor Augen: Manche denken an volle, buschige Mähne, einige an robuste, trittsichere Kleinpferde, andere vielleicht sogar an „kuschelige Ponys“. Für viele Reiter ist das Reiten von Gangpferden im Allgemeinen und das Reiten von Islandpferden im Speziellen eine ganz eigene Welt – völlig anders „als man das so kennt.“ Aber sind der Isländer und seine Ausbildung wirklich so komplett anders, wie häufig angenommen wird? Wage den Blick über den Tellerrand und lies weiter, wenn du mehr über Unterschiede und Gemeinsamkeiten erfahren möchtest.

Faszination Islandpferd

Stark, mutig, ausdauernd und selbstständig – für diese Eigenschaften ist das beliebte Freizeit- und Familienpferd bekannt. Diese und andere Stärken entwickelte das Islandpferd in Island, seiner Herkunft, wo die Rasse bis heute gezüchtet wird. Als Islandpferd anerkannt werden nur reingezogene Tiere, dessen Abstammung man bis nach Island zurückverfolgen kann. Viele Isländer werden von Island nach Deutschland exportiert, wusstest du aber, dass sie, haben sie die Insel einmal verlassen, nie wieder zurückkehren dürfen? Aus Angst vor Krankheiten ist die Einfuhr von Pferden nach Island streng verboten.

Bevor der Isländer als Reitpferd populär wurde, nutzte man ihn in Island vor allem als Arbeitstier, früher sogar als Nutztier zur Fleischgewinnung. Bis 1926 war das Islandpferd als Transportmittel auf Island unerlässlich, da es kein Straßennetz auf der Insel gab. Danach erlebte die Islandpferdezucht ein Tief, das erst durch die Umstellung auf das Zuchtziel „Reitpferd“ beendet werden konnte. Das führte zu einem regelrechten Boom in den 50er und 60er Jahren. Hauptabnehmer für Islandpferde war dabei Deutschland. Bis heute sind wir das größte Zucht- und Exportland nach Island selbst.

Ein Gangpferd: So sticht der Isländer heraus

Der erste Unterschied, an den wohl fast jeder im ersten Moment denkt: Der Isländer ist ein Gangpferd. Neben den drei Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp hat er die Voraussetzungen für eine oder zwei zusätzliche Gangarten: Tölt und Pass. Genauso wie sich die drei bekannten Gangarten vom Reitgefühl und der Schrittfolge her unterscheiden, fühlen sich auch Tölt und Pass nicht nur anders an, hinter ihnen steckt auch eine unterschiedliche Gangmechanik.

Der Tölt ist eine gelaufene Gangart und hat keine Schwebephase. Deshalb wird er als sehr bequem zu sitzen empfunden. Tölt kann man in sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten reiten, die sich vom Tempo her allerdings ungefähr zwischen Schritt und Galopp befinden. Die Fußfolge ist dieselbe wie im Schritt – auch der Tölt ist ein Viertakt in acht Phasen. Es wechseln sich während des Tölts allerdings – anders als beim Schritt – die Ein- und Zweibeinstütze ab.

Der Pass oder Passgang ist eine laterale Gangart im Zweitakt. Anders als im Trab wechseln sich nicht die diagonalen Beinpaare ab, sondern die gleichseitigen. Beim Isländer ist besonders der Rennpass bekannt, ein Pass in hohem Tempo mit Schwebephase. Die Bezeichnung eines „passartigen Schrittes“ im Dressurreiten kommt übrigens von genau dieser Gangart. Ein passartiger Schritt ist weder bei Gangpferden, noch bei Dressurpferden erwünscht und ist meistens ein Anzeichen von Reiterfehlern. Wird ein Pferd ausschließlich im Pass geritten, kann das zu Verspannungen und Steifheit führen, da sich das Pferd im Pass schlecht biegen kann. Die Entwicklung eines gewölbten, gekräftigten Rückens wird behindert.

Portrait eines Gangpferdes (Islandpferd)
Islandpferde gelten erst mit etwa 7 Jahren als ausgewachsene Pferde.

