PSSM beim Pferd – Symptome, Behandlung & Prognose

Zwei grasende Pferde
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PSSM gehört zu den häufigsten Muskelerkrankungen beim Pferd. Sie ist genetisch bedingt und daher nicht heilbar. Einzig durch Reduzierung der Krankheitssymptome kann die Lebensqualität eines erkrankten Pferdes verbessert werden. Erfahre in diesem Artikel alles wichtige über PSSM beim Pferd: Über die genauen Ursachen und Symptome bis hin zur Diagnose, Behandlung, Prognose und Prävention der Erkrankung.

Was ist PSSM beim Pferd?

Die Abkürzung PSSM steht für Polysaccharidspeicherkrankheit oder auch Polysaccharid Speicher Myopathie. Dabei handelt es sich um eine degenerative und genetisch bedingte Muskelerkrankung beim Pferd, die nicht heilbar ist. PSSM beim Pferd führt dazu, dass Zuckermoleküle (Polysaccharide) nicht richtig verstoffwechselt werden können. Sie werden in Form von Glykogen in den Muskelzellen eingelagert, können aber nicht abgebaut werden. Das führt wiederum zum Absterben der Muskelzellen.

Wie funktioniert der Muskelstoffwechsel bei einem gesunden Pferd?

Damit ein Muskel richtig arbeiten kann, benötigt er Energie. Diese gewinnt er aus Nährstoffen und Sauerstoff. Zu den wichtigsten Nährstoffen zählen die Kohlenhydrate. Diese werden wie folgt verstoffwechselt:

Im Dünndarm werden Kohlenhydrate zu Glukose aufgespalten. Wenn Glukose ins Blut gelangt, führt das zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels. Um diesen Blutzuckerspiegel zu regulieren, wird von der Bauchspeicheldrüse Insulin ausgeschüttet. Das Insulin sorgt dafür, dass die Muskelzelle Zucker aus dem Blut aufnimmt und die Glukose in Glykogen umwandelt. Das Glykogen wird dann im Muskel gespeichert. Arbeitet der Muskel, wird das gespeicherte Glykogen wieder in Zucker zerlegt und abgebaut. Während dieses Prozesses wird Energie freigesetzt, die der Muskel benötigt, um seiner Funktion nachzukommen.

Wie funktioniert der Muskelstoffwechsel bei einem PSSM Pferd?

Die Muskelzellen eines Pferdes mit PSSM reagieren deutlich sensibler auf das von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttete Insulin. Bereits geringe Mengen von Insulin führen dazu, dass viel Zucker aus dem Blut aufgenommen wird. Dadurch wird in den Muskelzellen bis zu viermal mehr Glykogen gespeichert als bei einem gesunden Pferd. 

Einen solch hohen Energievorrat kann ein Pferd jedoch gar nicht verbrauchen. Dazu kommt, dass die Kapazität eines Muskels, Glykogen zu speichern, nur begrenzt ist. Wenn diese Kapazität erreicht ist, wandeln die Zellen das überschüssige Glykogen in Stärke um. Aus dieser Stärke können die Muskelzellen allerdings keine Energie gewinnen. Das wiederum führt zu einem Energiemangel im Muskel, einer anschließenden Störung der Funktionsweise und im schlimmsten Fall zu einem Absterben der Muskelzellen. 

Beim Absterben der Muskelzellen entsteht für dein Pferd ein unangenehmer Schmerz und es kommt zu einer Freisetzung von Myoglobin, einem rotbraunen Muskelfarbstoff. Dieses Gift muss über die Nieren des Pferdes ausgeschieden werden, was diese langfristig belastet.

Was ist der Unterschied zwischen PSSM1 und PSSM2?

Bei PSSM wird zwischen zwei verschiedenen Typen unterschieden, nämlich PSSM1 und PSSM2.

PSSM1

PSSM1 ist auf eine Mutation des Glykogen Synthase 1-Gens (GYS1-Gen) zurückzuführen. Dieser Gendefekt kann von einem oder beiden Elternteilen vererbt werden. Trägt nur ein Elternteil den Glykogen Synthase 1 (GYS1) Gendefekt in sich, ist dein Pferd ein sogenannter “Einzelträger”. Die Wahrscheinlichkeit, an PSSM zu erkranken, ist demnach hoch, aber es besteht keine Garantie. Tragen hingegen beide Elternteile deines Pferdes den Gendefekt in sich, ist dein Pferd sogenannter “Doppelträger”. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit an PSSM zu erkranken höher.

