So lernen Pferde Zügelhilfen – Dr. Britta Schöffmann erklärt’s!

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Wie das Pferd lernt, und warum deshalb reiterliche Hilfen in welcher Situation angewandt werden, erfährt der Durchschnittsreiter leider zumeist nur mit Glück. Der Zusammenhang zwischen Reitlehre und Verhaltenswissenschaft ist kein Hexenwerk – wenn es einmal korrekt und in vielen Beispielen erklärt wurde.

Zügelhilfen beibringen mit dem richtigen Grundverständnis

Wer ausbilden will, sollte wissen, wie Pferde lernen. Denn genau dadurch lassen sich unschöne Situationen und Gewalt vermeiden. Die meisten Reiter streben genau danach, ihr Pferd fair und freundschaftlich zu reiten. Doch viele scheitern an dem Versuch, eben weil es oftmals im gängigen Unterricht keine handfesten Erklärungen fürs Lernen gibt. Es sei denn, man hat so viel Glück, einen guten Ausbilder an der Hand zu haben, der auch jenseits von Hinweisen im Unterricht etwas in die Tiefe geht und erklärt, warum man was genau macht, vom Boden und auf dem Pferderücken. 

Wie Pferde Zügelhilfen erlernen

Das Verstehen der Zügelhilfen beim Pferd. Mal angenommen, das Pferd steht geschlossen, der Reiter hält den Zügelkontakt. Er gewährt also eine durchhaltende, abwartende Verbindung. Der Reiter zieht dabei nicht, er wirkt nicht rückwirkend ein! Sobald das Pferd abkaut, nachgibt, dann muss der Reiter ebenso eine Idee nachgeben, die Finger leicht öffnen, die Faust nicht mehr komplett geschlossen lassen. Denn dieses Nachgeben ist die Rückmeldung an das Pferd, dass es etwas richtig gemacht hat. „Ansätze in die richtige Richtung werden belohnt“, sagt Britta Schöffmann. Nur so kann das Pferd den Zusammenhang herstellen zwischen Hilfe und Reaktion des Reiters. „Fehlt das Nachgeben, dann bleibt die Rückmeldung ans Pferd aus, und dann kann das Pferd irgendwann keine Verbindung mehr herstellen zwischen der Aktion der Reiterhand und dem, was es selbst tut.“ Folge: Es reagiert nicht mehr auf die Zügelhilfen. 

Wichtig ist bei allen Hilfen, nicht nur den Zügelhilfen, dass die Reaktion des Reiters umgehend auf die Reaktion des Pferdes folgt. Also im Beispiel der Zügelhilfen, dass der Reiter sofort nachgibt, wenn das Pferd nachgibt. Schön auch die direkte Formulierung von Britta Schöffmann zu dem Thema Zügelhilfen: „Das ist eine sehr direkte Kommunikation auf ein sehr empfindliches Körperteil!“

Der Unterschied zwischen Gewöhnung und Konditionierung

Dieses Weglassen eines Reizes, eines Druckes, bezeichnet man fachlich als negative Verstärkung. „Das hört sich immer so schrecklich an“, sagt die Ausbilderin, „aber es ist eben nur weglassen!“ 

Lernen durch Gewöhnung ist am leichtesten zu erklären, denn einjeder wendet das ständig an: Britta Schöffmann nutzt das Beispiel des Vertrautmachens mit Sattel oder mit Trense. Der Mensch geht langsam vor, behutsam, und wiederholt diesen Vorgang häufiger. 

Pferd lernt Kompliment ohne Zügelhilfen
 Zu der Gewöhnung zählt man die Reizüberflutung und die Gegenkonditionierung.

Gewöhnung bedeutet immer, dem Fluchttier Pferd beizubringen, nicht mehr auf einen Reiz zu reagieren. Das Beispiel des Sattels oder der Trense wäre eines der systematischen Sensibilisierung, also in kleinen Schritten das Pferd mit einem Reiz vertraut machen, damit es „nicht mehr seiner Natur entsprechend weglaufen würde“.  Zum Bereich der Gewöhnung zählt man in der Verhaltenswissenschaft außerdem die Reizüberflutung und die Gegenkonditionierung. Die Gewöhnung mit Hilfe der Reizüberflutung bringt für viele Pferde Stress und sollte daher nicht unbedingt das Mittel der Wahl sein.

Gute Zügelhilfen hängen mit einer leichten Hand zusammen

Ein wichtiger Lehrsatz in Bezug auf Zügelhilfen ist auch in einer anderen Sequenz zu hören. Da geht es darum, immer wieder mit der Hand leicht zu werden, und zwar auch immer wieder beim Parieren, wenn der Reiter noch Sorge hat, das Pferd könne vielleicht nicht bei ihm bleiben, wenn er die Anlehnung aufgibt. Die Ausbilderin ermahnt den Reiter: „Du parierst, und wenn du 100 mal parierst, so lange du jedes Mal los lässt! In Gramm denken!“ Diese gesprochene Aufforderung im Unterricht meint: Es ist völlig okay, das Pferd immer wieder aufzufordern, eben, zu parieren – aber unabdingbar ist das Leichtwerden der Hand! „Er braucht die Rückmeldung“, sagt Britta Schöffmann, denn so fördert der Reiter „das Interesse, dich zu verstehen!“ Eben das ist auch negative Verstärkung – immer wieder den Reiz wegnehmen, leicht werden. Dabei ermahnt sie, in Gramm zu denken, wenn es um Zügelkontakt geht. So klein soll der Reiz sein, der weggenommen wird. „Hat ein Pferd die Zügelhilfen verstanden, gilt es, sie so weit wie möglich zu reduzieren!“, sagt Britta Schöffmann, denn: „Das Ziel sind feine, beinahe unsichtbare Hilfen.“ 

Das Lernverhalten des Pferdes spielt eine wichtige Rolle für die Zügelhilfen
Ein Gefühl dafür zu haben, wann es reicht, ist essenziell.

Lernen fördern bedeutet: Entscheiden, wann es genug ist

Ganz essentiell für das Lernen des Pferdes ist es, dass der Reiter ein Gefühl dafür entwickelt, wann es genug ist und wie viel er seinem Pferd zumuten kann. Brittas Botschaft: „Mit wenigem zufrieden geben, mit Ansätzen zufrieden sein!“

Häppchenweise und mit Verstand

Wie wichtig die Stimmhilfe in der Ausbildung ist, und wie sehr sie  Lernmethoden ergänzen und unterstützen kann – und zwar sowohl für die positive als auch für die negative Konditionierung, wird mit Tinker Harry wunderbar erklärt. Und zwar mit einer wunderbaren Bandbreite an Lektionen und Übungen. So viel sei verraten: Er zeigt freies Steigen am Boden genauso wie Traversalen. Und er liebt die Worte „Fein gemacht!“. Denn er hat gelernt, diese als Lob zu deuten.

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