Einen Isländer ausbilden

„Gangpferde zu reiten ist eine Welt für sich, das ist doch eine ganz eigene Reitweise.“ Solche Aussagen hört man häufig, wenn man sich mit Dressur- oder Springreitern unterhält, die sich bisher gar nicht oder nur wenig mit dem Thema Gangpferde auseinander gesetzt haben. Haben sie nun Recht oder nicht? Wie so oft im Leben kann man diese Frage nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantworten.

Unterschiede zu anderen Rassen

Allein schon durch den anderen Charakter und die andere Beschaffenheit des Isländers. Zum Beispiel ist er ein regelrechter Spätzünder. Erst mit etwa 7 Jahren gelten Islandpferde als ausgewachsen und werden deshalb auch erst im Alter von vier oder fünf Jahren angeritten. Ihre Lebensdauer beträgt wiederum erstaunliche 30 Jahre und häufig auch mehr, reitfähig bleiben sie oft bis zum 25. Lebensjahr oder sogar länger.

Warum ihnen durch ihren Körperbau und ihre Veranlagungen manche Dressurlektionen schwerer fallen als anderen Pferden oder warum es länger dauern kann, sie korrekt dorthin zu führen, erklären dir drei unserer Ausbilder weiter unten im Text.

Abhängigkeit vom Ausbilder

Abgesehen von den Besonderheiten gibt es aber auch viele parallelen in der Pferdeausbildung bzw. hängt die Art der Ausbildung des Islandpferdes natürlich auch vom Trainer ab, genauso wie es auch in der Dressurreiterei unterschiedliche Arten und Philosophien der Ausbildung gibt. Die ab und zu geschürte Vorstellung, dass Islandpferdereiter ja nur auf ihr Pony springen und mit hoch gehaltenem Pferdekopf und Hirschhals durch den Wald reiten, ist jedenfalls überholt und vor allem nicht allgemeingültig.

Ein gemeinsames Ziel: Das gesunde und zufriedene Pferd

Vorausgesetzt wir möchten alle ein Pferd ausbilden, das losgelassen, entspannt, zufrieden und lange gesund ist und bleibt, schlagen wir auch ähnliche Ausbildungswege ein – egal ob mit einem Islandpferd oder mit einem Hannoveraner. Ein Islandpferd profitiert genauso von

„Braucht man das alles überhaupt, um ein bisschen Tölt zu reiten?“ Auch solche Fragen werden gestellt. Die klare Antwort: Unbedingt! Gerade für einen korrekten Tölt braucht der Isländer (oder auch jedes andere Gangpferd) eine Menge Voraussetzungen und ein logisch aufgebautes Training.

Auf die Plätze, tölten, los?

Forschern zufolge liegt die Veranlagung zum Tölt an einem mutierten Gen, das ein Pferd hat oder eben nicht hat. Anders als die Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp, muss ein Gangpferd – in unserem Fall ein Islandpferd – den richtigen Tölt erst erlernen. Manche Gangpferde bieten ihn von sich aus sehr schnell an, andere brauchen deutlich länger oder es fällt ihnen schwerer, korrekt zu tölten. Genauso wie manchen Dressurpferden der fliegende Galoppwechsel leicht fällt und andere sehr lange brauchen, um ihn zu lernen.

Es ist daher immer entscheidend, dass ein erfahrener Reiter ein Pferd antöltet, um Fehlhaltungen, schlechte Angewohnheiten oder Unsicherheiten von Beginn an zu vermeiden. Ein gut gerittener Tölt sollte laut Richtlinien jederzeit in sicherem Takt, locker und losgelassen, gut aufgerichtet, leicht im Genick, mit variablem Tempo (von sehr langsam bis sehr schnell), bei aktiver Hinterhand und raumgreifenden Bewegungen geritten sein.

Erstens: Kommen dir diese Punkte nicht aus der Dressur bekannt vor?

Zweitens: Diese Kriterien kann man mit einem nicht gymnastizierten Pferd gar nicht erreichen!

Gymnastizierung braucht jedes Pferd

Genauso wie ein falsches Dressurreiten einem Pferd langfristig schaden kann, kann ein falscher Tölt einem Islandpferd Probleme, Verspannungen oder sogar Verletzungen bringen. Eine regelmäßige Gymnastizierung zum Beispiel durch Biegeübungen, Seitengänge oder Übergänge braucht jedes Pferd, um auf lange Sicht gesund zu bleiben – egal ob es ein Dressur-, ein Spring-, ein Vielseitigkeits- oder ein Gangpferd ist.