PSSM2

Ähnlich wie bei PSSM Typ 1, wird bei PSSM Typ 2 ein Gendefekt vermutet, der zu einem Defekt in der Muskelstruktur führt. Die genaue Ursache ist jedoch noch nicht vollständig geklärt. Allerdings können bei PSSM2, im Gegensatz zu PSSM1, mehrere Gene betroffen sein. Deshalb werden unter dem Oberbegriff PSSM 2 viele verschiedene Subtypen zusammengefasst, darunter P2, P3, P4, P8, Px und K1.

Welche Pferde können an PSSM erkranken?

Von PSSM Typ 1 sind häufig stark bemuskelte Pferderassen wie Quarter Horses, Paint Horses, Kaltblüter, Appaloosas, Haflinger oder Freiberger betroffen. PSSM Typ 2 kann prinzipiell jede Pferderasse betreffen.

Was ist die Ursache von PSSM beim Pferd?

Ursache eines Ausbruchs von PSSM beim Pferd können große Mengen an leicht verdaulichen Kohlenhydraten darstellen. Leicht verdauliche Kohlenhydrate stecken vor allem in verschiedenen Arten von Getreide, Äpfel, Melasse und anderen zuckerhaltigen Futtermittel.

Wird bei deinem Pferd eine Genmutation festgestellt, die PSSM verursachen kann, bedeutet das nicht automatisch, dass dein Pferd auch wirklich an PSSM erkrankt. Denn mit einer angepassten Haltung und Fütterung kann dein Pferd frei von Symptomen bleiben.

Welche Symptome können auf PSSM beim Pferd hinweisen?

Diese Symptome können auf PSSM beim Pferd hinweisen:

  • Muskelzittern
  • Muskelverspannungen
  • Kreuzverschlagsähnliche Symptome
  • Starker Abbau der Muskulatur im Bereich der Hinterhand, Schulter und Rücken
  • Bildung kleiner Dellen durch lokalen Muskelschwund
  • Probleme beim Rückwärtsrichten
  • Schwierigkeiten bei der Versammlung
  • Taktunreinheiten
  • Lahmheit
  • Schmerzempfindlich bei Berührungen
  • Starkes Schwitzen, bereits bei leichter Arbeit
  • Bewegungsunlust
  • Kraftlosigkeit
  • Koordinationsprobleme
  • Steifheit
  • Wenig Raumgriff
  • Absetzen dunklen Urins durch die Freisetzung des rotbraunen Muskelfarbstoffes Myoglobin

Dunkler Urin als absoluter Notfall

Setzt dein Pferd dunkelroten bis kaffeebraunen Urin ab, kann das möglicherweise auf einen massiven Muskelschaden hindeuten. Außerdem können durch das Myoglobin die Nieren deines Pferdes schwer geschädigt werden. Denn diese versuchen den Giftstoff aus dem Organismus zu leiten. Rufe deshalb umgehend deinen Tierarzt an.

Ein Pferd wird vom Tierarzt untersucht
Um PSSM beim Pferd zu diagnostizieren wird oft eine Muskelbiopsie durchgeführt.

Wie kann PSSM beim Pferd diagnostiziert werden?

Stellst du bei deinem Pferd eines oder mehrere der oben genannten Symptome fest, ist es empfehlenswert, es von deinem Tierarzt auf PSSM testen zu lassen. Dieser hat verschiedene Möglichkeiten, PSSM beim Pferd zu diagnostizieren: 

  • Muskelbiopsie: Um PSSM beim Pferd zu diagnostizieren, ist die Durchführung einer Muskelbiopsie oft die erste Wahl, da diese sehr verlässliche Ergebnisse liefert. Dabei wird dem Pferd eine Gewebeprobe aus der Muskulatur entnommen und im Labor untersucht. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, die Probe während eines Schubs zu nehmen. Ansonsten kann der Befund trotz PSSM negativ ausfallen.
  • Blutbild: Zum anderen kann mithilfe eines Blutbildes eine Diagnose gestellt werden. Bei einem Blutbild werden zwei Muskelenzymwerte gemessen, mit denen Rückschlüsse auf eine mögliche PSSM Erkrankung möglich sind. Allerdings ist ein Blutbild häufig nur im Fall eines akuten Schubs aussagekräftig.
  • Gentest: Auch ein Gentest mithilfe einer Haarwurzelprobe kann Aufschluss über eine genetische Veranlagung von PSSM geben. Mit deren Hilfe kann bereits vor dem Ausbrechen der Krankheit festgestellt werden, ob ein Pferd von PSSM betroffen ist oder nicht. Für PSSM1 gilt der Gent-Test als sehr zuverlässig. Im Fall von PSSM2 gilt er jedoch nicht als valide.

