Das Pferd kräuselt das Maul beim Angurten. Es verschmälert die Nüstern, legt die Ohren nach hinten und signalisiert so deutlich sein Unwohlsein beim Angurten. All das sind Anzeichen von Gurtzwang. Nicht schön. Wer das Problem bei seinem Pferd hat, sucht nach einem Sattelgurt, der besonders angenehm ist.
Suche nach dem Sattelgurt: Hat das Pferd Gurtzwang?
Wir haben fünf Gurtmodelle in Lang- und Kurzgurtversion mehrere Monate lang getestet und an drei Pferden ausprobiert, die vor dem Test heftiges Unwohlsein (bis hin zum Schnappen), mittleres Unwohlsein (Gesichtsausdruck verändert sich deutlich, Ohren angelegt) und leichtes Unwohlsein (nur leichte Mimik-Veränderung) beim Gurten zeigten.
Sanftes Angurten
Es gibt einen wichtigen Schritt vor der Auswahl eines Sattelgurtes: Das eigene Angurten hinterfragen. Nicht denken „Ich gurte doch schon so langsam an“, sondern das Gurten bei empfindlichen Pferden in noch weitere kleine Schritte zerlegen. Also auf der Seite, die den Gurt hält, das erste Loch nutzen, dann auf der noch zu schließenden Seite ebenfalls ein Loch nutzen, das den Sattelgurt noch ganz locker hängen lässt. Dann Loch für Loch beidseitig nachgurten. Dabei darf viel Zeit vergehen! Dafür vielleicht die Putzroutine etwas umstellen: Erst satteln, dann Hufe auskratzen, Gamaschen anlegen, Schweif und Mähne ordnen, Kopf putzen, eben alles tun, was Zeit braucht und nicht direkt mit dem Putzen der Sattellage oder dem Satteln zusammen hängt. Damit man so sanft angurten kann, wie oben beschrieben, muss der Sattelgurt dafür lang genug sein – wenn ich schon kräftig ziehen muss, um ins erste Loch zu kommen, ist das garantiert unangenehm für’s Pferd.
Tipp: Schabracke & Gurtverlängerung
Bei Kandidaten, die sich so sehr aufblasen, dass ein Sattelgurt, der lang genug wäre fürs sanfte Angurten, dann im angegurteten Zustand zu lose ist, kann man probieren, eine Sattelgurtverlängerung für das Angurten zu nutzen. Bei uns hat auch geholfen, einfach mal Schabracken lose drauf zu legen beim Putzen – damit der konditionierte Zusammenhang ‚Satteln = gleich wird es unangenehm‘ durchbrochen wird.
Als Kriterien, wann Pferde einen Sattelgurt akzeptabel und angenehm finden, haben sich in unserem Testzeitraum herausgestellt:
Die Druckverteilung des Sattelgurtes
Wie der Sattelgurt geformt ist, entscheidet, auf welcher Fläche das Pferd den Zug des Sattelgurts verspürt. Das ist neben dem Material ein zentraler Punkt, indem sich die Testgurte unterscheiden. Mehrere arbeiten mit einer Brustplatte und versuchen außerdem, die Flexibilität zu erhöhen, um der Bewegung des Brustkorbs bei der Atmung gerecht zu werden. Bei manchen Sattelgurten wird kaum Druck seitlich verteilt. Wichtig ist außer der Form im Brustbereich, wie die Verarbeitung und Form rund um den Schnallenbereich bei Kurzgurten gestaltet ist. Manche Modelle sind hier unter den Schnallen vom Materialschnitt her stark verbreitert, was nur bei Pferden funktioniert, die an dieser kritischen Stelle ihres Körpers genug Platz haben. Das ist nicht immer gegeben. Inwiefern die Ellbogenfreiheit gegeben ist, liegt sehr daran, wie der Sattelgurt im oberen Bereich geschnitten ist.
Die Bedeutung der Schnallen für einen guten Sattelgurt
Die Sattelgurtschnallen sind wesentlich wichtiger, als man zuerst annimmt. Sie entscheiden nämlich, wie gleichmäßig du nachgurten kannst. Sobald es ruckelt, reagieren empfindliche Pferde. Im Test hatten wir aufwendig aussehende Schnallen mit soliden Rollen und Dornschnallen, die sich selbst schlossen ebenso wie sehr einfach aussehende Schnallen mit verlängertem Kopf. Soviel sei schon verraten: Das gleichmäßige Rollen kann man nur ausprobieren, man sieht es den Schnallen nicht an. Wir hätten uns vertan, rein vom Aussehen der Schnallen und hätte einen anderen Favoriten gehabt, als den, der sich in der Praxis als beste Wahl herausstellte.
Sattelgurtstrippen
Genauso wichtig ist die Geschmeidigkeit der Gurtstrippen. Je nachdem, wie dick, geschmeidig oder ungleichmäßig sie gearbeitet sind, ruckelt es beim Angurten oder eben nicht. Besonders deutlich wurde das bei einem der Testpferde. Es ist ein Schulpferd und hat einen Sattel aus Kunstleder. Die Gurtstrippen waren ebenso aus Kunststoff und rollten extrem ungleichmäßig ab. Es ist so kaum möglich, nachzugurten, ohne dabei zu ruckeln. Strippen lassen sich leicht vom Sattler austauschen, das lässt sich also ganz einfach verbessern.
Material des Sattelgurtes
Wie hautsympathisch der Sattelgurt ist, ist ebenfalls ein Kriterium. Aber auch Verrutschbarkeit (oder eben nicht), wie anschmiegsam oder fest das Material ist, spielte eine Rolle. Die Pferde haben sehr schnell gespiegelt, was sie als besonders angenehm empfanden.
Ellbogenfreiheit beim gesattelten Pferd
Besonders bei Kurzgurten ist die Ellbogenfreiheit zu beachten. Die Schnallen des Sattelgurtes liegen bei ihnen ja unterhalb des Sattelblattes. Daher muss besonders auf die Länge des Sattelgurtes geachtet werden: Er sollte im angegurteten Zustand bis ans Sattelblatt heranreichen, so dass die Schnallen möglichst oberhalb und damit fern vom Ellbogen sind. Das Material des Sattelgurtes spielt bei Kurz- und Langgurten eine wichtige Rolle: Es sollte nicht zu dick auftragen, damit eben der Ellbogenbereich genug Platz hat. Dabei ist auch immer zu beobachten, wie der Ellbogen in der Bewegung an den Sattelgurt kommt oder eben nicht. Das Standbild gibt nur eine erste Information. Wir haben im Test auch die Ellbogenfreiheit besonders aufmerksam beobachtet und die Sattelgurte so fotografiert, dass man diese erkennen kann (oder Schwachstellen sieht).
Das Ergebnis des Tests findest du in diesem Artikel auf dem Blog A Life with Horses !
Wenn dich das Thema Satteln interessiert, dann schau gerne mal in unseren Kurs Basiswissen: Richtig putzen, satteln, trensen. Außerdem kannst du mithilfe dieses Artikels einen Selbsttest machen, ob dein Sattel passt oder herausfinden, welches Sattelpad für dein Pferd geeignet ist.
Ein Gastbeitrag vom Blog www.alifewithhorses.de