Also ja – auch mit einem Islandpferd kann, und sollte man sogar, Dressur reiten! Nur durch ein reelles Über-den-Rücken-reiten, ein konsequentes Aufbauen der Hinterhandmuskulatur und das bewusste Fördern und Erhalten von Takt und Losgelassenheit kann ein guter und korrekter Tölt entstehen, der für Reiter und Pferd viele Jahre lang eine Freude ist.

Fazit: Eine besondere Rasse aber ein gemeinsames Ziel

Zusammengefasst haben wir drei wichtige Merksätze.

Erstens: Sei vorsichtig damit, alle Gangpferde und vor allem alle Gangpferdereiter über einen Kamm zu scheren. Wie bei allem, was Pferde und das Reiten betrifft, gibt es in der Ausbildungsweise unterschiedliche Auffassungen und Praktiken.

Zweitens: Egal, was für ein Pferd du reitest – wir sollten alle dasselbe Ziel haben: ein gesundes und zufriedenes Pferd in jeder Hinsicht. Und genau das sollten wir auch bei allem, was wir mit ihm tun, im Hinterkopf haben.

Drittens: Tölt ist nicht gleich Tölt. Er muss von einem Gangpferd richtig erlernt werden und erfordert eine reelle und regelmäßige Gymnastizierung. Ganz nach dem Motto: „Die Dressur ist für das Pferd da und nicht das Pferd für die Dressur“ ist die dressurmäßige Arbeit auch für Gangpferde im Allgemeinen und Islandpferde im Speziellen äußerst wertvoll.

Man kann also mit den richtigen Zielen auf beiden Seiten sagen, dass sich sowohl die klassischen Dressurreiter von den Gangpferdereitern, als auch umgekehrt, Dinge für ihre eigene Ausbildung abschauen können. Obwohl man völlig unterschiedliche Pferderassen reitet, ist der Weg zu einem gemeinsamen Ziel manchmal ähnlicher, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

Was ist an der Dressurausbildung von Gangpferden anders im Vergleich zu einem Pferd mit nur drei Gängen?

Das haben wir drei Dressurausbilderinnen gefragt. Bea Borelle ist als Stellvertreterin der Schule der Légéreté dabei, Kathrin Roida schildert ihre Erfahrungen als Vertreterin der klassischen Reitkunst und Dr. Britta Schöffmann ist als klassische Dressurausbilderin nach FN dabei. Sehr spannend, was diese drei über ihre Berittpferde und Schülerpferde zu erzählen haben!

Bea Borelle, Ausbilderin in der Schule der Légèreté über Gangpferde

„Ich habe in jedem meiner Kurse Islandpferde! Zwar hatte ich noch keinen Isländer dabei, der bis zur Piaffe gekommen ist, aber durchaus sehr gute. Der Unterschied in der dressurmäßigen Ausbildung zum Dreigänger liegt darin, dass es länger dauert, die Halsbiegung und somit die Dehnungsbereitschaft zu erarbeiten, ebenso die klare Trennung der Gänge.Früher habe ich Kursteilnehmer mit Isländer mit den Worten: „Guten Tag und herzlich willkommen, ich habe ein limitiertes Wissen mit Gangpferden, ich hoffe, das reicht“ begrüßt. Die Pferde haben sich im Kurs dennoch so verbessert, dass Leute gern wieder gekommen sind. Inzwischen habe ich langjährige, gute Schüler mit Islandpferden dabei. Weil der Ausbildungsweg beim Gangpferd langwieriger ist, wird es für die Dreigänger-Reiter jedoch manchmal zäh, ihren Kollegen mit Isländer im Kurs zuzuschauen. Das Erarbeiten von Halsbiegen und – dehnen dauert mit einem Dreigänger vielleicht einen Kurs lang, bei einem Isländer kann es auch schon mal drei Kurse lang dauern. Interessant wird es für die Großpferdereiter erst wieder, wenn sie sehen, dass der Isländer sauber im Galopp Travers geht. Dann schauen die wieder hin! Das größte Problem in der dressurmäßigen Ausbildung des Isländers ist: Verspannt er sich, wird er hirschhalsig und wirft die Gänge durcheinander. Da braucht man Geduld. Bei manchen Isländern ist es erst mal schwierig, überhaupt einen sauberen Trab zu entwickeln. Der Isländer einer Schweizer Schülerin von mir ging vor allem so genannten Schweinepass, er zeigte also weder Tölt noch guten Trab, sondern eine Mischform. Das haben wir in einem Kurs über die Biegsamkeit zur Dehnung hinbekommen. Ich habe generell gute Erfahrungen damit gemacht, Isländer über die Halsbiegung zu verbessern.“

Ausbilderin Bea Borelle
Der Schritt bei vielen Isländern ist hervorragend.