PSSM Schub

Bei PSSM ist häufig von Schüben die Rede. Diese können unterschiedlich stark ausfallen:

  • Leichter Schub: Ein leichter PSSM Schub tritt oft kurz nach intensiver Arbeit auf. Das Pferd krümmt den Rücken, wirkt steif und möchte sich nicht mehr bewegen. Außerdem kann es leichte Koliksymptome zeigen.
  • Mittelschwerer Schub: Ein mittelschwerer PSSM Schub tritt bereits während der Arbeit auf. Das Pferd wirkt steif, möchte sich nicht mehr bewegen und bleibt stehen. Zudem beginnt es stark zu schwitzen und die Muskulatur der Hinterhand und des Rücken verhärtet sich. 
  • Schwerer Schub: Ein schwerer PSSM Schub tritt ebenfalls bereits während der Arbeit auf. Das Pferd beginnt sehr stark zu schwitzen. Die Muskulatur verhärtet sich und das Pferd hat extreme Schmerzen, wodurch es kaum noch in der Lage ist, sich zu bewegen. Oft beginnt die Muskulatur zu zittern. Außerdem kann die Körpertemperatur des Pferdes erhöht sein und der Kreislauf schwach. Der Harn des Pferdes kann eine dunkelrote bis kaffeebraune Färbung annehmen. Dies lässt, wie bereits erwähnt, auf eine Freisetzung von Myoglobin beim Absterben der Muskelzellen schließen.

Erste Hilfe bei PSSM

Das kannst du bei einem akuten PSSM Schub für dein Pferd tun:

  • Tierarzt verständigen: Zeigt dein Pferd eines oder mehrere der oben genannten Symptome, solltest du umgehend deinen Tierarzt konsultieren.
  • Langsames Führen: Bis dein Tierarzt da ist, kannst du versuchen, ob sich dein Pferd langsam führen lässt. Dadurch kann sich der Muskelkrampf lösen. Möchte sich dein Pferd nicht bewegen, dann zwinge es nicht dazu.
  • Eindecken: Du kannst dein Pferd eindecken oder es unter ein Solarium stellen. Denn Wärme hilft der Muskulatur dabei, sich zu entspannen. 
  • Wasser: Stelle deinem Pferd ausreichend Wasser zur Verfügung. Damit kannst du eine mögliche Dehydration bei starkem Schwitzen vermeiden.   

Wie kann PSSM beim Pferd behandelt werden?

Wie schön erwähnt, ist PSSM nicht heilbar. Allerdings können die mit der Krankheit verbundenen Symptome durch eine angepasste Haltung und Fütterung reduziert und die Lebensqualität des Pferdes verbessert werden. Wie genau die Fütterung und Haltung deines PSSM Pferdes aussehen sollte, solltest du deinen Tierarzt fragen.

Fütterung

Ein PSSM Pferd speichert vermehrt Zuckermoleküle in seinen Muskelzellen ein. Daher ist es empfehlenswert, die Fütterung zucker- und stärkearm zu gestalten.

Zwei Pferde fressen Heu
Die Fütterung eines PSSM Pferdes sollte auf zuckerarmem Heu basieren.

Heu 

Die Grundlage einer gesunden Pferdefütterung stellt Raufutter dar. Ausreichend qualitativ hochwertiges Raufutter kombiniert mit einem Mineralfutter versorgt die meisten Pferden mit allen nötigen Nährstoffen. Heulage und Silage sind für ein PSSM Pferd aufgrund des sauren pH-Werts allerdings nicht geeignet. Deshalb ist es empfehlenswert, nur Heu zu füttern.

Die Nährwerte im Heu können allerdings stark variieren, darunter auch der Zuckergehalt. Um eine zucker- und stärkearme Fütterung sicherzustellen, kann es sinnvoll sein, dein Heu einmal auf seine Bestandteile analysieren zu lassen. Eine Heuanalyse kann dir Einblick über die Nährwerte und den Zuckergehalt geben. Heu für dein PSSM Pferd sollte einen Zuckergehalt von 10% nicht überschreiten.

Kraftfutter

Wenn dein Pferd einen erhöhten Energiebedarf hat und du ihm zusätzlich Kraftfutter füttern möchtest, dann sind getreide- und melassefreies Kraftfutter gut geeignet. Bestimmtes Spezialfutter ist bei PSSM besonders geeignet. Du kannst aber auch auf verschiedene Pflanzenöle als Energieträger zurückgreifen, wie beispielsweise Leinöl.

Proteine

Sowohl für ein Pferd mit PSSM Typ 1 als auch für ein Pferd mit PSSM Typ 2 wird eine ausreichende Versorgung mit Proteinen und essentiellen Aminosäuren empfohlen. Aminosäuren wie Lysin, Methionin und Threonin übernehmen im Stoffwechsel wichtige Aufgaben. Sie können helfen, Muskulatur aufzubauen, verhindern, dass Muskulatur abgebaut und die Regeneration gefördert wird. 

Mineralstoffe und Vitamine

Beim PSSM Pferd sollte besonders auf eine bedarfsgerechte Versorgung mit Mineralien und Vitaminen geachtet werden.

  • Vitamin E: Vitamin E fördert die Regeneration der Zellen und ist demnach für das Muskelgewebe eines Pferdes unverzichtbar. Vitamin E kann zu einer Linderung der PSSM Symptome führen.
  • Selen: Genau wie Vitamin E, schützt Selen die Zellmembran und kann dazu beitragen, die feste Muskulatur eines PSSM Pferdes zu lockern.

Leckerlis

Ein PSSM Pferd verträgt leicht verfügbaren Zucker sehr schlecht. Deshalb ist es empfehlenswert, auf Belohnungen wie Äpfel und Karotten zu verzichten und auf getreide- und melassefreie Leckerlis zurückzugreifen.

Ein Pferd in einer Box
Reine Boxenhaltung ist besonders bei einem PSSM Pferd nicht zu empfehlen.

Haltung

Bei der Haltung eines PSSM Pferdes empfiehlt es sich auf diese Dinge zu achten:

  • Offenstall oder Aktivstall: Wie jedes andere Pferd benötigt ein PSSM Pferd ausreichend Bewegung. Deswegen empfiehlt es sich, ein Pferd mit dieser Erkrankung in einem Offenstall oder Aktivstall zu halten. Von einer reinen Boxenhaltung ist abzuraten. 
  • Routinen: Für ein Pferd, welches von PSSM betroffen ist, sind Routinen sehr hilfreich. Stress kann nämlich einen PSSM Schub begünstigen.
  • Decke: Außerdem kann es sinnvoll sein, ein PSSM Pferd bei kaltem Wetter einzudecken, um die Muskulatur warm zu halten. 

Training

Da der Körper eines PSSM Pferdes nach langen Ruhephasen ohne Bewegung zu viel Glykogen in den Muskelzellen einspeichert, sollte es ständig in Bewegung bleiben. Vermeide also unbedingt Steh-Tage.

Neben der Bewegung im Offenstall oder Aktivstall, ist es empfehlenswert, deinem Pferd täglich leichte Bewegung zu ermöglichen. Das kann vom Boden aus geschehen, aber auch aus dem Sattel heraus. Entdecke hier abwechslungsreiche Übungen für die Bodenarbeit mit deinem Pferd Schritt für Schritt erklärt.

Auch ist es ratsam, das Pferd im Training nicht zu überfordern. Mutest du deinem Pferd sowohl körperlich als auch mental zu viel zu, riskierst du damit, einen PSSM Schub auszulösen. 

Unentdeckt und unbehandelt kann PSSM die Lebensqualität deines Pferdes erheblich einschränken. Mit einer zucker- und stärkearmen Fütterung, einer angepassten Haltung und regelmäßiger, leichter Bewegung und Training kannst du aber dazu beitragen die Symptome bei deinem Pferd zu lindern und ihm ein möglichst schmerzfreies Leben zu ermöglichen.


Du möchtest mehr über PSSM beim Pferd wissen? In dieser spannenden Podcast-Folge erfährst du mehr darüber, wie PSSM erkannt werden kann. Außerdem erhältst du weitere Expertentipps zum alltäglichen Management eines PSSM Pferdes.

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