Bea Borelle über die Übung Aktion-Reaktion der Schule der Légèreté

„Besonders hilfreich ist dabei für die Islandpferde das Üben von Aktion-Reaktion. Das ist in der Schule der Légèreté das Abrufen der Dehnungsbereitschaft auf ein Signal im Maul hin. Gerade der Isländer, der macht es mir so klar wie wichtig dieses Element Aktion-Reaktion ist! Ich kann das Pferd damit an die Hand stellen, ohne es eng zu machen. Es verbessert sich sofort und ich bekomme es schlagartig aus der Verspannung und Hirschhalsigkeit heraus. Es entspannt sich psychisch wie körperlich. Auch vom Schulterherein profitieren Isländer sehr – das verhilft maßgeblich zur Tragefähigkeit. Übrigens ist der Schritt bei fast allen Isländern, die ich gesehen habe, hervorragend! Ich selbst werde nie ein Islandpferde-Besitzer werden. Dennoch sind das geniale Pferde vom Charakter her! Sie sind zauberhaft sensibel und fein und so tolle Pferde vom Charakter, deshalb habe ich sie unheimlich gern im Unterricht!“

Weshalb Bea Borelles Mann Philippe Karl keinen Draht zu Isländern findet

„Für meinen Mann Philippe Karl ist das jedoch gar nichts: Ich habe ihn mal auf einen Ausritt auf einem Islandpferdehof mitgenommen, aber das reizt ihn nicht, zu tölten. Ich fand’s hingegen total witzig! Im Grunde hat mein Mann zu wenig Gangpferdeerfahrung, um zu sehen, wie man die entspannt und sauber in getrennten Gängen arbeiten kann. Er geht davon aus, dass ein Dreigänger, der unsaubere Gänge zeigt, das aus einer Verspannung heraus tut, und sieht das daher auch beim Isländer so. Er hat noch nicht erfahren, dass man Tölt entspannt reiten kann. Absolut möglich ist das und notwendig! Das können durchaus ganz seriöse Gänge sein! Außerdem findet er, daß das Reiten eines Dreigängers schon schwierig genug ist, also ist es überflüssig, sich das Leben und Lernen mit einem Vier- oder Fünfgänger zu erschweren. Auch ist die Optik, großer Mensch auf kleinem Pferd für den Großpferde gewöhnten Menschen, für ihn wie für viele andere Großpferdereiter seltsam. Doch die können unheimlich Gewicht tragen, die Isländer! Genau dabei ist der Tölt auch enorm von Vorteil. Verstehen kann ich meine Schüler, die Isländer reiten: In der Ausbildung sind sie zwar schwieriger als Dreigänger und ja, alles dauert länger. Aber dafür knatterst du mit robusten, urwüchsigen, zauberhaften Wesen im Tölt oder Pass durchs Gelände. Was für eine geniale Mischung! Das ist ja auch ein Riesenspaß!“

Bea Borelle arbeitet sehr vielseitig – sie ist Lehrerin in der Schule der Légèreté aber auch Ausbilderin Level III nach Linda Tellington-Jones und longiert ihre Pferde nach einem besonderen, gymnastikzierenden System. Außerdem gibt es von ihr auf wehorse auch eine Zirkuslektionen-Serie.

Ausbilderin Kathrin Roida und Pferd
Islandpferde haben oft ganz klar getrennte Gänge.

Kathrin Roida, Ausbilderin in der klassischen Reitkunst über Gangpferde

„Hochinteressant finde ich an Gangpferden, wie du mit der Gewichtshilfe die Pferde in die entsprechende Grundgangart schubsen kannst. Letztens hatte ich nochmal einen Isländer als Berittpferd bei mir. Das Ziel war, dass er generell rittiger und ausbalancierter werden sollte. Mehr Leichtigkeit wünschte sich die Besitzerin, damit er sich vorn nicht mehr so aufs Gebiss schmeißt. Es ging also um Grundlagenarbeit. Toll an diesem Islandpferd war, dass er ganz klar getrennte Gänge hatte. Die Übergänge waren sehr gut. Nur wenn man ihn mehr auf die Hinterhand setzen wollte, entwich er in den Tölt und entzog sich so der Lastaufnahme. Entsprechend fein musste ich die Anfrage stellen. War ich eine Idee zu angespannt, war er sofort im Tölt. Das Tempo im Trab war generell höher, als ich mir das gewünscht hätte. Dadurch waren die Seitengänge weniger gut in Ruhe zu reiten. Im Schritt ließen sich die Seitengänge wunderbar reiten! Für den Trab musste ich mir etwas ausdenken: Zunächst den Trab sicher haben und dann ins Schultervor oder Konterschulterherein gehen. Mehr, steiler abstellen wäre schwierig geworden. Ich habe mich da mit wenig herangetastet, um die Reinheit der Grundgangarten nicht zu gefährden. Der enorme Schub der Isländer macht die Sache nicht einfacher, wenn du in Richtung Versammlung arbeiten möchtest. Ich möchte das Gefühl vom Rücken des Pferdes her haben, dass das Pferd mich weich sitzen lässt und dass es ihm angenehm ist, mich zu tragen. Auch deshalb ist eine korrekte Kopf-Halsposition ebenso wichtig, die dem Rücken das Schwingen ermöglicht.“

Dr. Britta Schöffmann, klassische Dressurausbilderin über Gangpferde

„Ich würde mich nicht als Gangpferdespezialist bezeichnen, aber ich habe ab und an Gangpferde im Unterricht. Ein halbes Jahr lang kam eine Islandpferdereiterin regelmäßig zu mir. Ihr Wunsch war es, dass ihr Isländer schöner über den Rücken geht. Das war ein recht gut gerittener Isländer, der hatte sogar eine ordentliche Galoppade und konnte zum Beispiel auch schon das Schulterherein im Trab zeigen. Es fiel ihm jedoch in allen Gangarten schwerer, als anderen Pferden, den Hals fallen zu lassen. Unser Ziel war also, gymnastische Übungsabfolgen zu nutzen, damit er höher in der Schulter kommt und gleichzeitig die Dehnungsbereitschaft gefördert wird. In der Art der Übungen sind die Unterschiede zum Dreigänger dann nicht so groß: Wir haben mit ihm viel Biegearbeit gemacht, viele Übergänge. Vorsichtig musste sie nur bei der Hilfengebung sein: War die Hilfe nicht ganz präzise, ist er in eine nicht gewünschte Gangart gewechselt. Als Gangpferdereiter muss man noch genauer reiten, noch genauer in der Einwirkung sein und ganz differenzierte Hilfen geben. Sage ich dem Reiter: „Treib ihn in die Hand“, dann kann das für das Gangpferd der Schalter in den Tölt sein. Schnell verschiebt sich der Takt, was wir in dem Moment natürlich nicht wollen. Da muss man sich dann etwas einfallen lassen und zum Beispiel in der Volte oder im Schulterherein das Treiben in die Hand hinein üben. Dann passiert ein Gangsalat weniger schnell. Dieser Isländer brauchte auch etwas Hilfestellung, um den Schritt im klaren Viertakt zu halten. Dafür nutzen wir das Viereck verkleinern und vergrößern sowie kleine Volten, beides Lektionen, die auch der Taktsicherung dienen. Wir haben es in diesem halben Jahr geschafft, ihn besser über den Rücken zu bekommen. Eine kleine E- oder kleine A-Dressur hätte sie durchaus reiten können. Durch die verbesserte Anlehnung und Rückentätigkeit, als er es schaffte, die Schulter anzuheben und den Hals fallen zu lassen, wurde auch sein Galopp schöner und runder. Die Reiterin ist dann Mutter geworden, daher haben wir aufgehört. Hätte der kleine Isi an diesem Punkt seiner Entwicklung weiterhin dressurmäßiges Training bekommen können, wäre sicher noch viel möglich gewesen!“

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